Süßigkeiten an der Kassa eines Geschäfts
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Großbritannien

Verbot für Süßigkeiten an Kassa

In Großbritannien konzentriert sich derzeit eigentlich alles auf die Bekämpfung der CoV-Pandemie und den Brexit. Doch nun wurde ein Plan bekannt, der ebenfalls für Aufsehen sorgen dürfte. Supermärkten soll es verboten werden, die Regale direkt an den Kassen mit Süßem vollzustopfen. Leidgeplagte britische Eltern dürfen sich freuen – sofern der Plan Wirklichkeit wird.

Die Debatte taucht seit Jahren auch hierzulande immer wieder auf: Die Wartezeit bei der Supermarktkassa lässt viele Erwachsene zu den Süßigkeiten, die ganz gezielt dort in kleinen Regalen platziert sind, greifen. Und insbesondere Kinder fordern dort besonders nachdrücklich – und oft besonders erfolgreich – Süßes ein. „Impulskauf“ heißt der Fachbegriff dafür. Dass im Supermarkt nichts dem Zufall überlassen wird und Verhaltenspsychologie alles – von Musik, Gehwegen und Anordnung der Ware in den Regalen – bestimmt, ist seit Langem bekannt.

In Großbritannien, wo das seit Längerem stärker als in Österreich Thema einer öffentlichen Debatte rund über die zunehmende Zahl schwer Übergewichtiger ist, plant die konservative Regierung von Boris Johnson nun offenbar eine staatliche Regulierung.

Beschränkung auch für Mengenrabatte

So soll die Platzierung ungesunder Lebensmittel und Getränke – etwa Softdrinks – an den Kassen verboten werden. Dazu sollen für diese Produkte auch Mengenangebote wie „Kauf zwei, zahl eines“ untersagt werden, berichtete die britische Zeitung „Guardian“ am Montag.

Von Gesundheitsinitiativen wurden die Pläne als „mutiger erster Schritt“ im Kampf gegen Fettleibigkeit gelobt. Das Verbot soll nicht nur an Kassen, sondern auch an anderen besonders verkaufsträchtigen Stellen, wie im Eingangsbereich oder am Ende eines Gangs, gelten. Ähnliche Regeln sollen für den Onlinehandel gelten. Restaurants sollen kein kostenloses Nachfüllen von Softdrinks anbieten.

Weinendes Kind in einem Supermarkt
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Einkaufen im Supermarkt wird angesichts vieler Verlockungen in Augenhöhe der Kinder für diese und ihre Eltern zum Stress

Nicht für alle Geschäfte

Allerdings sollen die Einschränkungen frühestens im April 2022 in Kraft treten – also in mehr als einem Jahr. Und davor ist eine Begutachtung geplant, die etwa Supermarktketten wohl für starke Lobbyarbeit nutzen werden.

Die Werbeauflagen sollen grundsätzlich nur für größere Märkte und Ketten gelten – solche mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und das Verbot, Süßes an der Kassa zu verkaufen, soll nur für Geschäfte mit mehr als 600 Quadratmeter gelten. Ausnahmen soll es hier zudem für auf Süßigkeiten spezialisierte Geschäfte geben. Von den Einschränkungen betroffen sein werden Schokolade und andere Süßigkeiten, Softdrinks, gezuckerte Milch- oder Fruchtsaftgetränke, Kuchen, Pudding, Cerealien, Joghurts, Fertigspeisen und Chips.

Nach Johnsons schwerer CoV-Erkrankung

Die britische Regierung argumentiert, Rabatte auf ungesunde Lebensmittel führten nicht dazu, dass die Menschen sich Geld sparen, sondern dass sie mehr kaufen. Softdrinks am Ende eines Gangs können laut „Guardian“ den Verkauf von Softdrinks um bis zu 50 Prozent steigern.

Johnson hatte nach seiner schweren Covid-Erkrankung Maßnahmen zum Kampf gegen starkes Übergewicht und Fettleibigkeit angekündigt. Johnson zeigte sich damals überzeugt, dass sein schwerer Verlauf der Erkrankung durch sein Übergewicht mitbeeinflusst wurde. Gesundheitsstaatssekretärin Jo Churchill betonte, dass Maßnahmen, die helfen, „dass alle regelmäßig gesünder essen“, entscheidend für die Anhebung des Gesundheitsniveaus seien.

Maßnahme mit großem Effekt

Eine großangelegte mehrjährige britische Untersuchung war bereits 2017 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verkauf von Süßigkeiten um 17 Prozent zurückging, nachdem diese aus dem Kassenbereich verbannt worden waren. Mehrere große Ketten, darunter Tesco und Saisbury’s, hatten sich daran beteiligt, berichtete die Website RetailDetail bereits 2018.

Und eine Untersuchung an 7.500 Britinnen und Briten, die sich auf den Kauf schneller Snacks für zwischendurch konzentrierte, zeigte einen noch viel dramatischeren Effekt: Supermärkte, die diese Snacks aus dem Kassenbereich verbannt hatten, verkauften 76 Prozent weniger Süßigkeiten verglichen mit konventionellen Märkten.

Auch in Österreich ein Problem

Laut „Guardian“ gelten 63 Prozent der Erwachsenen in Großbritannien als übergewichtig oder adipös (fettleibig). Und ein Drittel der Kinder ist nach der Volksschule übergewichtig oder fettleibig. Auch in Österreich werden falsche Ernährung, zu wenig Bewegung und Übergewichtigkeit ein immer größeres Problem. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 sind hierzulande 42 Prozent der Erwachsenen übergewichtig oder adipös – und bis zu 30 Prozent aller Schulkinder.

Die Studie zeigte zugleich Wege auf, wie Übergewicht erfolgreich bekämpft werden kann. Wenn für Kinder etwa gratis Gemüse in der Schule verfügbar sei, seien weniger Kinder übergewichtig, so eine Erkenntnis. Und es zeigte sich, dass an Schulen ohne eigenen Turnsaal mehr Kinder übergewichtig sind.