Menschen warten auf einen Coronavirus-Test in Wien
LEONHARD FOEGER
Massentests

Bisher wenige Fälle gemeldet

In Vorarlberg, Tirol und Wien haben am Freitag die flächendeckenden Coronavirus-Massentestungen begonnen. Der Andrang war in allen drei Bundesländern rege, allerdings wurden die Tests teilweise von IT-Problemen begleitet. Infektionen wurden bisher nur wenige registriert. Zufrieden mit der Abwicklung am ersten Tag zeigte sich die Politik.

Getestet wird noch das ganze Wochenende hindurch, in Wien auch länger. In der Bundeshauptstadt gibt es Tests an insgesamt drei Standorten: in der Stadthalle, der Marx Halle und der Messe. Der Andrang war bisher hoch, die entdeckten Fallzahlen hingegen gering. Bis zum Abend wurden 112 Infektionen mit dem Coronavirus diagnostiziert, teilte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) mit.

Laut vorläufigen Zählungen wurden rund 22.400 Antigen-Schnelltests an allen drei Standorten durchgeführt. Für morgen gebe es 19.300 Anmeldungen. Die Ergebnisse der PCR-Tests erhalten die Betroffenen erst zu einem späteren Zeitpunkt, also nicht sofort in der Teststraße, hieß es.

Daten auf Papier erfasst

In der Wiener Stadthalle kam es zu technischen Problemen mit der IT. „Leider ist gerade hier auch das elektronische System ausgefallen“, berichtete der Wiener Militärkommandant Kurt Wagner am Vormittag. „Was für uns heißt, dass wir auf das analoge System umgestiegen sind.“ Man nehme alle Daten auf Papier auf und würde diese anschließend elektronisch erfassen, das Papier werde anschließend vernichtet. „Der Ablauf ist für die zu testenden Personen ganz der gleiche.“ Man komme herein und habe in kürzester Zeit sein Ergebnis, bekräftigte Wagner – mehr dazu in wien.ORF.at.

Start der Massentests

Am Freitag war Startschuss für die Massentests – zunächst in Tirol, Vorarlberg und Wien. Die Beteiligung ist hoch, doch es gab auch technische Pannen.

Mehr als 76.000 bei Tests in Tirol

Auch in Tirol war der Zulauf besonders am Vormittag groß. Im Rahmen der Coronavirus-Massentestung wurden bis zum Abend rund 76.000 Personen getestet. 202 davon wurden zunächst positiv auf das Virus getestet, teilte die Stadt mit. Die Betroffenen wurden telefonisch über die weitere Vorgehensweise verständigt und müssen zusätzlich einen PCR-Test machen. Das entspricht rund 0,3 Prozent aller durchgeführten Tests, teilte das Land Freitagabend mit.

Massentest in Innsbruck
APA/EXPA/Johann Groder
Massentests in Innsbruck

In Tirol machte das „fehlerhafte IT-System des Bundes“ ebenfalls Probleme und werde auch am Wochenende nicht mehr zum Einsatz kommen, wurde bekanntgegeben. Die Abwicklung der Massentestung werde daher weiter über das eigene Landestool der Leitstelle Tirol durchgeführt. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) zeigten sich mit dem bisherigen Verlauf der Massentests jedenfalls zufrieden. Platter sprach von einem „reibungslosen Ablauf“ – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Großer Andrang in Vorarlberg

In Vorarlberg lagen am Abend bei 52.137 durchgeführten Tests 192 positive Testergebnisse vor. Damit schien sich der erste Trend zu einer sehr niedrigen Positivrate fortzusetzen. Die Betroffenen positiver Antigen-Tests werden zur Absicherung noch einen PCR-Test absolvieren. Getestet wird an 80 Teststationen in 43 Gemeinden. Am Freitagabend (18.00 Uhr) waren mit 88.604 Personen knapp 25,7 Prozent der Testberechtigten in Vorarlberg angemeldet.

Der zuständige Landesrat Christian Gantner und Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) zeigten sich mit dem Ablauf der Massentestungen zufrieden, dieser funktioniere reibungslos. Vorarlberg sei von den im übrigen Bundesgebiet auftretenden IT-Problem nicht betroffen, weil das Land eine eigene, separate Lösung gewählt habe. Praktisch in Echtzeit können auf einem Dashboard alle Kennzahlen abgelesen werden, von der Zahl der Anmeldungen über jene der Testungen bis hin zum Wert der positiven Fälle. „Im Schnitt dauert es 24 Minuten, bis die Getesteten ihr Ergebnis erhalten“, so Wallner – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Linz setzt auf eigenes System

In Oberösterreich wurde indes am Freitag bekannt, dass Linz angesichts der bisherigen IT-Probleme ebenfalls auf ein eigenes System setzen will, wie Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) mitteilte. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sprach angesichts der Pannen von „keiner überraschenden Entwicklung“: „Wie so oft wird vom Bund viel angekündigt, nichts funktioniert.“ Das Land Oberösterreich will nach dem Wochenende entscheiden, ob es seinen „Plan B“ aktiviert.

Menschen warten vor der Marx Halle in Wien
APA/Herbert Neubauer
Warteschlangen vor der Wiener Marx-Halle

Man wolle den „Stresstest“ am Wochenende mit der Lehrertestung abwarten, hieß es aus Stelzers Büro. Spätestens am Montag stehe fest, ob auch das Land sein eigenes Anmeldeprogramm hochfährt. „In Oberösterreich arbeiten die Behörden jedenfalls auf Hochtouren“, um einen geordneten Ablauf der Massentests sicherzustellen, hieß es weiter. Zuvor waren in Linz Pädagoginnen und Pädagogen bereits am Freitag mit reservierten Slots vor der Teststation im Linzer Design Center gestanden, obwohl deren Testung erst am Samstag beginnt – mehr dazu in ooe.ORF.at. Ähnliche Fälle gab es in Salzburg und Niederösterreich.

