Bild zeigt Aufnahme des Coronavirus mit einem Elektronenmikroskop.
AP/NIAID-RML
„Zeitfenster nutzen“

Warten auf Mutation in Österreich

Die neue Variante des Coronavirus wird sich wohl früher oder später auch in Österreich verbreiten. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte am Freitag an, das Zeitfenster bis zu einer größeren Ausbreitung nutzen wollen. Die Kontrolle in Österreich soll durch mehr Sequenzierungen sowie rigorosere Einschränkungen bei der Einreise aus Großbritannien und Südafrika erfolgen. Ziel sei, die Ausbreitung des neuen Stammes möglichst hinauszuzögern.

Anfang der Woche war bekanntgegeben worden, dass vier Fälle der britischen und einer der südafrikanischen Mutation in Österreich nachgewiesen worden waren, und zwar bereits im Dezember. Die Proben waren jeweils auf dem Flughafen Schwechat genommen worden. Den Infizierten wurde umgehend die Quarantäne verordnet.

Virologin Monika Redlberger-Fritz gab an, dass die SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 dahingehend nicht überraschend sei, dass es im Frühjahr schon einmal eine Variante gab, die sich durchsetzte. „Jedoch hat diese 23 Mutationen, von denen acht im Oberflächenprotein sind“, führte die Expertin aus. Und das betreffe Schlüsselpositionen wie die Rezeptorbindungsstelle, wodurch mehr Virus produziert werde – und das führe zu einer um 56 Prozent höheren Infektiosität.

Mutationen immer möglich

Ebenso wurden Teile des Virus herausgelöst, jedoch führte das glücklicherweise nicht dazu, dass die Impfungen betroffen sind. Nachdem sich das Virus ständig ändert, könne das in Zukunft aber passieren, warnte Redlberger-Fritz. Dass bei der Mutation mehr Kinder betroffen sind, habe sich nicht bestätigt. Darauf verwies am Freitag auch Volker Strenger von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ).

Die Pathogenität der Mutation sei zudem gleichbleibend, trotzdem werde die Infektiosität auch zu mehr Superspreadern führen. Maske, Abstand und soziale Kontakte zu minimieren seien auch im Angesicht der neuen Variante die wichtigsten Mittel. Neben der britischen Variante gibt es noch die Variante aus Südafrika, auch hier wurde eine leichtere Übertragbarkeit festgestellt.

Mehr Sequenzierungen bald möglich

Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) unterstrich den Umstand, dass Mutationen nur durch Sequenzierungen registriert werden können, das „Spezielle“ bei der englischen und südafrikanischen Variante sei das Vorhandensein von vielen gleichzeitigen Mutationen.

Sequenzierung

Unter Sequenzierung versteht man eine Analysemethode, durch die Veränderungen im Bauplan des Virus entdeckt werden können.

„Das werden wahrscheinlich nicht die einzigen Varianten sein, die weltweit unterwegs sind“, in Ländern, wo wenig sequenziert wird, würden Mutationen nämlich nicht so leicht festgestellt wie etwa in Großbritannien und Dänemark.

Österreich sei im Bereich der Sequenzierung noch im Mittelfeld, jedoch werde diese Position nun ausgebaut. Bisher habe man 550 Sequenzierungen vorgenommen. Ausgebaut werden soll auch die Untersuchung von Abwasser. Man könnte Proben aus allen heimischen Kläranlagen nach Virusgenomen untersuchen.

Pfizer: Impfstoff wirkt auch bei Mutationen

Vom US-Pharmakonzern Pfizer hieß es indes, dass der gemeinsam mit Biontech hergestellte Impfstoff laut einer vom US-Arzneimittelhersteller durchgeführten Studie gegen die in Großbritannien und Südafrika entdeckten Virusvarianten wirke. „Wir haben jetzt 16 verschiedene Mutationen getestet, von denen keine wirklich signifikante Auswirkungen hatte. Das sind die guten Nachrichten“, sagte einer der führenden Wissenschaftler für virale Impfstoffe bei Pfizer. „Das heißt aber nicht, dass die 17. keine Auswirkungen haben wird.“

Es wurden die Antikörper im Blut von 20 geimpften Menschen untersucht, wie aus der noch nicht in einem Fachjournal veröffentlichten und von unabhängigen Experten geprüften Studie von Pfizer und der medizinischen Abteilung der University of Texas in Galveston hervorgeht. Laut den Ergebnissen erreicht der Impfstoff bei den abgewandelten Formen wahrscheinlich ebenfalls eine Wirksamkeit von um die 95 Prozent.

Für Aufsehen sorgten Aussagen aus der britischen Regierung: Verkehrsminister Grant Shapps sprach am Freitag von einer „sehr großen Besorgnis unter den Wissenschaftlern“. „Die südafrikanische Variante beunruhigt die Experten, weil es sein könnte, dass der Impfstoff darauf nicht in gleicher Weise anspricht oder in gleicher Weise funktioniert“, sagte er dem Radiosender LBC.