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Reaktionen

Verständnis, Appelle und Kritik

Die Ankündigung eines neuerlichen Lockdowns ab dem 26. Dezember hat am Freitagabend für gemischte Reaktionen gesorgt. Die Bundesländer äußerten Verständnis für den Schritt, im Westen gab es zudem Erleichterung über die Öffnung des Skibetriebs. Insbesondere die SPÖ-geführten Bundesländer äußerten aber auch Kritik, etwa an den neuerlichen Schulschließungen. Gastronomie, Handel und Hotellerie forderten weitere Hilfe. Harte Worte für die Maßnahmen fanden FPÖ und NEOS, weniger kritisch äußerte sich die SPÖ.

„Mir ist es lieber, jetzt über die Feiertage – wo das ganze Land sowieso ruht, Schulen und die Gastro zu sind – die Zeit mit geschlossenem Handel für eine Entschleunigung zu nutzen, als zu warten, bis die Neuinfektionen und Todeszahlen wieder stark ansteigen und Spitäler überlastet sind“, so SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in einer Stellungnahme. Unzufrieden ist sie mit der Schließung der Schulen um eine weitere Woche. Auch gegen indirekt verpflichtende Tests sprach sie sich aus: „Die Bevölkerung hat Vertrauen in das Krisenmanagement der Regierung verloren. Ein Testzwang für die gesamte Bevölkerung, auch wenn er indirekt erfolgt, darf hier nicht die Antwort sein und ist kritisch zu sehen.“

„Offenbar hat man sich nun tagelang damit beschäftigt, einen Cocktail der größten Corona-Grauslichkeiten aus ganz Europa zu mixen und dem ungehorsamen Volk damit zu zeigen, wo der Hammer hängt“, sagte deutlich schärfer FPÖ-Obmann Herbert Kickl: „Die FPÖ wird auf diesen Irrsinn mit einem Misstrauensantrag bei nächster Gelegenheit antworten – also bereits am Montag. Die Regierung zeigt mit dem neuen Schockpaket, dass sie kein Vertrauen zur Bevölkerung hat.“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner hatte im Vorfeld eine „Weihnachtsruhe“ gefordert

NEOS-Vizeklubobmann Niki Scherak ortete völliges Versagen. NEOS sahen das Vertrauen der Menschen durch populistisches Hin und Her verspielt. „Nachdem ÖVP und Grüne es seit März nicht geschafft haben, die Gesundheit der Risikogruppen zu schützen, greifen sie nun auch noch massiv in die Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger ein. Mit dem dritten harten Lockdown versucht die Regierung von ihrem völligen Versagen abzulenken“, so Scherak.

Länder sehen notwendigen Schritt

Gemischte Reaktionen kamen aus den Bundesländern. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sprach von großen Herausforderungen. „Und jetzt ist leider wieder ein harter Schritt notwendig und eine harte Zeit steht uns bevor – wieder eine Zeit des starken Verzichts. Das ist natürlich unerfreulich, da gibt es nichts schönzureden. Aber die Maßnahmen der Bundesregierung sind notwendig, damit wir das Infektionsgeschehen unter Kontrolle behalten“, so Stelzer – mehr dazu in ooe.ORF.at.

„Der von der Bundesregierung neuerlich verhängte harte Lockdown ist leider als letzte Konsequenz nötig“, reagierte auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) auf die verschärften Maßnahmen, „es gibt jedoch mit den ausgeweiteten Corona-Testungen und der baldigen Verfügbarkeit eines Impfstoffes große Hoffnung, eine möglichst gute Ausgangslage im neuen Jahr zu schaffen.“ Neben den bundesweiten Regelungen habe er sich dafür eingesetzt, dass Seilbahnen und damit die Skigebiete öffnen können. Es werde allerdings voraussichtlich keine Hüttenausspeisung, also kein Take-away, geben – mehr dazu in tirol.ORF.at.

„Anders vorgestellt“

Die steirische Landesregierung unterstützt den neuerlichen Lockdown nach Weihnachten: „Wir alle haben uns die nächsten Wochen anders vorgestellt. Aber um die Infektionszahlen zu senken und die Kapazitäten in den Krankenhäusern zu entlasten, muss die Bundesregierung diese Maßnahmen ergreifen. Alles, was hilft, um die weitere Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen, werden wir auch auf Landesebene mittragen. Als Landesregierung werden wir weiterhin alles daransetzen, um die Steiermark so gut es geht durch diese Krise zu bringen“, so Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) und LH-Stv. Anton Lang (SPÖ) – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

„Es war abzusehen, dass die Meinungen zu den neuerlich verschärften Maßnahmen der Bundesregierung auseinandergehen“, so Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Kein vernünftiger Politiker habe Freude damit. Freude mache, helfen und da sein zu können: „Deshalb hoffe ich, dass wir das Virus bald unter Kontrolle bringen, damit wir uns wieder mehr dem zuwenden können, was uns gemeinsam Freude macht – und das schaffen wir nur, wenn wir zusammenhalten“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Wien klar gegen Schulschließung

In Wien sieht man nach den Ankündigungen der Bundesregierung noch jede Menge Fragen unbeantwortet. Es gebe noch viele Details zu klären – vor allem rund um das Thema „Freitesten“ nach dem 17. Jänner, hieß es auf APA-Anfrage am Freitagabend aus dem Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Hier werde man für eine genauere Beurteilung die konkreten Rechtsgrundlagen abwarten. Ein klares Nein zu den angekündigten Schulschließungen kam von Wiens Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS).

