Abgesperrte Einkaufsstraße
AP/Ronald Zak
Ab 26. Dezember

Dritter Lockdown mit Test als Türöffner

Österreich sperrt binnen zehn Monaten ein drittes Mal zu. Der Lockdown dauert vom 26. Dezember bis zum 17. Jänner. Silvesterpartys fallen aus. An den Schulen geht es nach den Ferien für 1,5 Wochen im Distanzunterricht weiter. Vor Ende des Lockdowns finden erneut Massentests statt – die Teilnahme soll quasi als Türöffner dienen.

Knapp eine Woche vor dem Heiligen Abend kündigte die Regierung am Freitag den dritten Lockdown an. Während am 24. und 25. Dezember noch unter gelockerten Bedingungen gefeiert werden kann, sollen ab 26. Dezember neue Verschärfungen in Kraft treten. So werden etwa die Ausgangsbeschränkungen, die derzeit noch von 20.00 bis 6.00 Uhr gelten, auf den ganzen Tag ausgeweitet werden. Die Gastronomie und der Tourismus bleiben bis einschließlich 17. Jänner geschlossen, auch der Handel macht erneut seine Türen zu. Der Neustart ist ab 18. Jänner geplant.

Davor findet allerdings die zweite Runde der Massentests statt. Wer sich testen lässt und ein negatives Ergebnis vorweisen kann, darf die Betriebe, die eben am 18. Jänner wieder aufsperren, auch nutzen. Für jene, die sich nicht testen lassen, gelten die Beschränkungen eine Woche länger. Das bedeutet, dass man zum Beispiel keinen Eintritt in Museen oder in ein Schuhgeschäft erhält. Zur Arbeit gehen und Lebensmittel einkaufen ist noch erlaubt – jedoch mit einer FFP2-Maske statt eines normalen Mund-Nasen-Schutzes. Stichprobenartig soll von der Polizei kontrolliert werden, ob die Tests auch tatsächlich gemacht wurden.

Innenminister Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Herbert Neubauer
Am Freitagabend verkündete die Regierungsspitze einen dritten Lockdown ab 26. Dezember

Distance-Learning, Betreuung in Schulen möglich

An den Schulen werden ähnliche Regelungen wie im zweiten Lockdown gelten. Nach den Weihnachtsferien wird bis zum 17. Jänner wieder auf Distance-Learning umgestellt, jüngere Schülerinnen und Schüler mit Betreuungsbedarf können an die Schulen kommen. Für die Oberstufen soll es kurze Präsenzphasen, etwa für Schularbeiten, geben. Die Rückkehr aller Schüler und Schülerinnen ist für 18. Jänner geplant – ein „Freitesten“ ist keine Voraussetzung für den Schulbesuch, so das Bildungsministerium.

Offen sind die Schulen wieder für alle Schüler bis 14 Jahre, die Betreuungsbedarf haben oder Unterstützung beim Lernen brauchen. Die Schüler der AHS-Oberstufen, BMHS und Berufsschulen können wie schon bisher auch zwischen 7. und 15. Jänner zu Präsenzphasen an die Standorte geholt werden – etwa um auf Schularbeiten vorbereitet zu werden und diese auch in der Schule zu schreiben. Kindergärten sind wie die Schulen offen. Allerdings wird die Kindergartenpflicht im letzten Kindergartenjahr wieder aufgehoben.

Keine weiteren Änderungen sind für die Matura geplant: Sie soll also weiter wie zuletzt angekündigt ab 20. Mai abgehalten werden. Außerdem können die Themenbereiche bei der mündlichen Matura (ab 7. Juni) gekürzt werden, die Präsentation der vorwissenschaftlichen Arbeiten bzw. Diplomarbeiten ist nur freiwillig. Wie im Vorjahr wird auch die Jahresnote in die Maturanote einbezogen – allerdings nur, wenn bei der Klausur 30 Prozent der Punkte erreicht werden.

Silvesterpartys fallen aus

Entwickeln sich die Zahlen wie von der Regierung gewünscht – angepeilt ist eine Inzidenz von unter 100 pro 100.000 Einwohner, was eine Halbierung des Ist-Zustands wäre –, können auch Theater und Opernhäuser öffnen, freilich mit maximal 500 Zusehern im Inneren und höchstens 750 im Freien. Besuchen darf man all das nur mit einem negativen Test, wie der für Kultur zuständige Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ausführte.

Bundeskanzler Kurz (ÖVP) über den dritten Lockdown

Österreich wird in einen dritten Lockdown gehen. Der Handel wird bis 18. Jänner geschlossen, Gastronomie und Hotels bleiben zu. Die Opposition kritisiert diese Maßnahmen der Regierung hart.