Stelzer intensivierte am Abend seine Kritik am Bund, speziell am Gesundheitsministerium: „Ein bisschen bin ich geneigt zu sagen, der Test kann trotz des Gesundheitsministeriums stattfinden“, so der ÖVP-Politiker in den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Es sei unglaublich, „welche Pannen passieren und was uns in den Weg gelegt wird bei unserem Bemühen, das alles bürgerfreundlich umzusetzen“. All das funktioniere nur dank der Bundesländer: „Das ist für Zentralisten ein guter Anlass, sich beschämt in ein dunkles Eck zurückzuziehen.“

Kurz zieht positive Zwischenbilanz

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. Dass es teils technische Probleme gab, habe ihn angesichts der Dimension des Projekts nicht überrascht, so Kurz in einer Sonder-ZIB. Es sei letztlich überall gelungen, die Tests so abzuwickeln, dass die Teilnehmer nicht beeinträchtigt gewesen seien. Seltenes Sonderlob des Kanzlers gab es für Wien, wo als Millionenstadt die Organisation schwieriger sei, es aber „großartig funktioniert“ habe.

Bundeskanzler Kurz im Interview

Gespräch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) anlässlich des Starts der Massentests.

Gewürdigt wurde freilich auch, dass es in Vorarlberg, das die Tests mehr oder weniger eigenständig organisiert, überhaupt keine Probleme gegeben habe. Versichert wurde von Kurz, dass es nicht der letzte Test gewesen sein wird. Der Kanzler deutete eine Wiederholung an, ohne sich auf ein Datum festlegen zu wollen. Auch spezifische Testungen für Gruppen wie Schulpersonal, die viele Kontakte haben, stellte der Kanzler in den Raum. Als „ordentliche Beteiligung“ bezifferte Kurz ein Drittel, besser wären aber mehr Teilnehmer. Verbesserungsbedarf sieht der Kanzler bei der Gruppe der Älteren.

Auch Anschober zufrieden

Eine positive Bilanz nach dem Start zog auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Eine hohe Beteiligung hätte den Beginn geprägt. Der Ressortchef ortete per Aussendung „viele positive Reaktionen betroffener BürgerInnen wegen ausgezeichneter Organisation und Umsetzung“ der Tests in Vorarlberg, Tirol und Wien. Zu den teilweisen IT-Problemen sagte er: „Ich erwarte mir vom verantwortlichen IT-Unternehmen eine rasche Lösung.“

Menschen warten im Freien auf Coronavirustest in Wien
Reuters/Leonhard Foeger
Kühle Temperaturen beim Massentest in Wien

Die IT-Probleme hätten den Ablauf „und damit die Zielerreichung des Starts der Massentestungen“ nicht beeinträchtigt, betonte Anschober. Zugleich appellierte er „an die betroffene Bevölkerung“, die Chance zur Testung weiterhin intensiv zu nützen: „Denn ein bestätigtes positives Ergebnis führt dazu, dass der Betroffene aus dem Zyklus des Infektionsgeschehens geholt werden kann und der Betroffene weiß, dass er positiv ist, obwohl er vorerst keine Symptome hat.“

Ein negatives Ergebnis sei erfreulich für den Einzelnen, „aber nur eine Bestandsaufnahme für den Augenblick“ und „kein Freibrief für die Zukunft“. Anschober erwarte sich durch die Testungen einen deutlichen Schritt zur weiteren Verringerung der Infektionszahlen.

Rendi für Massentests in Wohnzimmer

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will, dass sich die Österreicher künftig daheim auf das Coronavirus testen. In der ZIB2 plädierte sie Freitagabend für „wöchentliche Selbsttestungen im Wohnzimmer“. Entsprechende geeignete Tests seien zuletzt auf den Markt gekommen. Denn die aktuellen Tests seien sinnvoll, aber „eine systematische Wiederholung wäre das wichtigste“.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner im Interview

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner ist zum Thema Coronavirus-Massentests zu Gast im Studio der ZIB2.

Dass Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zuletzt gemeint hatte, bei den Massentests positiv Getestete könnten mit FFP2-Maske mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren, verteidigte die SPÖ-Vorsitzende als „pragmatischen Ansatz“. Die Frage sei, was die Alternative wäre: „Man kann nicht für jeden Positiven einen Rettungswagen schicken.“

Infos in 17 Sprachen

Die Informationen für die Massentests würden in 17 Sprachen übersetzt, teilten Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) und der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) am Freitag mit. Etwa würden mehrmals täglich Onlineberatungen in unterschiedlichen Sprachen abgehalten bzw. mehrsprachige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Fragen zu den Massentests unter der Hotline 01/715 10 51-263 beantworten. Zudem seien ab Donnerstag die wichtigsten Infos per SMS oder E-Mail an 50.000 Personen gesendet worden.

In Vorarlberg und Tirol dauern die Tests bis inklusive Sonntag, Wien testet bis zum 13. Dezember. Die anderen Bundesländer führen die Massentests dann am kommenden Wochenende durch, wobei das Burgenland am Donnerstag, dem 10. Dezember, startet.