„Richtiges, einige Fehler und ungeklärte Detailfragen“ sieht der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in den am Freitag von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen. Das „noch längere Aussetzen des Regelunterrichtes“ sei ein „massives pädagogisches und auch soziales Problem für Kinder, Jugendliche und Eltern“, so Kaiser in einer Aussendung. Die Möglichkeit, den Lockdown mit einem Test zu verkürzen, beurteilte Kaiser mit „mehr als hinterfragenswert“, das sei ein „indirekt verhängter Testzwang“ – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Der neuerliche Lockdown ab 26. Dezember in Österreich sei „angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen und Hospitalisierungen absolut notwendig und unvermeidbar“, stellte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) in einer Aussendung fest. Es sei aber auch klar, dass die Bundesregierung nun gefordert sei, endlich eine Strategie zu erarbeiten, wie man in den nächsten Monaten mit der Pandemie umgehen werde.

Wirtschaft fordert weitere Hilfe

Gemische Reaktionen kamen auch aus der Wirtschaft. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer begrüßt die Möglichkeit, sich künftig freitesten zu können. „Das Freitesten bietet den Unternehmen eine gewisse Perspektive und schafft ein Stück Freiheit für die Menschen“, so Mahrer. In Summe sei dieser dritte Lockdown aber besonders schmerzlich und müsse entsprechend abgefedert werden. Unterstützung fordert die Wirtschaftskammer (WKÖ) dabei auch für Zulieferer und andere indirekt betroffene Betriebe.

WKÖ-PrŠsident Harald Mahrer
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Mahrer stellte sich hinter das „Freitesten“

WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik bezeichnete den dritten Coronavirus-Lockdown als „schweren Schlag“ – für den Handel, aber auch für körpernahe Dienstleister wie Friseure und Kosmetiker. Als „großen Erfolg unserer Bemühungen“ sieht der Interessenvertreter, dass nun die Möglichkeit besteht, bestellte Waren im Geschäft abzuholen („Click & Collect“). Im ersten und zweiten Lockdown war das Händlern nicht erlaubt.

Der Handelsverband ist über die erneute Zwangspause schockiert. „Für unsere Branche ist der dritte harte Lockdown das Worst-Case-Szenario. Der Dezember ist der mit Abstand umsatzstärkste, wichtigste Monat des Geschäftsjahres“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Profitieren würden in erster Linie internationalen Onlinegiganten. Er forderte von der Regierung ausreichende Hilfsmaßnahmen.

„Schmerzhafter Schritt“ für Gastronomie und Hotellerie

Erwartungsgemäß besorgt zeigten sich Gastronomie und Hotellerie. Die Verlängerung des Lockdowns sei ein „schmerzhafter Schritt“. Die Branche gehe damit in den sechsten Lockdown-Monat und eine ungewisse Zukunft. Vielen Betrieben fehle ein halbes Jahr an Umsatz, viele stünden mit dem Rücken zur Wand und wüssten nicht, wie es weitergeht. Unbedingt müsse das wirtschaftliche Überleben der Hotellerie und Gastronomie sichergestellt werden, fordern die zuständigen WKÖ-Fachverbände. Neben Planungssicherheit seien dringend weitere Unterstützungsmaßnahmen notwendig.

Reaktionen aus der Wirtschaft

Mit dem neuerlichen Lockdown verschiebt sich der langersehnte Aufschwung der Wirtschaft nach hinten. Die neuen Maßnahmen stoßen auf unterschiedliche Reaktionen.

Auch die Industriellenvereinigung (IV) spricht von „schmerzhaften“ Maßnahmen, die nun aber nötig seien. „Wichtig ist, dass die Produktion aufrecht bleibt und das Land am Laufen halten kann. Ein dringend notwendiges Signal ist zudem die Ankündigung, künftig verstärkt und nachhaltig auf Teststrategien zu setzen“, so IV-Präsident Georg Knill.

Stimmung in Kulturbetrieb gedämpft

Die Stimmung im Kulturbetrieb zeigte sich angesichts der verlängerten Zwangspause gedämpft. In den Bundestheatern will man sich am Samstag in einer Videokonferenz beraten. Herbert Föttinger, der Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien zeigte sich gegenüber der APA „im Moment sprachlos“. Der Intendant des Linzer Landestheaters Hermann Schneider hält es zwar für „lobenswert, dass man sagt, man will Kulturleben ermöglichen“, unter dem Strich sei es aber eher ein „Danaer-Geschenk“.

Für Gerhard Ruiss bleibt der Zustand in der Kultur „zermürbend, weil vor allem auch nicht abzuschätzen ist, ob und welche Veranstaltung wann, wie stattfinden kann“, so der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren.