Innenminister Karl Nehammer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober, im Rahmen eines Pressefoyers nach dem Ministerrat im Bundeskanzleramt in Wien.
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Feiertage

Anschober will harten Lockdown vermeiden

Deutschland steht vor der Einführung von schärferen CoV-Maßnahmen zu den Feiertagen. Ein „härterer Lockdown“ zu Weihnachten und Anfang Jänner, wie er im Nachbarland angedacht ist, solle in Österreich vermieden werden, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch nach dem Ministerrat. Helfen sollen dabei unter anderem die Massentests, für die die Regierung neuerlich eindringlich warb.

Man müsse tagesaktuell und punktgenau kontrollieren, wie sich die CoV-Situation in Österreich entwickle, sagte der Gesundheitsminister bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Die derzeit durchgeführten freiwilligen Massentests seien dazu das richtige Instrument.

Ebenfalls Auskunft über die Entwicklung der Lage liefern laut Anschober die parallel zu den Massentests laufenden Screenings bestimmter Zielgruppen sowie die Informationen aus dem Sentinelsystem. Im Rahmen dieses Programms sammeln österreichweit rund 250 Ärztinnen und Ärzte Proben von Menschen mit Atemwegserkrankungen, die dann unter anderem auf das Coronavirus untersucht werden.

Pressefoyer nach dem Ministerrat

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) informierten über die aktuelle CoV-Lage und appellierten an die Bevölkerung, an den Massentests teilzunehmen.

Die kommenden vier Wochen mit Weihnachtseinkäufen und den Feiertagen seien „die wichtigste Phase überhaupt“ und „sehr riskant“, warnte der Gesundheitsminister. Für die Feiertage überlege man eine „Reihe von Kontrollmöglichkeiten“, sagte Anschober. Die entsprechende Verordnung zu Weihnachten soll spätestens Mitte nächster Woche vorliegen.

Kurz fühlt sich von deutschen Wissenschaftlern bestätigt

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) fühlt sich indes bezüglich des harten Lockdowns in Österreich von der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina bestätigt. Diese hatte jüngst in einer Stellungnahme einen harten Lockdown in Deutschland einschließlich Schulschließungen gefordert. „Uns bestätigt dieses Papier“, sagte Kurz am Mittwoch vor dem Hauptausschuss des Nationalrats.

Die Regierung sei für die in den vergangenen Wochen durchgeführten Lockdown-Maßnahmen, besonders die Schulschließungen, von den Oppositionsbänken „viel gescholten“ worden, sagte Kurz. Doch: „Was wir gemacht haben, war aus Sicht dieser Wissenschaftlergruppe richtig.“ In einer Aussendung bezeichnete Kurz das Papier der deutschen Experten zudem als „für Österreich hilfreich“.

ORF-Reporterin Dannhauser zu möglichen CoV-Maßnahmen

ORF-Reporterin Claudia Dannhauser über den Stand der Dinge, was mögliche Verschärfungen zu den Feiertagen betrifft.

Die Fachleute der Leopoldina, darunter der prominente Virologe Christian Drosten, hatten in einem Positionspapier von Mittwoch strenge Lockdown-Maßnahmen von 14. Dezember bis 10. Jänner, insbesondere umfangreiche Geschäftsschließungen und eine Verlängerung der Schulferien, verlangt. Zudem machte sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel für einen harten Lockdown in Deutschland stark und lobte die Forderungen der Leopoldina.

Auch Nehammer sah sich durch die Lage in Deutschland bestätigt, wo härtere Maßnahmen bis zu Schulschließungen erwogen würden, obwohl dort die Zahlen viel niedriger seien. An die Opposition richtete er daher den Wunsch nach Versachlichung und einem Schulterschluss.

„Dynamik nach unten“

Was die CoV-Situation anbelangt, habe man im Moment eine „Dynamik nach unten“, sagte Anschober nach dem Ministerrat. Man müsse nun jeden Tag prüfen, dass die Situation „nicht kippt“. Der harte Lockdown habe gut gewirkt, resümierte der Minister, es hätten sich deutliche Verbesserungen gezeigt. Die Maßnahmen wirken laut Anschober noch die nächsten zehn Tage nach. Kommende Woche werde man unter die Marke von 2.000 Neuinfektionen pro Tag kommen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA
In der kommenden Woche dürfte die Zahl der täglichen Neuinfektionen unter 2.000 fallen, sagte Anschober

Am Mittwoch meldeten die Ministerien 2.932 Neuinfektionen, dem standen 3.501 Genesene gegenüber. Das Reproduktionszahl liege bei 0,84, „Traumziel“ wäre unter 0,8, so Anschober. Die 7-Tage-Inzidenz sei von 522 vor Start des harten Lockdowns auf 237 gesunken: „Die Richtung stimmt, aber wir sind weitaus nicht dort, wo wir hinmüssen.“ Die Infektionszahlen seien aber weiterhin „extrem zu hoch“. Auch die Zahl der Todesopfer – aktuell 4.056 – sei so hoch, „dass man es einfach nicht akzeptieren kann“.

Bisher 2.000 Infizierte bei Massentests aufgespürt

Bei den derzeit in Österreich stattfindenden Massentests seien bei 566.000 Teilnehmenden bisher rund 2.000 Infizierte festgestellt worden, die davon bisher nichts geahnt hätten, sagte Anschober. Gemeinsam mit Nehammer rief er die Bevölkerung eindringlich zur Teilnahme auf.

Innenminister Karl Nehammer
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„Wer testet, sorgt für Sicherheit“: Nehammer appellierte an die Bevölkerung, an den Massentests teilzunehmen

Sich testen zu lassen sei besser, als einen weiteren Lockdown, den Verlust von Arbeitsplätzen oder Kurzarbeit zu riskieren. „Wer testet, sorgt für Sicherheit“, so der Innenminister. Es sei das ein Beitrag, um wieder zur Normalität zurückkehren zu können. „Jeder Einzelne, der hingeht, ist ein Beitrag“, sagte Anschober, der auf die „perfekte Organisation“ der Massentests hinwies. Die zweite Massentestwelle strebt Anschober nach den Weihnachtsfeiertagen an, konkret nannte er den 8. Jänner. Für die Terminverankerung wolle man im Laufe der Woche mit den Bundesländern sorgen.