Die bisherigen Treffen mit den chinesischen Kollegen seien „sehr produktiv“ gewesen. Rund ein Jahr nach der Entdeckung der ersten Fälle von Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in der chinesischen Region Wuhan werden die WHO-Experten sich fünf bis sechs Wochen in China aufhalten. Zu dem WHO-Team zählen zehn Experten. Sie wollen ergründen, wie es dem Virus ursprünglich gelungen ist, auf den Menschen überzuspringen.
Virusübertragungen von Tieren zum Menschen ereigneten sich jedes Jahr, sagte Leendertz. Es sei nur „Pech“, dass es sich in diesem Fall so „bösartig“ entwickelt habe. Für die Arbeit der Wissenschaftler sei es von Vorteil, wenn sie auf „frische Spuren“ träfen, aber das sei nicht zwingend erforderlich, erläuterte Leendertz. So habe er sich erst kürzlich damit beschäftigt, wie die Röteln vor 25.000 Jahren vom Tier auf den Menschen überspringen konnten.
„Konkrete Plan“ für Phase zwei angekündigt
Die bevorstehende WHO-Mission in China wurde im Sommer schon von einem Epidemiologen und einem Tierarzt vorbereitet. Zwischenzeitlich gab es mehrfach virtuelle Treffen. Niemand dürfe erwarten, dass nach dem Aufenthalt im Jänner gleich „schlüssige Ergebnisse“ vorlägen, sagte Leendertz. Er hoffe, dass es aber zumindest einen „konkreten Plan“ für eine zweite Phase geben werde.
Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass Fledermäuse die ursprünglichen Wirte der Coronaviren waren. Ungeklärt ist aber, welches Tier bei der Übertragung auf den Menschen zum Mittler wurde. Leendertz kündigte an, das WHO-Team werde versuchen, auf der Zeitachse nach hinten zu gehen und festzustellen, ob es nicht schon vor Dezember 2019 erste Infektionsfälle gegeben habe. Ein weiterer Forschungsansatz biete sich auf dem Markt von Wuhan, auf dem exotische Tiere lebend verkauft werden.
Hoffnung auf „Heraushalten“ der Politik
Leendertz zeigte sich zuversichtlich, dass die Forscher letztlich herausfinden können, was geschah. Das werde aber „nicht morgen“ sein, sondern eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Einstweilen hoffe er, dass sich die Politik aus den wissenschaftlichen Untersuchungen „so weit wie möglich“ heraushalte, sagte der 48-Jährige angesichts der Kritik des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump, der China der Vertuschung bezichtigt und der WHO vorgeworfen hatte, sie unterwerfe sich zu stark dem Willen der Führung in Peking.