„Selten hat es einen Menschen gegeben, der so stark und konzentriert wie Ludwig van Beethoven sein Werk als das schöpferische Andere dem allgemeinen Sein gegenübergestellt hatte“, schreibt der Musikhistoriker Martin Geck und bringt damit eine Position zu Beethoven auf den Punkt, den auch Beethovens Zeitgenossen ähnlich sahen, etwa der Dichter Jean Paul in „Vorschule des Ästhetik“. Hätten sich Bach und Mozart, so Geck, bei aller Genialität noch wie selbstverständlich „vom breiten Strom der musikalischen Überlieferung tragen lassen, wären ihre Werke doch in der Struktur überlieferter musikalischer Vorstellungen geblieben“. Bei Beethoven werde schon die „musikalische Energie“ zu einer kritischen Masse. Genau so las etwa auch Jean Paul Beethovens „Neunte“.
Beethoven-ABC: T wie Titan
T wie Titan
Nun hat der Autor des „Titan“ zwar nicht den Begriff von Beethoven als Titanen geprägt – doch die Zuschreibungen an Beethoven waren schon von den Dichtern seiner Zeit von einem Erstaunen vor der Beethov’schen Wucht und seinem Formwillen geprägt. Johann Wolfgang von Goethe, dem Geheimrat aus Weimar, war Beethovens Musik zu laut und kräftig – beim Gipfeltreffen der beiden im Jahr 1812 baute sich Beethoven im öffentlichen Auftreten breitbeinig auf, während Goethe stets in diplomatischer Vorsicht verharrte.
Beethoven von A bis Z
Das gesamte bisherige Beethoven-ABC
Beethoven, sagt Korstick, werde zu oft auf das Pathos reduziert, weil man sehr stark auf den expressiven Teil seines Werkes schaue. Übersehen würden dabei die großen harmonischen Leistungen Beethovens, weil man sich einfach zu sehr an das Bild des Titanen gewöhnt habe und nicht auf die Verfeinerungen achte. Er halte dieses Bild schlicht für eine „Fehlkonstruktion“: „Ich möchte gern das Wort Titanentum für immer und ewig durch das ganz einfache Wort Größe ersetzt wissen.“
Hinweis: Die Gesamteinspielung der Beethoven’schen Klaviersonaten von Michael Korstick soll ab Ende Jänner wieder bei Naxos zur Verfügung stehen.