CoV-Impfung in Sevran, Frankreich
Reuters/Thomas Samson
Bulgarien bis Schweden

Europaweiter Startschuss für CoV-Impfung

Eine knappe Woche nach der Zulassung des Pfizer/Biontech-Impfstoffs gegen das Coronavirus durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und dann durch die EU-Kommission haben in zahlreichen Ländern konzertiert am Sonntag bereits die ersten Impfungen mit Freiwilligen stattgefunden. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach deshalb auch von einem „großen Tag für die EU“.

Denn Impfungen seien von den Mitgliedstaaten gemeinsam beschafft worden, und auch der Impfbeginn habe nahezu zeitgleich begonnen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „berührenden Moment der Einigkeit“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete die Impfung als „neue Waffe im Kampf gegen das Virus“.

Die Verteilung der Impfdosen, auf deren Kauf die einzelnen Mitgliedstaaten Anspruch haben, richtet sich nach der Bevölkerungszahl. Nach Einschätzung von Experten ist eine Impfquote von 60 bis 70 Prozent nötig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Die EU hatte den 27. Dezember zum europaweiten „V-Day“ (Vaccine Day, Impftag) erklärt.

Vorbereitungen zur CoV-Impfung in Bad Windsheim, Deutschland
Reuters/Hannibal Hanschke
Vorbereitungen zum Impfstart in einem deutschen Pflegeheim

Unterschiedliche Impfpläne

Zwar sind einige Länder, darunter die Slowakei, Ungarn und Deutschland, bereits am Samstag vorgeprescht, doch der Großteil der Länder hielt sich an den Zeitplan. In Deutschland zeigte sich Gesundheitsminister Jens Spahn selbst überrascht, dass bereits am Samstag in einem Pflegeheim vorab eine 101-jährige Frau als erste Person in Deutschland geimpft worden war.

Jedes Land verfolgt einen eigenen Impfplan. Die meisten wollen zunächst mit den älteren Risikogruppen und Gesundheitspersonal starten, wie etwa Frankreich. In Deutschland entscheiden Bundesländer und Behörden auf Basis einer Verordnung des Gesundheitsministers an Ort und Stelle, wer geimpft wird. Den Beginn machen auch hier Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, sollte aus Sicht des deutschen Innenministers Horst Seehofer keine Sonderrechte bekommen. „Eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften kommt einer Impfpflicht gleich. Ich bin aber gegen einen Impfzwang“, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“.

Impfstoff in Europa angekommen

Von Belgien aus ist der gesamte Kontinent in den vergangenen Tagen beliefert worden, nachdem die Kommission die Zulassung genehmigt hatte. Doch der Impfstoff von Pfizer Biontech ist bereits seit mehreren Wochen verfügbar und wurde auch schon angewendet. Hunderttausende Menschen haben sich außerhalb der EU bereits mit dem Wirkstoff impfen lassen.

„Nichts gespürt“

In einigen Fällen wurden die Impfungen – wie auch in Österreich – live im Fernsehen übertragen. Bisher gab es nur Meldungen, dass alle Personen die Impfung gut vertragen. Eine Panne logistischer Natur gab es in Oberfranken im deutschen Bayern. Der Impfstart musste verschoben werden. Laut Berichten des Bayerischen Rundfunks gab es ein Problem in der Kühlkette während der Auslieferung.

Sie habe „nichts gespürt“, meinte etwa die 96-jährige Pionierin in Spanien, Bewohnerin eines Seniorenheims, und auch eine 91-jährige Bewohnerin eines Pflegeheims, die in Schweden den Anfang bei der Impfkampagne setzte. „Fast wie (Neil) Armstrong, der erste Mann, der auf dem Mond gelaufen ist“, fühlte sich ein 67-jähriger Norweger, der am Sonntag geimpft wurde. Zwar ist Norwegen kein EU-Mitglied, durch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aber eng mit den EU-Partnern verbunden. Entsprechend erfolgt hier auch bei den Impfungen eine enge Kooperation.

Transport von Impfstoffen in Madrid
AP/Paul White
Der Transport des Impfstoffs ist eine logistische Herausforderung

Auch eine in Italien als erste Person geimpfte Krankenschwester sprach von einem „aufregenden, historischen Moment“. Um die Verteilung des Impfstoffs zu unterstützen, werden solarbetriebene Pavillons auf Stadtplätzen im ganzen Land aufgebaut. Mit der Impfung von Ärzten und Pflegern begann man auch in Finnland. Drei Frauen und drei Männer erhielten in der Universitätsklinik Helsinki die Impfung, die Klinikmitarbeiter gehörten der Intensiv- oder Lungenstation an.

Litauen macht Anfang im Baltikum

Als erstes der drei baltischen Länder startete Litauen am Sonntag mit den Impfungen. Im Fokus standen hier Ärzte und Pfleger in den Hauptkrankenhäusern der fünf größten Städte des Landes. Noch im ersten Quartal sollen hier Impfungen beim Gesundheitspersonal sowie in Alters- und Pflegeheimen durchgeführt werden.

„Es ist das beste Weihnachtsgeschenk für medizinisches Personal“, sagte die litauische Regierungschefin Ingrida Simonyte. Auch Polen will in der ersten Phase Beschäftigte im Gesundheitswesen impfen. Hier machte eine Krankenschwester aus Warschau den Anfang. Es sei ihr eine Ehre, ausgewählt worden zu sein.

Auf Impfungen in Pflegeheimen setzt zunächst Dänemark. So war auch die erste geimpfte Person hier ein Bewohner in einem Pflegeheim. Regierungschefin Mette Frederiksen sagte, es gebe nun ein „Licht am Ende des Tunnels nach dem schwierigsten Jahr seit dem Zweiten Weltkrieg“.

Politiker lassen sich selbst impfen

In manchen Ländern setzten Politiker den ersten Schritt. Tschechiens Regierungschef Andrej Babis ließ sich am Sonntag vor laufender Kamera immunisieren. Die breite Öffentlichkeit soll im Jänner folgen. Im Februar will Babis ein Onlinebestellsystem starten. Auch in Griechenland wollten Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou und Regierungschef Kyriakos Mitsotakis unter den Ersten sein.

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis
APA/AFP/Michal Cizek
Tschechiens Premier Babis (re.) war unter den ersten Politikern, die gegen das Coronavirus geimpft wurden

Bulgariens Gesundheitsminister Kostadin Angelow ließ sich als Erster im Land impfen: „Ich kann es nicht erwarten, meinen 70-jährigen Vater zu sehen, ohne dass ich mir Sorgen mache, dass ich ihn anstecken könnte.“ Experten wie die Vakzinologin Ursula Widermann-Schmidt mahnen aber auch beim Kontakt mit Geimpften noch zur Vorsicht. Sichergestellt sei, dass durch die Impfung ein hoher Schutz gegeben sei, nicht zu erkranken. Es laufen aber derzeit noch Studien, ob von geimpften Menschen noch eine Ansteckungsgefahr ausgehe.

Jansa: EU-Reisefreiheit im Februar

In Slowenien macht ein ganzes Altersheim mit 600 Bewohnern und Bewohnerinnen den Anfang der Impfkampagne. Etwa die Hälfte wird geimpft, die andere Hälfte des Heimes hat eine CoV-Infektion bereits hinter sich. Angesichts des Impfstarts sieht der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa das letzte Drittel des Kampfes gegen die Pandemie eingeläutet. Wenn die entsprechenden Ankündigungen bezüglich der Impfstofflieferungen stimmen, werde man „gegen Ende Februar die Maßnahmen lockern können, etwa den Grenzverkehr innerhalb der EU“.