„Wir haben die Entscheidung getroffen, den europäischen Bürgern den ersten Impfstoff gegen Covid-19 bereitzustellen“, sagte von der Leyen am Montagabend in Brüssel und kommentierte die Zulassung mit den Worten: „Heute fügen wir dem Kampf gegen Covid-19 ein wichtiges Kapitel hinzu.“ Die EMA habe den Impfstoff sorgfältig geprüft, sagte die Kommissionschefin. Diese Prüfung habe ergeben, dass das Vakzin sicher und wirksam gegen das Coronavirus sei.
In mehreren Ländern – darunter die USA, Kanada und Großbritannien – ist das Vakzin bereits zugelassen. Die Impfungen sollen noch in dieser Woche in mehreren EU-Staaten, darunter Österreich, starten. Die Zahl der Impfdosen, auf deren Kauf die einzelnen Mitgliedsstaaten Anspruch haben, richtet sich nach ihrer Bevölkerungszahl.
Zulassung vorgezogen
Die Zulassung sei ein „Meilenstein“, so auch die EMA-Direktorin Emer Cook. „Das ist wirklich eine historische wissenschaftliche Leistung.“ Außerdem warnte sie: „Wir haben noch nicht den Wendepunkt der Pandemie erreicht.“
Die Zulassung des Impfstoffs war auf Druck mehrerer EU-Staaten um acht Tage vorgezogen worden. Die Behörde in Amsterdam bewertete Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs auf Grundlage der vom Hersteller vorgelegten Labordaten und Ergebnisse der klinischen Tests. Anders als in Großbritannien und den USA, die nur eine zeitweise Notfallzulassung für den Biontech-Impfstoff erteilten, geht es in der EU um eine einjährige bedingte Marktzulassung, die ein strengeres Testverfahren voraussetzt. Über eine Zulassung des Impfstoffs des US-Unternehmens Moderna will die EMA am 6. Jänner entscheiden.
Die EMA äußerte sich auch zu der in Großbritannien aufgetretenen Mutation des Virus. „Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen Beweis für die Annahme, dass der Impfstoff nicht gegen die neue Variante wirken könnte“, so EMA-Direktorin Cooke. Über die neue Virusvariante müssten aber noch mehr Informationen gesammelt werden.
Impfstoff von Biontech und Pfizer in EU zugelassen
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) gibt grünes Licht für den Einsatz des Covid-19-Impfstoffs von Biontech und Pfizer. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA empfahl am Montag eine Zulassung des Impfstoffs. Kurz darauf erteilte die EU-Kommission dem Präparat die bedingte Marktzulassung, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte. Somit können die Impfungen in der EU beginnen – auch in Österreich.
Klinische Studie mit 44.000 Personen
Grundlage der Entscheidung ist eine klinische Studie, an der fast 44.000 Menschen beteiligt waren. Die Hälfte erhielt den Impfstoff und die andere Hälfte erhielt ein Placebo. Die Menschen wussten nicht, ob sie den Impfstoff oder die Scheininjektion erhielten. Die Wirksamkeit wurde bei über 36.000 Personen ab 16 Jahren (einschließlich Personen über 75 Jahren) berechnet, die keine Anzeichen einer früheren Infektion hatten.
Die Studie zeigte eine 95 prozentige Verringerung der Anzahl symptomatischer Covid-19-Fälle bei den Personen, die den Impfstoff erhielten (acht von 18.198 Fällen hatten Covid-19-Symptome), im Vergleich zu Personen, die eine Scheininjektion erhielten (162 von 18.325 Fällen zeigten Covid-19 Symptome). Das bedeutet, dass der Impfstoff in der klinischen Studie eine Wirksamkeit von 95 Prozent zeigte.
Der Impfstoff wird als zwei Injektionen in den Arm im Abstand von mindestens 21 Tagen verabreicht. Die häufigsten Nebenwirkungen waren normalerweise leicht oder mäßig und besserten sich innerhalb weniger Tage nach der Impfung. Dazu gehörten Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schüttelfrost und Fieber. Die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs wird weiterhin überwacht, da er in den Mitgliedsstaaten durch das EU-Pharmakovigilanzsystem und zusätzliche Studien des Unternehmens und der europäischen Behörden verwendet wird.
Impfstoff setzt auf mRNA-Technologie
Der Impfstoff von Biontech und Pfizer beruht auf der mRNA-Technologie. mRNA steht für messenger-Ribonukleinsäure, auch als Boten-RNA bezeichnet. Bei mRNA-Impfstoffen werden keine Krankheitserreger oder deren Bestandteile benötigt wie bei herkömmlichen Impfstoffen. Vielmehr werden einigen wenigen Körperzellen mit dem Impfstoff Teile der Erbinformation des Virus als RNA mitgegeben – geliefert wird also der Bauplan für einzelne Virusproteine, die auch als Antigene bezeichnet werden. Antigene aktivieren das Immunsystem, die schützende Immunantwort gegen den Erreger zu erzeugen.
Erste EU-weite Zulassung für Impfstoff
Es ist eine Nachricht, auf die viele gewartet haben: Der erste Covid-19-Impfstoff ist für die EU zugelassen. Die Europäische Arzneimittelbehörde hat jetzt grünes Licht für den Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer gegeben.
Ein Vorteil des Impfstoffs von Biontech und Pfizer liegt in der einfachen Struktur der RNA, die es erlaubt, in wenigen Wochen viele Millionen Impfdosen zu produzieren. Allerdings muss der Impfstoff bei sehr niedrigen Temperaturen von rund minus 70 Grad transportiert und gelagert werden. Die in Krankenhäusern sonst üblichen Gefrierschränke reichen dafür nicht aus.
Deutsche Firma entwickelte Vakzin
Hinter dem Impfstoff steht mit Biontech eine deutsche Firma, die 2008 von dem Forscherehepaar Ugur Sahin und Özlem Türeci sowie dem Tiroler Krebsforscher Christoph Huber gegründet wurde. Vor der CoV-Pandemie arbeiteten die rund 1.500 Beschäftigten des Mainzer Unternehmens an neuen Immuntherapien für Krebspatienten auf Basis der mRNA-Technologie.
Biontech-Mitgründer Sahin erklärte, die positive Entscheidung der EMA sei „eine besonders persönliche und emotionale für uns alle bei Biontech“. „Als Unternehmen mit Sitz im Herzen der EU freuen wir uns besonders, einen Schritt näher daran zu sein, möglicherweise den ersten Impfstoff gegen diese verheerende Pandemie in Europa zu liefern“, fügte Sahin hinzu.
„Lieferungen werden sofort beginnen“
„Die Lieferungen werden sofort beginnen und schrittweise im Laufe der Jahre 2020 und 2021 erfolgen, um eine gerechte Verteilung der Impfstoffe entsprechend der Vertragsbedingungen in der EU zu gewährleisten“, teilten die Unternehmen am Montagabend mit.
Beim Vertrieb seines Impfstoffs kommt Biontech eine bereits 2018 geschlossene Partnerschaft mit dem US-Pharmariesen Pfizer zugute, die die beiden Unternehmen ursprünglich mit Blick auf Grippeimpfstoffe geschlossen hatten. Unter dem Eindruck der Pandemie und der weltweiten Suche nach einem Gegenmittel weiteten die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit im März noch einmal aus.