Militär in Afghanistan
Reuters/Mustafa Andalib
Ausblick

Krisenherde abseits der Pandemie

Die CoV-Pandemie wird die Welt ohne Zweifel auch im neuen Jahr beschäftigen. Daneben existieren aber noch weitere Krisenherde, mit teils auch weitreichenden Folgen für die Weltgemeinschaft. Die International Crisis Group (ICG), eine Organisation für Konfliktlösung und Friedensstiftung, nannte zur Jahresbeginn zehn Konflikte, die es zu beobachten gelte.

An erster Stelle sieht die Organisation Afghanistan mit seinem Versuch, mit den einst herrschenden islamistisch-militanten Taliban Frieden zu schließen. Im Golfstaat Katar laufen seit dem 12. September Friedensgespräche der afghanischen Regierung mit den Taliban. Zuletzt hatten beide Seiten Fortschritte gemeldet. Trotzdem geht der Konflikt unvermindert weiter. Eine Waffenruhe lehnen die Taliban ab. Nach einer Pause sollen die Gespräche am 5. Jänner weitergehen.

Ende Februar hatten die Taliban ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, das einen schrittweisen Abzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan vorsieht. Die Friedensverhandlungen sind das wichtigste Zugeständnis, das die USA den Taliban abringen konnten. Im Gegenzug verpflichteten sich die Islamisten, Verbindungen zu Terroristen wie dem Al-Kaida-Netzwerk zu beenden.

Lage in Tigray-Region weiter kritisch

An zweiter Stelle nennt die ICG den jüngst ausgebrochenen Konflikt in der Tigray-Region Äthiopiens, wo Frieden nur mit einem Dialog zur Überwindung ethnischer Spannungen erreicht werden könne. Äthiopien hatte die im August geplanten Wahlen wegen des Coronavirus auf Juni 2021 verschoben. Die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF akzeptierte die Verschiebung aber nicht und hielt im September eigene Regionalwahlen ab.

Mann steht vor seinem zerstörten Haus in der Tigray-Region
APA/AFP/Eduardo Soteras
Ganze Dörfer wurden in Tigray zerstört

Weltweit im Einsatz

Die ICG ist ein Thinktank mit Sitz in Brüssel. Die NGO berät unter anderem auch die UNO und die EU und ist nach eigenen Angaben weltweit im Einsatz.

Der äthiopische Regierungschef und Friedensnobelpreisträger von 2019, Abiy Ahmed, stufte die Wahl als „illegal“ ein. Im November startete er eine militärische Offensive gegen die Region, bei der Tausende Menschen starben. Mehr als 50.000 Menschen flohen in den benachbarten Sudan.

Auf die Flucht machten sich auch Hunderttausende Menschen in der Sahel-Region südlich der Sahara. Dschihadisten hätten die ethnischen Spannungen genutzt, um sich in Mali, Niger und Burkina Faso auszubreiten, so die ICG. Die NGO führt die Region deshalb an dritter Stelle ihrer Liste der gefährlichen Konflikte.

Von Venezuela bis Jemen

Auf Platz vier führt die Organisation Venezuela an. Das Land brauche angesichts des wirtschaftlichen Zerfalls dringend einen gut organisierten Machtwechsel. Auch in Libyen sieht die NGO Hürden auf dem Weg zum angestrebten Frieden. Ausländische Kräfte würden den Bürgerkrieg im Land weiter befeuern.

In Somalia stiegen nach einem jahrelangen Kampf gegen die islamistische Al-Schabab-Miliz regionale Spannungen, geplante Wahlen könnten Konflikte schüren. Im Jemen sei ein neuer Anlauf für Friedensgespräche zwischen der Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi und Separatisten vom Südlichen Übergangsrat (STC) und den Huthi-Rebellen nötig, die das Land 2014 überrannt hatten.

Iran-Konflikt harrt einer Lösung

An achter Stelle nennt die ICG den Konflikt zwischen den USA und dem Iran. Der Sanktionsdruck der USA sei gescheitert, der Iran horte Atommaterial und habe sein Raketenprogramm verbessert. Die Organisation ruft den nächsten US-Präsidenten Joe Biden auf, dem Wiener Atomabkommen von 2015 zwischen dem Iran und den fünf UNO-Vetomächten sowie Deutschland wieder beizutreten.

Irans Präsident Hassan Rouhani
Reuters/Official Presidential website
Der iranische Präsident Hassan Rouhani hofft, dass Biden sowohl zum Wiener Atomabkommen von 2015 zurückkehren als auch die Sanktionen aufheben wird

Neben mehreren Konfliktregionen führt die Organisation auf der Liste die USA, Russland und die Türkei als wichtige Player auf. Russland und die Türkei stünden in vielen Konflikten auf gegnerischen Seiten, etwa in Libyen und Syrien, oder kämpften gegeneinander um Einfluss, etwa im Kaukasus. Bisher hätten sie sich immer noch verständigt, aber ein größerer Streit könne viele Konflikte verschärfen.

Zuletzt nennt die ICG den Klimawandel, der Konflikte verschärfe. Reiche Länder müssten die versprochenen 100 Milliarden Dollar (81,49 Mrd. Euro) aufbringen, um besonders betroffenen Ländern zu helfen.