Menschen am Riverwalk in Savannah, Georgia.
Reuters/Elijah Nouvelage
Samt Trump und Obama

US-Parteien ringen um Georgia

Die US-Präsidentschaftswahl ist zwar zugunsten des Demokraten Joe Biden geschlagen, im Bundesstaat Georgia bleibt es aber nach wie vor spannend. Denn dort finden in gut einem Monat Stichwahlen um zwei ausschlaggebende Sitze im US-Senat statt. Diese werden entscheiden, welche der beiden Parteien künftig den Senat in Washington kontrolliert. Entsprechend hitzig wird der Wahlkampf auch schon geführt – auch Ex-Präsident Barack Obama und sein scheidender Nachfolger Donald Trump schalten sich ein.

Bei der Wahl am 3. November hatten die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus – der anderen Parlamentskammer – verteidigen können. Bei den Stichwahlen in Georgia entscheidet sich, ob nicht nur das Weiße Haus und das Repräsentantenhaus, sondern auch der Senat von Demokraten dominiert werden. Für den Handlungsspielraum von Präsident Biden ist das maßgeblich, denn große Reformvorhaben müssen beide Kongresskammern passieren.

Am 5. Jänner treten die beiden republikanischen Amtsinhaber David Perdue und Kelly Loeffler gegen die Demokraten Jon Ossoff und Raphael Warnock an. Bisher haben die Republikaner des amtierenden Präsidenten Trump eine knappe Mehrheit von 52 der 100 Sitze im Senat. Sollte es den Demokraten gelingen, die beiden Sitze in Georgia zu gewinnen, gäbe es in dieser Parlamentskammer ein Patt. Dann hätte die gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris bei Stimmengleichheit das letzte Wort – und die Demokraten damit faktisch eine Mehrheit.

Die Republikaner müssen in Georgia hingegen nur eine der beiden Stichwahlen gewinnen, um auch künftig die Senatsmehrheit zu stellen. Sollten die Republikaner ihre Senatsmehrheit verteidigen, bliebe Mitch McConnell Mehrheitsführer. Der 78-Jährige ist bekannt für eine Blockadepolitik, mit der er schon Obama das Regieren schwermachte. Er verzögerte oder verhinderte Reformpläne der Demokraten und verhinderte die Besetzung von Richterstellen.

„Geht nicht nur um Georgia“

Wenig überraschend ist also, dass die Demokraten bei der Wählermobilisierung in die Vollen gehen. Unter anderen warb am Samstag der demokratische Ex-Präsident Obama eindringlich für seine Partei: „Sie müssen verstehen, dass es hier nicht nur um Georgia geht“, sagte Obama am Freitag in einer Onlineveranstaltung der Demokraten in dem Bundesstaat. „Hier geht es um Amerika, und hier geht es um die Welt.“

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama.
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Obama soll Wählerinnen und Wähler mobilisieren

Obama warnte, der Ausgang der Stichwahlen in Georgia werde auch großen Einfluss auf die Biden-Präsidentschaft haben. Sollten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat halten können, „dann können sie fast alles blockieren“. Der Senat muss wichtige Personalentscheidungen des Präsidenten bestätigen. Außerdem ist die Zustimmung beider Kammern – also des Repräsentantenhauses und des Senats – Voraussetzung für die Verabschiedung von Gesetzesentwürfen.

Gemischte Gefühle zu Trump-Besuch

Auch Trump will in dem Wahlkampf noch mitmischen. Bei der ersten Kundgebung nach seiner Wahlniederlage warb er in der Nacht auf Sonntag (MESZ) für die republikanischen Kandidaten. Seit der Wahl hat der erboste Trump, der seine Wahlniederlage nach wie vor nicht anerkennt, Georgias republikanischen Gouverneur Brian Kemp wiederholt attackiert.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump.
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Trumps erste Kundgebung seit der Wahl führt ihn nach Georgia

Einem Bericht der „Washington Post“ zufolge rief Trump Kemp Samstagfrüh – also unmittelbar vor seinem Besuch in dem Bundesstaat – an, um ihn dazu zu bewegen, das dortige Parlament dazu zu bringen, Bidens Sieg zu kippen. Vor einigen Tagen hatte ein Sprecher Kemps bereits mitgeteilt, dass das Gesetz es dem Gouverneur untersage, sich in die Wahl einzumischen.