Genützt hat das Lobbying der Seilbahnwirtschaft. Es blieb Kogler überlassen zu verkünden, dass die Lifte bereits mit Weihnachten wieder fahren dürfen. Fast alle Bundesländer haben angekündigt, die Lifte trotz Lockdowns zu öffnen. Sport darf im Freien ohnehin weiter ausgeführt werden, am besten alleine, wie Kogler anmerkte. Für die Rund-um-die-Uhr-Ausgangsbeschränkung gelten neben Sport drei weitere Ausnahmen: anderen Menschen helfen, Grundbedürfnisse befriedigen und die Arbeit.

Ab 26. Dezember sind auch Zusammenkünfte mit Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, wieder eingeschränkter. Das gilt auch für den letzten Tag des Jahres: „Es gibt keine Silvesterparty“, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begründete die Ausweitung der Ausgangsbeschränkungen auch auf Silvester damit, die „negative Wucht“ einer Ansteckungswelle vermeiden zu wollen. Feuerwerke werden nicht stattfinden. Die Verwendung pyrotechnischer Artikel der Kategorie F2, also auch Raketen, Knallfrösche oder Blitzknallkörper im Ortsgebiet ist verboten.

Kurz: Rückkehr der Normalität im Sommer

Die Prognose für das erste Quartal 2021 sei „eine sehr, sehr düstere“, sagte Kurz. „Es sterben täglich über 100 Menschen am Coronavirus“, so der Bundeskanzler. Man müsse „solidarisch als Gesellschaft diesen Weg gehen“. Bis breit durchgeimpft werden kann, will Kurz mittelfristig mit wöchentlichen Tests in Personengruppen, die viel mit Menschen zu tun haben, etwa Lehrer, Busfahrer und Handelsangestellte, operieren. Wer daran nicht teilnehmen will, muss eine FFP2-Maske tragen.

Gesundheitsminister Anschober zum Infektionsgeschehen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) geht auf den Verlauf des Infektionsgeschehens ein.

Mit einer Rückkehr zur Normalität rechnet Kurz im Sommer 2021. „Es liegt an uns allen, wie wir durch das nächste halbe Jahr kommen“, sagte Kurz. Zuvor hatte die Regierung mit den Landeshauptleuten das weitere Vorgehen beraten. ÖVP und Grüne hatten den zweiten „harten Lockdown“ am 7. Dezember gelockert – nach nur drei Wochen und trotz hoher Infektionszahlen. Zuletzt gab es täglich rund 2.600 Neuinfektionen und fast 120 Tote.

Für die weitere Zukunft plant die Regierung allerdings „regionale Lockdowns“, wenn die Infektionen in einer bestimmten Region über einem gewissen Schwellenwert liegen. Eine konkrete Zahl nannte Anschober nicht. Es soll auch hier gelten, dass sich die Bevölkerung von den dann verhängten Ausgangsbeschränkungen „freitesten“ kann.

„Indirekt verhängter Testzwang“

Die Länder tragen die Maßnahmen im Wesentlichen mit, auch wenn sich der ein oder andere SPÖ-Landeshauptmann einen kritischen Kommentar nicht verkneifen konnte. Peter Kaiser aus Kärnten missfiel etwa der „indirekt verhängte Testzwang“, mit dem man sich Vorteile verschaffen kann. Dieser Punkt fand ebenso keine Zustimmung von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wie auch die Schulschließungen. Ansonsten signalisierte sie Verständnis.

Das konnte man von FPÖ und NEOS nicht sagen. Der freiheitliche Klubchef Herbert Kickl kündigte umgehend einen Misstrauensantrag gegen die Regierung bei einer Sondersitzung des Nationalrats kommenden Montag an. Er sieht nämlich „einen Cocktail der größten Corona-Grauslichkeiten aus ganz Europa gemixt“. NEOS-Vize Nikolaus Scherak erkennt einen Versuch der Regierung, von ihrem eigenen Versagen abzulenken.

Die Wirtschaft nimmt den Entscheid der Regierung zähneknirschend hin. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer begrüßt die Möglichkeit, sich im neuerlichen harten Lockdown für Besuche in Gastronomie, Handel und Kultur freitesten lassen zu können, weil das eine gewisse Perspektive biete. Handelsobmann Rainer Trefelik sprach hingegen von einem schweren Schlag. Immerhin einen Erfolg konnte er vermelden. Die Regierung gestattet nun, dass man bestellte Ware bei Geschäften abholen kann, wie das in der Gastronomie ja schon längst möglich ist.