Fragen des richtigen Tempos sind oft Glaubensfragen in der Diskussion über die „wahre“ Interpretation eines Werks. „Mir hat man mal vorgeworfen, man höre bei mir einen Beethoven auf Anabolika“, erinnert sich Korstick an seinem Flügel in seinem Arbeitszimmer.
Für die Beantwortung der Frage, wie schnell oder langsam man Beethoven spielen sollte, empfiehlt Korstick den Blick auf Zeitgenossen, wie etwa den Beethoven-Schüler Carl Czerny oder den Komponisten Ignaz Moscheles, der Beethoven ebenfalls nahestand. Beide seien ziemlich genau „vom Meister“ instruiert worden, wie schnell das Tempo zu sein habe – oder auch: wie langsam.
Beethoven-ABC: G wie Geschwindigkeitsrausch
G wie Geschwindigkeitsrausch
„Er war ein absoluter Tempofanatiker“
„Beethoven war ein absoluter Tempofanatiker. Für den war Tempo das Wichtigste überhaupt“, so der Pianist: Zu Aufführungen seiner Sinfonien im Ausland habe sich Beethoven erkundigt, wie lange diese gedauert hätten, um sicher zu sein, dass sie im richtigen Tempo gespielt wurden.
Beethoven von A bis Z
Das gesamte bisherige Beethoven-ABC
Das zur Zeit Beethovens entwickelte Metronom ist für Korstick durchaus Richtmaß. Nicht weil es ihm um sklavische Regelbefolgung geht. Sondern, wie er sagt: Sei die Metronomzahl von Zeitgenossen überliefert, könne man sich auch ein Bild machen, was Beethoven gemeint habe, vor allem welchen Charakter er einem Stück habe geben wollen.
Allen Verschwörungstheoretikern, die meinten, bei Metronomüberlieferungen sei immer nur der zweite Schlag gemeint, empfiehlt er den Beginn der „Waldsteinsonate“. Befolge man diese Theorie, dann würde aus dem „Allegro con brio“, also dem schwungvoll feurigem Tempo „eine Schlaftablette“.