Radfahrer auf einer Straße in Wien
ORF.at/Dominique Hammer
Fahrradmarkt

Längere Wartezeiten, höhere Preise

Die CoV-Krise hat dem Fahrrad als Sportgerät sowie als Fortbewegungsmittel neuen Antrieb gegeben. Vor allem im urbanen Bereich gab es einen regelrechten Boom. Doch was sich schon 2020 abgezeichnet hat, wird sich im neuen Jahr verschärfen. Die Branche kämpft mit erheblichen Lieferengpässen, was zum Teil monatelange Wartezeiten und höhere Preise mit sich bringt. Ursache dafür ist nicht nur die explodierte Nachfrage.

Sorgen vor großen Umsatzeinbrüchen durch den Lockdown im Frühling waren – in Ballungsräumen – unbegründet. Mehrere Fahrradhändler aus Wien berichten gegenüber ORF.at, dass die CoV-bedingte Schließzeit in den sonst umsatzstarken Monaten März und April in den Wochen danach mehr als wieder aufgeholt werden konnte.

Schwieriger sei es für die Händler in den touristischen Regionen gewesen, sagte Michael Nendwich, Geschäftsführer des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster (VSSÖ) im ORF.at-Interview: „Es gibt ein starkes Ost-West-Gefälle.“ Insgesamt habe sich der Fahrradmarkt aber sehr gut entwickelt. Nach einer vorläufigen Schätzung rechnet Nendwich für das Jahr 2020 mit einem Plus von acht bis zehn Prozent.

„Es gibt noch immer die gröbsten Probleme“

Ob dieses Wachstum so bleibt, hängt nicht nur von der Nachfrage ab, sondern auch von der Verfügbarkeit der Räder. Schon in den vergangenen Monaten habe es Lieferprobleme bei normalen Ersatzteilen wie Schläuchen und Bremsscheiben gegeben, erzählen Fahrradhändler. „Es gibt noch immer die gröbsten Probleme“, sagte Christian Pekar, zuständig für den Fahrradbereich im Wirtschaftskammer-Gremium Mode und Freizeithandel und selbst Geschäftsführer eines Fahrradgeschäfts, im ORF.at-Interview.

Fahrräder in einem Geschäft
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Fehlende Fahrradteile führen zu Lieferschwierigkeiten bei Fahrrädern

Die Hersteller können mit der gestiegenen Nachfrage nicht mithalten. Das liegt einerseits an durch die Pandemie bedingten Schwierigkeiten bei der Produktion von Ersatzteilen und anderseits an Transportproblemen.

Einschränkungen bei Produktion

Eine große Rolle dabei spielt der Komponentenhersteller Shimano. Pekar: „Das ist eigentlich ein Monopolist bei Ersatzteilen. Vor allem Schaltungen und Bremsen kommen zu 80 Prozent von Shimano.“ Mit Lieferschwierigkeiten haben aber alle Fahrradteileproduzenten zu kämpfen – mit allen Konsequenzen für die Hersteller, aber auch für die Fahrradwerkstätten, die für Servicearbeiten ebenfalls Ersatzteile benötigen. Ausgebremst wurde der Fahrradmarkt schon mit Beginn 2020. Die Auswirkungen sind bis heute spürbar.

Viele Lieferanten von Fahrradkomponenten in Asien, insbesondere in China, mussten aufgrund des Coronavirus Werke schließen und die Produktion zurückfahren. Laut einem Bericht des Branchenblatts „E-Mountainbike-Magazin“ wurden durch die Werkschließungen Anfang 2020 auch Wanderarbeiter entlassen. Deren Rückkehr war durch Einreisesperren und CoV-bedingte Quarantäne schwierig, neues Personal musste erst wieder eingearbeitet werden. Die Produktion sei nach wie vor nicht auf dem Stand wie vor der Krise, so das Magazin.

Transport als Hürdenlauf

Hürden gibt es nach wie vor auch auf dem Transportsektor, der auch die Fahrradbranche trifft. Die meiste Ware etwa aus China wird per Schiff nach Europa geliefert. Derzeit gibt es aber sehr einseitige Lieferungen – es wird mehr Ware von Asien nach Europa als in die andere Richtung verschifft. Das führt auf der einen Seite zu einem Mangel, auf der anderen Seite zu einem Stau an Containern.

Auch die Transporte per Luftfracht sind schwieriger geworden. Es fehlen die Kapazitäten, die sonst etwa im Frachtraum von Passagiermaschinen genützt werden. Das fehlende Volumen geht auch mit steigenden Kosten beim Transport einher.

Mehrere Monate Wartezeit

„Der Rückstand konnte bisher nicht aufgeholt werden“, sagte Jens Rosenhäger, Handelsvertreter für Radsport in Österreich, gegenüber ORF.at. Wie beim Kauf von Autos müsse man sich nun auch bei Fahrrädern auf längere Wartezeiten einstellen. Fehlt einem Hersteller ein Schalthebel, kann das Rad nicht fertiggestellt und ausgeliefert werden. Für Kunden und Kundinnen bedeutet das bei manchen Modellen eine Wartezeit von mehreren Monaten – in einzelnen Fällen sogar von bis zu einem Jahr. Manche Hersteller machen überhaupt keine Angaben mehr, wann sie liefern, so Rosenhäger.

Ein Werksarbeiter prüft das Rad eines Fahrrads
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Engpässe bei Ersatzteilen haben auch Auswirkungen auf die Reparatur von Fahrrädern

Viele Händler haben für das Modelljahr 2021 mehr als gewöhnlich vorbestellt. „Normalerweise bewegt sich die Vororder bei 40 Prozent. Der Rest erfolgt über Nachbestellungen“, so Rosenhäger. Diesmal seien meist 60 bis 80 Prozent für die Saison 2021 vorbestellt worden. Rosenhäger: „Die Radindustrie hat damit nicht gerechnet.“ Einige bekannte Marken seien bereits ausverkauft.

Entspannung frühestens 2022 erwartet

Ein größerer Fahrradhändler berichtet sogar von Stornierungen von zehn bis 20 Prozent seiner bestellten Ware – weil die Teile nicht lieferbar beziehungsweise die Räder überverkauft seien. Mit der auseinanderklaffenden Lücke von Angebot und Nachfrage erhöhten einige Fahrradhersteller zudem die Preise um bis zu zehn Prozent – in Einzelfällen auch bis zu 15 Prozent, berichtete das „E-Mountainbike-Magazin“.

Vertreter aus der Branche erwarten eine Entspannung frühestens 2022. Einige Händler wollen auf Nummer sicher gehen und haben schon jetzt Bestellungen für 2022 abgegeben. Am Angebot für die kommende Fahrradsaison wird das aber nichts ändern. Erwartet wird, dass bestimmte Modelle, Größen und Ausstattungen bereits vor Beginn der eigentlichen Fahrradsaison ab März ausverkauft sein werden.