Polen verkündet Einigung in Budgetstreit

Im EU-Budgetstreit haben Polen und Ungarn nach Darstellung von Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Gowin eine Verständigung mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gefunden.

„Es gibt eine Absprache im Dreieck Warschau-Berlin-Budapest“, sagte Gowin heute in Warschau. Er glaube, dass auch die übrigen 24 Hauptstädte innerhalb der EU diese Vereinbarung mittragen könnten. Details dazu, wie die Lösung aussehen könnte, nannte Gowin nicht.

Er sei optimistisch, dass es Regierungschef Mateusz Morawiecki während des EU-Gipfels morgen und am Freitag gelingen werde, ein „gutes Abkommen“ in der Frage des EU-Budgets zu verhandeln. Aus EU-Kreisen heißt es unterdessen, dass man noch eine „endgültige Bestätigung“ abwarte, berichteten mehrere Journalisten in Brüssel.

Keine Bestätigung aus Deutschland

Deutschland und Ungarn wollten die Äußerungen aus Polen zunächst nicht bestätigen. Die stellvertretende deutsche Regierungssprecherin Martina Fietz verwies lediglich auf eine Äußerung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Bundestag in Berlin.

Dort hatte Merkel zu den Einigungschancen mit Polen und Ungarn gesagt: „Auch da kann ich ihnen leider noch nicht sagen, ob das gelingen wird oder nicht.“ Fietz betonte, dass eine Lösung von allen 27 EU-Staaten getragen werden müsse. Auch in Budapest gab es keine Bestätigung des Kompromisses.

Nach Angaben aus EU-Kreisen hat die deutsche Ratspräsidentschaft für 16.30 Uhr zu einer Sondersitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten in Brüssel einladen. Bei ihr soll nach Angaben von Diplomaten das Konzept für eine mögliche Einigung vorgestellt werden.

Blockade des Budgets

Polen und Ungarn blockieren aus Protest gegen ein neues Verfahren zur Ahndung von Rechtsstaatsverstößen Entscheidungen für die milliardenschweren Coronavirus-Konjunkturhilfen und den nächsten langfristigen Haushalt der EU. Das könnte dazu führen, dass der EU im neuen Jahr zunächst nur eine Art Notbudget zur Verfügung steht. Zahlreiche Programme aus Bereichen wie Forschung, Gesundheit, Bildung und Jugend könnten dann nicht starten.

Bereits gestern Abend hatte Ungarns Regierungschef Viktor Orban nach Gesprächen mit Morawiecki in Warschau gesagt, man sei nur noch „einen Zentimeter“ von einer Lösung entfernt.

Hahn zuversichtlich

Der EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn ist optimistisch, dass es zu einem Kompromiss mit Polen und Ungarn im EU-Budgetstreit kommen wird. „Ich glaube an Rationalität und habe daher meine Hoffnung auf ein Einlenken beider Länder nicht aufgegeben“, sagte Hahn dem „Handelsblatt“ laut Vorausmeldung. Sollte es zu keinem Kompromiss auf dem EU-Gipfel in Brüssel kommen, hält Hahn bereits einen Plan B für das EU-Budget bereit.

„Der EU-Vertrag sieht Möglichkeiten einer vertieften Zusammenarbeit, also von einer Gruppe von Staaten, vor. In diesem Kontext arbeiten wir an Alternativen zur derzeitigen Struktur des Aufbaufonds, um die dringend benötigten Finanzhilfen schnell auf den Weg zu bringen. Wir sind auf jeden Fall für ein Alternativszenario gerüstet.“