„Wir werden trotzdem gewinnen“

„Sie haben betrogen und unsere Präsidentenwahl manipuliert, aber wir werden trotzdem gewinnen“, sagte der Republikaner bei seiner Rede in Valdosta mit Blick auf die Demokraten. Expertinnen und Experten geben Trump keine reellen Chancen mehr, seine Niederlage gegen Biden juristisch noch abzuwenden.

Vor Tausenden Anhängerinnen und Anhängern brachte Trump indirekt seine mögliche Kandidatur in vier Jahren ins Spiel, sollte er seine Niederlage gegen Biden juristisch nicht verhindern können. Er werde das Weiße Haus jetzt „zurückgewinnen“, sagte er. „Und dann im Jahr 2024 – und hoffentlich muss ich dann nicht kandidieren – werden wir das Weiße Haus wieder zurückgewinnen.“ Die Amtszeit des US-Präsidenten ist auf zwei Perioden mit je vier Jahren begrenzt, die nicht aufeinander folgen müssen.

Einige Klagen noch offen, keine realistischen Chancen

Trump kündigte in seiner mehr als eineinhalbstündigen Ansprache in Georgia an, weiter juristisch gegen die Ergebnisse der Wahl in umkämpften Bundesstaaten vorzugehen – bis zum Supreme Court in Washington, dem höchsten Gericht der USA. Er behauptete erneut, bei der Wahl am 3. November seien Hunderttausende illegale Stimmen abgegeben worden. Trump hat dafür nie Beweise vorgelegt.

Donald Trump verkündet Wahlsieg

Noch ist Donald Trump US-Präsident, er behauptet weiterhin, es habe Wahlbetrug stattgefunden, und sammelt Geld für den Gang vors Gericht. Dass er mit seinen Klagen durchkommt, ist höchst unwahrscheinlich, aber lukrativ, wie die „New York Times“ und „Washington Post“ berichten: Zwischen 150 und 170 Millionen Dollar dürfte er bereits gesammelt haben. Trump tritt weiter auf und verkündet dabei etwa in Georgia seinen Sieg.

US-Justizminister William Barr – ein Trump-Verbündeter – sagte kürzlich, es gebe keine Belege für massiven Wahlbetrug, der zu einem anderen Ergebnis führen würde. Anwälte Trumps haben in sechs Bundesstaaten – Georgia, Michigan, Pennsylvania, Nevada, Arizona und Wisconsin – insgesamt Dutzende Klagen angestrengt, bisher ohne jeden Erfolg. Diese sechs Bundesstaaten haben ihre Ergebnisse inzwischen zertifiziert – demnach hat Biden dort gewonnen, in manchen Fällen knapp. Einige Klagen des Trump-Lagers sind noch offen. Auch in Georgia bemüht sich Trump darum, den Sieg Bidens zu kippen. Am Samstagabend behauptete Trump erneut und ohne jede Grundlage, er habe in Georgia gewonnen.

„Wäre gnädiger Verlierer – wenn ich verlieren würde“

Trump behauptete erneut, er würde eine Wahlniederlage hinnehmen, wenn sie aus einer fairen Wahl resultieren würde. „Wenn ich verlieren würde, wäre ich ein sehr gnädiger Verlierer“, sagte er. „Wenn ich verlieren würde, würde ich sagen, ich habe verloren, und ich würde nach Florida gehen und es ruhig angehen lassen und ich würde herumgehen und sagen, dass ich einen guten Job gemacht habe. Aber man kann es niemals akzeptieren, wenn sie stehlen und manipulieren und rauben.“ Die zuständigen US-Behörden stuften die Wahl am 3. November als die sicherste in der amerikanischen Geschichte ein.

Trump setzte sich bei seinem Auftritt in Valdosta für den Erhalt der Mehrheit seiner Republikaner im Senat ein. Er rief eindringlich zur Wiederwahl der beiden republikanischen Senatoren Perdue und Loeffler aus Georgia am 5. Jänner auf. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten Biden ist für den 20. Jänner geplant.