Containerschiff im Meer
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Pandemie

Globaler Lieferkette drohen Turbulenzen

Die Containerschifffahrt ist das Rückgrat der globalen Wirtschaft, doch nun treffen aufgrund der Coronavirus-Pandemie mehrere Faktoren aufeinander, die die oftmals eng getakteten weltweiten Lieferketten aus dem Takt bringen, ja sogar unterbrechen könnten. Im nächsten Jahr wird es dann mit Frachtraum knapp, und Konsumenten müssen sich wohl auf längere Wartezeiten einstellen.

Die Zahl kranker Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Notwendigkeit der Quarantäne treffen auf stark wachsende Nachfrage von Konsumenten und Probleme bei der Produktion in den Fabriken aufgrund regionaler oder nationaler Lockdowns.

Zumindest Lars Jensen, Chefplaner bei dem dänischen Logistikriesen Maersk, sprach gegenüber der „Financial Times“ zuletzt von einem „perfekten Sturm“, der durch diese Mischung aus steigender Nachfrage und reduzierten Logistikkapazitäten drohe.

„Es staut sich“

„Es staut sich in den Terminals“, so Jensen, der von einem Mangel an Lkw-Fahrern spricht. Als Folge davon werde in den Fabriken mehr gelagert und daher die Produktion verlangsamt. Das führt zu Verzögerungen im Fahrplan der Containerschiffe. „Dann kommen wir in einen Teufelskreis.“

Containerschiffe müssen mittlerweile bei mehreren wichtigen Häfen warten, bis sie anlegen dürfen. Allein am Dienstag warteten laut „FT“ vor den Containerhäfen Los Angeles und Long Beach – es sind die zwei größten in den USA – 17 Schiffe darauf, anlegen zu können. Nur vier der wartenden Schiffe konnten an diesem Tag noch anlegen. Im Oktober wurde ein Rekord beim Import von Containern verzeichnet – mit einem Anstieg von fast einem Drittel im Jahresvergleich.

Warten mit neuen Aufträgen

Rolf Habben Jansen, Vorstandschef von Hapag-Lloyd, einem weiteren Logistikriesen, betonte, dass ein Ausbruch der Pandemie die Arbeit in einem Hafen schlagartig und weitgehend stören kann, wenn sich viele Mitarbeiter auf einmal in Quarantäne begeben müssten. Laut Habben Jansen waren in einem Hafen sogar einmal 600 Arbeiter gleichzeitig in Quarantäne. Das führe selbst bei den besten Häfen dazu, dass Terminals nicht mehr betrieben werden könnten.

Die weltweit viertgrößte Schifffahrtslinie CMA-CGM kündigte bereits davor an, erst Ende Dezember wieder Aufträge entgegenzunehmen. Aufträge aufzuschieben würde aber das Problem nur verschärfen, zeigte sich Philip Edge, Chef des britischen Frachtunternehmens Edge Worldwide überzeugt.

Boost durch Onlinehandel

Der Druck auf die Lieferketten stammt teilweise noch vom Frühjahr. Damals, als sich das Coronavirus weltweit zu verbreiten begann, stoppten die Schifffahrtskonzerne Hunderte Fahrten. Mit dem Wiederanspringen der Nachfrage gingen auch die Bestellungen für Container von Asien nach Europa und die USA in die Höhe. Seit dem Sommer führte der Boom im Onlinehandel dazu, dass sich die Zahl der transportierten Container verdoppelte, so die „FT“ unter Verweis auf den Shanghai Containerized Freight Index. Besonders die Umschlagsraten von Asien an die US-Westküste schnellten in den letzten Monaten in Rekordhöhen.

„Platz ist knapp“

Im nächsten Jahr rechnet Habben Jansen von Hapag-Lloyd daher mit Engpässen beim Frachtraum. Weil viele Unternehmen in Erwartung einer Rezession wegen der Coronavirus-Krise Lagerbestände heruntergefahren hätten und nun, da die Nachfrage anspringe, nachbestellen müssten, seien die Schiffskapazitäten weitestgehend ausgebucht.

„Platz ist knapp“, sagte Habben Jansen. Die Frachtraten, aus denen sich der Gewinn von Containerreedereien speist, dürften daher steigen. „Wer sich keinen Platz gesichert hat, für den wird es teuer.“

Verspätete Lieferungen von Konsumgütern

Wegen des knappen Frachtraums müsse sich die europäische Kundschaft auf verspätete Lieferungen von Waren wie Unterhaltungselektronik, Fitnessgeräten und Möbel einrichten, sagte Habben Jansen weiter. Diese Güter seien derzeit besonders gefragt, da viele Menschen wegen der Einschränkungen bei der Bekämpfung der Pandemie zu Hause bleiben müssten und viel Zeit im Internet verbrächten. Davon profitieren wiederum besonders Onlinehändler wie Amazon, Otto und Zalando.