Prozess gegen den iranischen Regierungskritiker Ruhollah Zam
Reuters/Wana
Blogger hingerichtet

Verstimmung zwischen Iran und EU

Die Hinrichtung des iranischen Regierungskritikers und Bloggers Ruhollah Sam hat zu einer schweren diplomatischen Verstimmung zwischen den führenden EU-Staaten Deutschland und Frankreich und dem Iran geführt. Vertreter der Staaten wurden in das Außenministerium in Teheran zitiert. Kritik an der Tötung Sams kam auch aus Österreich.

Sam war im Juni in Teheran zum Tode verurteilt und am Samstag hingerichtet worden. Dem 47-Jährigen wurde vorgeworfen, mit seiner aus dem französischen Exil betriebenen Website Amad News Propaganda gegen die iranische Führung betrieben und Menschen zu teilweise gewaltsamen Protesten angestiftet zu haben.

Der Blogger wurde Medienberichten zufolge von iranischen Sicherheitskräften ins Nachbarland Irak gelockt, im Herbst vergangenen Jahres dort festgenommen und in den Iran gebracht. Zu den Anklagepunkten gehörten „Verbrechen gegen die innere und äußere Sicherheit“ und „Spionage für den französischen Geheimdienst“. Vorgeworfen wurde ihm auch Beleidigung des Islam.

Österreich verurteilt Hinrichtung

Die Europäische Union verurteilte den Vollzug der Todesstrafe „auf das Schärfste“, wie eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Samstag mitteilte. Die Todesstrafe sei unter allen Umständen abzulehnen. Außerdem müsse die iranische Regierung sicherstellen, dass Angeklagte einen fairen Prozess erhalten.

Der iranische Regierungskritiker Ruhollah Zam während des Prozess
APA/AFP/Ali Shirband
Ruhollah Sam wurde am Samstag im Iran hingerichtet

Das österreichische Außenministerium verwies auf die grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe durch Österreich. „Wir verurteilen die Hinrichtung von Ruhollah Zam am 12. Dezember. Die Todesstrafe ist eine grausame und unmenschliche Bestrafung, die wir unter allen Umständen kategorisch ablehnen“, teilte das Außenministerium der APA am Sonntag auf Anfrage mit.

Schon davor hatten Deutschland und Frankreich die Hinrichtung des Bloggers scharf verurteilt. Man lehnte die Todesstrafe als eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung unter allen Umständen ab, hieß es aus Berlin. „Wir fordern Iran dazu auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung seiner Bürgerinnen und Bürger zu respektieren, alle politischen Gefangenen freizulassen und weitere Todesstrafen weder zu verhängen noch zu vollstrecken.“ Auch ein Sprecher des französischen Außenministeriums äußerte sich empört. Die Hinrichtung sei ein „barbarischer und inakzeptabler Akt“.

„Inakzeptable Einmischung“ in „innere Angelegenheiten“

Umgehend wurden sowohl der deutsche Botschafter als auch der Leiter der französischen Botschaft im Iran in das Außenministerium des Landes zitiert. Zur Begründung wurde eine „inakzeptable Einmischung“ in „innere Angelegenheiten“ des Iran angeführt, wie die staatliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete. Der für Europa zuständige Abteilungsleiter im iranischen Außenministerium kritisierte vor dem deutschen Botschafter die „Nachsicht“, die in einigen Ländern bei der Vorbereitung von „Terrorakten“ im Iran vorherrsche.

Die irankritische Organisation „STOP THE BOMB“ hatte zuvor weitergehende Schritte des Protests durch Österreich gefordert. So solle Botschafter Stefan Scholz von dem am Montag beginnenden „Europe-Iran Business Forum“ zurückgezogen werden, hieß es in einer Aussendung. Scholz habe am Tag der Hinrichtung Sams über seine Teilnahme getwittert, schrieb die Organisation. Scholz verbreitete die Ankündigung einer Diplomatendiskussion, an der auch die Botschafter Deutschlands und Frankreichs, Hans-Udo Muzel und Philippe Thiebaud, teilnehmen sollten.

Wichtige Partner beim Atomabkommen

Deutschland und Frankreich spielen eine Schlüsselrolle in den Beziehungen der Weltgemeinschaft mit dem Iran, tragen sie doch gemeinsam mit Großbritannien und den UNO-Vetomächten Russland und China das im Jahr 2015 geschlossene Wiener Atomabkommen mit Teheran. Dieses sieht vor, dass der Iran einer strikten Kontrolle und Beschränkung seines Atomprogramms zustimmt und dafür Handelserleichterungen erhält. Nach dem Rückzug der USA hat aber auch der Iran begonnen, wesentliche Vertragsbestimmungen zu ignorieren.

Nach Angaben von Amnesty International wurden im Iran im vergangenen Jahr mindestens 251 Menschen hingerichtet, das ist die weltweit zweithöchste Zahl bei der Vollstreckung von Todesurteilen. Die meisten Hinrichtungen fanden in China statt. Amnesty bezeichnete Sam als „Journalisten und Regimekritiker“. Die Organisation hatte nach seiner Verurteilung versucht, gegen die Vollstreckung der Todesstrafe zu intervenieren.

Amnesty hatte die EU dazu aufgerufen, sich beim obersten geistlichen Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, für Sam einzusetzen. Es handle sich um eine „schockierende Eskalation im iranischen Einsatz der Todesstrafe als Waffe der Unterdrückung“, verurteilte die Organisation die Hinrichtung. Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigte sich am Samstag „schockiert“ über die Vollstreckung des Urteils. „RSF ist empört über dieses neue Verbrechen der iranischen Justiz“, schrieb die Organisation auf Twitter.