Volksschülerin im Klassenzimmer während des Unterrichts
ORF.at/Carina Kainz
TIMSS-Studie

Gut im Rechnen, schlecht in Physik

Viele österreichische Viertklassler können im internationalen Vergleich gut rechnen. Anders sieht es beim naturwissenschaftlichen Grundverständnis aus. Auf diesem Gebiet sind sie nur Mittelmaß. Und der Abstand zur Weltspitze wächst.

Bei der 2019 in 58 Ländern durchgeführten Studie Trends in International Mathematics and Science (TIMSS) schnitten die österreichischen Volksschülerinnen und Volksschüler im Fach Mathematik gut ab. Insgesamt erreichten sie 539 Punkte (TIMSS-Schnitt: 501, EU-Schnitt: 527). Gegenüber der letzten Teilnahme 2011 (508 Punkte) eine deutliche Verbesserung und auch über dem Wert der ersten Studie 1995 (531).

Die vergleichsweise starke Mathematikleistung der Neun- bis Zehnjährigen ist nicht überraschend: Auch bei der PISA-Studie für die 15- bis 16-Jährigen (mit allerdings teils anderen Teilnehmerstaaten) ist Mathematik traditionell das beste Teilgebiet der österreichischen Schülerinnen und Schüler. In Biologie, Physik und Geografie kamen sie dagegen nur auf 522 Punkte (TIMSS-Schnitt: 491, EU-Schnitt: 522). Damit ging es im Vergleich zu 2011 (532) deutlich und gegenüber 1995 (538) noch klarer bergab.

Steigendes Niveau bei Mathematik

In der Mathematik verringerte sich der Anteil der leistungsschwächsten Schülerinnen und Schüler von fünf auf nur zwei Prozent, während er in den Naturwissenschaften von vier auf sechs Prozent anstieg. Umgekehrt liegt der Anteil an Spitzenschülerinnen und Spitzenschüler in Mathematik nun bei neun Prozent (2011: zwei Prozent) und in den Naturwissenschaften bei sieben Prozent (2011: acht Prozent).

Grafik zeigt Österreichs Ergebnisse in der TIMSS-Studie
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: TIMSS

In der Mathematik schnitten die Burschen etwas besser ab als die Mädchen, wobei die Geschlechterdifferenz (acht Punkte) im Vergleich zu anderen EU-Staaten eher gering ist. In den Naturwissenschaften gab es keinen signifikanten Geschlechterunterschied.

Asiatische Länder voran

Insbesondere in asiatischen Ländern gelingt die Vermittlung von mathematischen Kenntnissen, und dabei allen voran Singapur mit 625 Punkten, Hongkong (602) und Südkorea (600), in der EU waren Nordirland (566), England (556) und Irland (548) am besten. In den Naturwissenschaften standen erneut Singapur (595) und Südkorea (588) an der Spitze, in der EU rangierten Finnland (555), Lettland (542) und Litauen (538) vorne.

Grafik zeigt Österreich im Ländervergleich in der TIMSS-Studie
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: TIMSS

Die Teilnehmerstaaten waren dabei bunt gemischt und reichten von asiatischen Spitzenländern bzw. -regionen wie Singapur, Südkorea, Japan und Hongkong bis zu Staaten wie Marokko, Kuwait, Pakistan und Südafrika. Aus der EU waren fast alle Staaten vertreten. In Österreich nahmen rund 7.000 Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse Volksschule teil. Das sind etwa acht Prozent aller Schüler auf dieser Schulstufe. Der Test fand im Frühjahr 2019 an 255 Schulen statt.

Faßmann: „Eigentlich überraschend“

Erhoben wurden die Resultate im Frühjahr 2019, also in der „guten, alten Vor-Corona-Zeit“, so ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann bei der Präsentation der Österreich-Ergebnisse. Die deutlich besseren Mathematikresultate kamen für ihn „eigentlich überraschend“ – vor allem angesichts „demografisch schwieriger Jahre“: Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund hat seit der letzten Studienteilnahme 2011 deutlich zugenommen und liegt mit 28 Prozent mittlerweile an der EU-Spitze. Als Grund für die Verbesserung sah er die Einführung der Bildungsstandards, die zu einer klareren Orientierung des Mathematikunterrichts geführt hätten.

Viertklassler stark in Mathematik

In der Mathematik schneiden die TIMSS-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus Österreich gut ab, in den Naturwissenschaften liegen sie im Mittelfeld.

Die Verschlechterung in den Naturwissenschaften, die in Österreich in der Volksschule im Sachunterricht vermittelt werden, dürfte laut Faßmann am Unterricht liegen. Bei TIMSS werden die drei Bereiche Biologie, Physik und Erdkunde (Geografie) abgefragt. Bei einer zusätzlich zum Test durchgeführten Erhebung unter Lehrerinnen und Lehrern zeigte sich, dass mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler von Pädagogen unterrichtet werden, die angaben, Physik und Erdkunde entweder noch gar nicht unterrichtet oder gerade erst eingeführt zu haben. In diesen beiden Bereichen gab es auch die stärksten Rückfälle.

Unterschiede nach familiärem Hintergrund

Migranten erzielten in Österreich in der Mathematik 34 Punkte weniger als einheimische Schüler, in den Naturwissenschaften waren es 66 Punkte. Berücksichtigt man den sozioökonomischen Hintergrund (vergleicht man also Migranten und Einheimische mit dem gleichen sozialen Hintergrund), verringern sich die Differenzen in der Mathematik auf 16 Punkte und in den Naturwissenschaften auf 44 Punkte. Zum Vergleich: Ein Schuljahr entspricht in der Mathematik rund 40 Punkten, in den Naturwissenschaften 25 bis 30.

Noch deutlicher sind die Leistungsunterschiede nach Bildungshintergrund der Eltern: Schülerinnen und Schüler, deren Eltern maximal Pflichtschulabschluss aufweisen, erzielen in Mathematik 78 Punkte und in Naturwissenschaft 110 Punkte weniger als Schüler mit Akademikereltern.

97 Prozent haben Zugang zu digitalem Endgerät

Weiteres interessantes Ergebnis aus der parallel durchgeführten Befragung von Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Schülerinnen und Schülern: 97 Prozent der Kinder hatten Zugang zu einem digitalen Endgerät, 71 Prozent besaßen ein Smartphone. Die Kinder können mit dem Computer auch gut umgehen: Jene Teilnehmer, die den Test digital absolvierten, erzielten die gleichen Ergebnisse wie jene, die mit Papier und Bleistift arbeiteten.