Die im Parlament am Dienstag abgehaltene Gebetsstunde sorgt weiter für Kritik. Ex-NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss will aus Protest gegen die Nichteinladung von Muslimen das „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ verlassen. ÖVP-Abgeordnete Gudrun Kugler weist die Kritik zurück.
NEOS kündigte eine Anfrage an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) an, der zu dem Gebet geladen hatte. Die SPÖ bezeichnete das Event als „nicht akzeptabel“, Verfassungsexperte Heinz Mayer als „deplatziert“.
Griss sagte gegenüber der „Kleinen Zeitung“, sie werde das Komitee verlassen. „Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Wenn man eine öffentliche Veranstaltung macht, müssen alle Religionen vertreten sind. Sonst verbindet man nicht, man spaltet.“
SPÖ, NEOS und Grüne zogen Teilnahme zurück
Zu der Veranstaltung am 8. Dezember hatten Sobotka und das „Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks“ geladen. Der Titel der „Onlinegebetsfeier“ lautete „Hoffnung in der Krise“. Teilgenommen hatten neben Sobotka und Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) Abgeordnete von ÖVP und FPÖ.
Vertreter von SPÖ, NEOS und Grünen, die zunächst zugesagt hatten, sprangen im Vorfeld und nach Kritik in Sozialen Netzwerken wieder ab.
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Scharfe Kritik von NEOS und SPÖ
Empört über die Gebetsstunde äußerte sich laut „Standard“ SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried: „Dass auf Betreiben des ÖVP-Nationalratspräsidenten via Livestream aus dem Parlament erzkonservativen katholischen Religionskreisen eine Bühne geboten wird und sich ÖVP-Politiker dabei in Szene setzen, ist nicht akzeptabel und läuft der Trennung von Kirche und Staat eklatant zuwider.“
Der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak hat zu dem Thema laut „Standard“ eine parlamentarische Anfrage an Sobotka verschickt. Unter anderem will er wissen, ob Mitarbeiter der Parlamentsdirektion ihre Arbeitskraft für die Gebetsfeier aufgewendet haben und ob es zu Mehrkosten aufgrund der Abhaltung der Veranstaltung an einem Feiertag gekommen sei.
Für den Verfassungsjuristen Mayer hätte die Gebetsstunde im Parlament nicht stattfinden dürfen, zumal diese klar gegen die Trennung von Staat und Religion gerichtet gewesen sei. „Das hat in einer säkularen Demokratie nichts verloren“, sagte Mayer zum „Standard“. „Wenn man es lustig nimmt, war es albern, wenn man es aber ernst betrachtet, war es deplatziert.“
Kugler weist Kritik zurück
Unverständnis an der Kritik äußerte ÖVP-Abgeordnete Kugler in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Es sei „unverständlich“, dass in einem pluralistischen Land nicht auch eine Gebetsfeier im Advent stattfinden dürfe, sagte sie. „Wir sind hier nicht versammelt im Namen von Parteien, auch nicht im Namen des Parlaments oder irgendeiner Institution, sondern als Abgeordnete mit einem persönlichen Glauben.“
Auch betonte Kugler, dass es „rund um das Parlament“ „unterschiedlichste Events“ gebe: „Kunst, Kultur, Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, Benefizveranstaltungen, wir haben sogar ein Fußballteam. So gibt es auch für jene, die das wollen, eine Gebetsfeier.“
Zur Kritik der Nichteinladung von Muslimen sagte Kugler gegenüber der „Kleinen Zeitung“, sie verstehe die Aufregung nicht. Dahinter stecke keine Absicht, leider seien Muslime derzeit nicht im Komitee vertreten.