Hand greift nach Ampulle
APA/AFP/University of Oxford/John Cairns
Nach Biontech/Pfizer-Vakzin

Briten lassen auch AstraZeneca-Impfstoff zu

Großbritannien hat den CoV-Impfstoff der Universität Oxford und des Pharmakonzerns AstraZeneca zugelassen. Die britische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (MHRA) habe dem Vakzin eine Zulassung erteilt, gab das Gesundheitsministerium in London Mittwochfrüh bekannt. Damit steht nach dem Biontech/Pfizer-Vakzin in dem Land ein weiteres Präparat zum Impfen bereit.

Großbritannien ist damit das weltweit erste Land, das den Oxford-Impfstoff zugelassen hat. Die behördliche Bestätigung ist ein willkommener Schub für AstraZeneca und das Oxford-Team, denen mangelnde Klarheit über die Ergebnisse von Studien im Spätstadium vorgeworfen wurde. Gegenüber dem Biontech/Pfizer-Vakzin hat es aber einen Vorteil: Es kann bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden und ist günstiger.

In Großbritannien sollen bereits am 4. Jänner die ersten Impfungen stattfinden, wie Gesundheitsminister Matt Hancock mitteilte. Es sei „brillant, das Jahr 2020 mit einem solchen Moment der Hoffnung zu beenden“, so Hancock. Es sollen zwei Dosen im Abstand von vier bis zwölf Wochen pro Person verabreicht werden. Es gebe bereits nach einer ersten Impfung Schutz, so Hancock. Mit Großbritannien gibt es einen Vertrag über die Lieferung von bis zu 100 Millionen Dosen im ersten Quartal 2021. Schon in der kommenden Woche sollen laut Hancock mehr als eine halbe Million Dosen zur Verfügung stehen.

Britischer Premierminister Boris Johnson hält eine Ampulle der Oxford/AstraZeneca Impfung in der Hand
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Der britische Premier Boris Johnson begutachtet eine Phiole mit dem AstraZeneca-Wirkstoff. Das Bild stammt von Ende November.

EU-Zulassung wohl erst im Februar

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hält dagegen eine Zulassung des CoV-Impfstoffs von AstraZeneca in der EU schon im Jänner für unwahrscheinlich. Entsprechendes war zuletzt seitens der Bundesregierung zu vernehmen: „Wir sind von Anfang an von einer Zulassung im Februar 2021 ausgegangen“, sagte dazu Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Dienstag gegenüber der APA.

Entsprechend habe man auch die nationale Impfstrategie ausgerichtet, so Anschober. AstraZeneca kommt (in Österreich, Anm.) als Impfstoff spätestens ab dem 2. Quartal 2021 zum Einsatz", so der Ressortchef. In dieser Phase solle der Impfstoff wie angekündigt für die breite Bevölkerung in Österreich ausgerollt werden. Der stellvertretende EMA-Direktor Noel Wathion hatte zuvor am Dienstag erklärt, AstraZeneca habe „noch nicht einmal einen Antrag bei uns gestellt“.

Am Mittwoch forderte die EMA von AstraZeneca zusätzliche Informationen. Das letzte Paket zu klinischen Daten habe die Behörde am 21. Dezember erhalten und werde aktuell bewertet, erklärte die Behörde. Für eine bedingte Zulassung des Impfstoffs in der EU seien weitere Informationen zu dessen Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit nötig.

Kurz hofft auf rasche Zulassung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich in einer ersten Reaktion auf die Zulassung in Großbritannien erfreut. „Ich möchte dem Vereinigten Königreich zur Zulassung eines weiteren Impfstoffs (…) gratulieren. Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Pandemie. Ich hoffe nun auf eine rasche Zulassung in der EU unter Einhaltung aller wissenschaftlichen Standards“, sagte Kurz in einer Stellungnahme an die APA.

Auch für Österreich gelte: „Je mehr Impfstoffe wir zur Verfügung haben, desto schneller kommen wir aus der Krise, desto weniger Menschen sterben und desto weniger Arbeitsplätze werden vernichtet“, so Kurz. Für die EU sind laut Kurz insgesamt 400 Mio. AstraZeneca-Dosen vorgesehen. 300 Mio. Dosen wurden bereits bestellt, eine Option für weitere 100 Mio. Dosen sind geplant. Österreich würde aufgrund seiner Bevölkerungszahl zwei Prozent von den Kontingenten erhalten, das bedeutet sechs bis acht Mio. Dosen.

Mitarbeiterin in einem Forschungslabor
APA/AFP/University of Oxford/John Cairns
Ein Labor der Oxford-Universität – zusammen mit Pharmakonzern AstraZeneca wurde der nun zugelassene Impfstoff entwickelt

Spezielle Dosierung könnte Wirksamkeit steigern

Das Vakzin soll nach den ersten Studiendaten im Mittel einen 70-prozentigen Schutz vor Covid-19 bieten. Bei spezieller Dosierung könnte die Wirksamkeit dem Konzern zufolge womöglich noch deutlich höher liegen. Zeitweise waren Zweifel am Studiendesign und der hohen Wirksamkeit des Impfstoffs aufgekommen. Der schwedisch-britische Konzern hatte daher zusätzliche Untersuchungen durchgeführt.

Anders als das Biontech/Pfizer-Vakzin sowie jenes der US-Firma Moderna gehört das britisch-schwedische Präparat nicht zu den mRNA-Impfstoffen. Der eingesetzte Wirkstoff AZD1222 beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen. Es enthält genetisches Material eines Oberflächenproteins, mit dem der Erreger SARS-CoV-2 an menschliche Zellen andockt. Das Mittel wirkt zweifach: Es soll sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen fördern – beide sind für die Immunabwehr wichtig.

Großbritannien ist mit seinen 66 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern eines der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder in Europa. Beinahe 80.000 Menschen sind dort bereits mit oder an Covid-19 gestorben. Die Zahl der Neuinfektionen nahm zuletzt drastisch zu. Am Dienstag wurden 53.000 neue Fälle gemeldet.