Britischer Premierminister Boris Johnson
APA/AFP/Toby Melville
CoV-Mutation in Großbritannien

Weihnachten „wie geplant“ wird abgesagt

Der britische Premierminister Boris Johnson hat am Samstag strengere Coronavirus-Maßnahmen für Millionen von Menschen in England verhängt und Pläne zur Lockerung der Beschränkungen über Weihnachten drastisch zurückgeschraubt. Das sei notwendig, um eine aggressive neue Variante des Virus einzudämmen.

Die in Großbritannien entdeckte Mutation des Coronavirus ist laut Johnson nach ersten Erkenntnissen deutlich ansteckender als die bekannte Form. Folgedessen würden die Beschränkungen für London und den Südosten der Insel ab Sonntag deutlich verschärft. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass Impfstoffe weniger effektiv seien, sagte der Premier bei einer Pressekonferenz.

„Es gibt immer noch viel, das wir nicht wissen. Aber es gibt keine Beweise, dass die neue Variante mehr oder schwerere Krankheitsverläufe auslöst“, sagte Johnson weiter. Auch eine höhere Sterblichkeit sei durch die Virusvariante VUI2020/12/01 bisher nicht festgestellt worden.

„Müssen unsere Verteidigungsmethode ändern“

„Wenn das Virus seine Angriffsmethode ändert, müssen wir unsere Verteidigungsmethode ändern“, sagte Johnson. Das bisher dreistufige Warnsystem wurde nun auf vier erweitert – außer der Hauptstadt seien noch andere Regionen im Südosten betroffen. Dort dürfen die Bewohnerinnen und Bewohner nur noch aus wichtigen Gründen ihre Wohnung verlassen, etwa um zum Arzt und zur Arbeit zu gehen. „Ohne diese Maßnahmen, darauf deuten die Zeichen hin, werden die Infektionszahlen in die Höhe schnellen, Krankenhäuser würden überfordert sein und weitere Tausende Menschen werden ihr Leben verlieren.“

Sicherheitshinweise auf Einkaufsstraße in London
Reuters/Toby Melville
Familien in London und weiteren Regionen Großbritanniens müssen ihre Weihnachtstreffen absagen

Auch zu Weihnachten dürfe man keine Angehörigen anderer Haushalte treffen, sagte Johnson. „Wir können Weihnachten nicht wie geplant verbringen.“ Und: „Wir opfern die Möglichkeit, unsere Lieben dieses Weihnachten zu sehen, damit wir eine bessere Chance haben, ihr Leben zu schützen, damit wir sie bei zukünftigen Weihnachten sehen können.“

Alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte sowie andere Einrichtungen wie Fitnessstudios und Schönheitssalons müssen schließen. Einwohner und Einwohnerinnen in Warnstufe-vier-Gebieten dürfen diese Zone nicht verlassen – insgesamt ist etwa ein Drittel der englischen Bevölkerung betroffen.

„Weihnachtsblasen“ weitgehend geplatzt

Noch diese Woche hatte Johnson die zahlreichen Forderungen nach schärferen Restriktionen zurückgewiesen. „Wir wollen Weihnachten nicht verbieten, wir wollen es nicht absagen. Das wäre unmenschlich“, sagte er am Mittwoch. Ursprünglich wären zwischen dem 23. und 27. Dezember „Weihnachtsblasen“ von bis zu drei Haushalten erlaubt gewesen, die sich privat treffen und auch dort am selben Ort übernachten dürfen.

In den Gebieten mit höchster Warnstufe wird keine Vermischung von Haushalten erlaubt sein, außer unter sehr eingeschränkten Bedingungen im Freien an öffentlichen Plätzen. Im Rest Englands wird es den Menschen erlaubt sein, sich nur einen Tag lang in „Weihnachtsblasen“ zu treffen anstatt fünf.

Lockdown in Wales, Reiseverbot in Schottland

Auch in anderen Landesteilen, die selbst über Coronavirus-Maßnahmen entscheiden können, wurden die Restriktionen verschärft. So soll in Wales von diesem Sonntag an ebenfalls ein Lockdown gelten – analog zur vierten Stufe in England. Schottland verhängte ein Reiseverbot in andere Teile des Vereinigten Königreichs.

Die Gefährlichkeit der neuen Virusmutation betonte am Samstag auch Englands Chefmediziner Chris Whitty. Untersuchungen hätten ergeben, dass sich dieses Virus schneller ausbreiten könne als die bisherige Variante. Es gebe aber keine Hinweise, dass die neue Variante auch zu einer höheren Sterblichkeit führe. Man habe entsprechende Erkenntnisse an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weitergeleitet.

Impfungen am Laufen

In Großbritannien wurden am Samstag etwa 27.000 neue Fälle gezählt, damit gab es bisher mehr als zwei Millionen Infektionen in dem Land. Etwa 83.000 Menschen sind bisher mit oder an Covid-19 gestorben. Die Regierung hatte vor gut zehn Tagen mit einer Massenimpfung begonnen. Bisher haben landesweit etwa 350.000 Menschen das Mittel von Biontech/Pfizer erhalten, sagte Johnson.