Medizinisches Personal bereitet Covid-Impfungen vor
AP/Bob Edme
CoV-Impfung

Bundesländer entscheiden über Wo und Wie

Angesichts der Pandemieentwicklung gilt derzeit alle Aufmerksamkeit der Umsetzung einer Impfstrategie. Zuletzt hatte es von mehreren Seiten Kritik an einem zu langsamen Vorgehen gegeben. Bund und Länder stimmten nun ihre seit November in Planung befindliche Strategie weiter ab. Das Prinzip der dezentralen Organisierung wurde dabei bestätigt: Die Länder sind für das Verimpfen an Ort und Stelle zuständig. Die eigentliche Herausforderung liegt aber woanders.

Davor hatten sich einige Landeshauptleute über die „sinnlose Zentralbürokratie“ in Wien beschwert und darüber, dass sie keine Übersicht über die Impfungen in ihren Ländern hätten. Bisher war es so, dass Pflegeeinrichtungen und Spitalsträger Impfstoffe direkt bei der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) bestellt haben.

Die Bundesländer wussten dadurch nicht, „wer bereits bestellt hat und wie viel Impfstoff noch verfügbar ist“, kritisierte etwa der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). „Wie viele sich gestern gemeldet haben, erfahren wir heute von der Bundesbeschaffung. Da sind wir oft mit verschiedenen Zahlen konfrontiert“, ergänzte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

Weitere Klärung der Aufgabenteilung

Ab jetzt laufen die Bestellungen bei den Ländern zusammen und werden auch durch sie verteilt. Aus Sicht des Gesundheitsministeriums ändert sich eigentlich nichts. Die bisherige Strategie werde damit im Wesentlichen bestätigt, hieß es auf Nachfrage gegenüber ORF.at. Die Impfkoordinatoren der Länder sollen nun eine „wichtige Bindegliedfunktion“ übernehmen, indem sie einen Überblick über die getätigten und verfügbaren Bestellungen in ihrem jeweiligen Land haben.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte: „Seit November sind die Impfkoordinatoren der Länder intensiv eingebunden. Bei der heutigen LH-Konferenz wurde die Form der Zusammenarbeit präzisiert.“ Für die Anschaffung der Vakzine bleibt weiter der Bund zuständig, er definiert auch die Mengenkontingente und die Impfstrategie und organisiert den Transport. Die Bundesländer übernehmen ähnlich wie bei den Massentests die Koordinierung der Impfungen an Ort und Stelle.

Schützenhöfer betont ebenfalls gemeinsames Ziel

„Unser aller Ziel ist es, dass die Impfungen schnellstmöglich bei jenen ankommen, die sie dringend brauchen. Bund und Länder sind bestrebt, so rasch wie möglich zu impfen und nichts in Lagern liegen zu lassen. Als Bundesländer nehmen wir gerne die Koordinierung der Impfdosen, die wir bekommen, in die Hand“, so der steirische Landeshauptmann und Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz Schützenhöfer.

Die eigentliche Herausforderung

De facto gibt es derzeit ohnehin ein ganz anderes Problem: Es gibt nicht genügend Impfstoff, um größere Teile der Bevölkerung rasch zu impfen bzw. die Empfehlungen des nationalen Impfgremiums rasch umzusetzen. Laut dem Impfplan sollen in den ersten fünf Phasen zunächst die über 60-Jährigen (nach absteigender Reihenfolge mit den über 80-Jährigen beginnend) geimpft werden.

Das sind insgesamt 2.259.262 Menschen, das wären damit 4.518.524 Impfdosen. Darin sind andere Risikogruppen noch nicht inkludiert. Fürs erste Quartal werden laut Gesundheitsministerium rund 1,1 Millionen Impfdosen (Pfizer und Moderna) zur Verfügung stehen. Damit bleibt die Hoffnung auf weitere Impfstoffe – als Nächstes dürfte jener von AstraZeneca die Zulassung erhalten. Unklar ist, wie rasch und wie viele Impfdosen davon Österreich erhalten wird.

Kaiser: Geht um „Effizienzsteigerung“

Die Bundesländer zeigten sich durchwegs mit dem von ihnen mit beschlossenen Vorgehen zufrieden. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte nach der Konferenz, dass es um eine „Effizienzsteigerung“ bei der Verteilung gegangen sei. Die Länder seien weiterhin dem Impfplan des Bundes verpflichtet. „Aber wie man vor Ort damit umgeht, wo die größte Effizienz ist, bleibt jenen vor Ort überlassen.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte, man habe vereinbart, „dass die Beschleunigung der Impfstrategie weiter intensiviert wird“. Hier zähle jeder Tag. „Komplizierte Prozesse, unnötige Lagerung und Bürokratie“ dürften dem nicht im Weg stehen. Und einmal mehr betonte Kurz: „Es ist jetzt wichtig, dass ältere Personen über 80 und vulnerable Gruppen rasch Zugang zur Impfung bekommen.“

Ludwig: Auch Zweitimpfung mitbedenken

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte nach der Unterredung, dass er die Position Vorarlbergs und Tirols – wonach die Koordination bei den Ländern liegen solle – unterstützt habe. Wien, so betonte er in einer Stellungnahme, setze das bereits um. Man habe damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht.

Weiters habe er darauf hingewiesen, dass auch die Zweitimpfung bei der Strategie stets mitgeplant werden müsse. Ludwig sprach sich zudem dafür aus, bei der Impfung von Berufsgruppen auch die Sozialpartner bei der Erstellung des entsprechenden Konzeptes mit einzubeziehen.

Nach Kritik: Neuer Kurs bei Impfstrategie

Nach der Debatte über den schleppenden Impfstart in Österreich werden die Bundesländer künftig für die Coronavirus-Impfungen verantwortlich sein. Die Idee von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass auch jene Über-80-Jährigen, die zuhause leben, priorisiert geimpft werden sollen, stößt in der Praxis an Grenzen.

Mikl-Leitner: „Gut aufgestellt“

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bekräftigte ebenfalls, dass ihr Land auf die anstehenden Impfungen vorbereitet sei. „Wir haben uns in Niederösterreich in den vergangenen Monaten intensiv vorbereitet und sind organisatorisch und strukturell sehr gut aufgestellt“, so Mikl-Leitner (ÖVP). „Jetzt geht es darum, alle Impfdosen, die wir abrufen können, ohne jede Verzögerung zu verimpfen.“

Burgenland braucht das Heer für Impfungen

Das Burgenland meldete als einziges Land unterdessen Unterstützungsbedarf durch das Bundesheer an. Laut der burgenländischen Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) brauche es die Unterstützung des Heeres sowohl für die Massentests als auch bei den Impfungen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kündigte in einer Aussendung an, „dass sich das Bundesheer mit seiner Logistikexpertise an der Planung und Umsetzung beteiligt und alles tun wird, um die Impfprozesse zu beschleunigen“.

NEOS sieht „völliges Chaos“

Kritik kam von der Opposition. NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker ortete ein „völliges Chaos, das Kanzler Kurz und Minister Anschober angerichtet haben“. Jetzt sei nur zu hoffen, „dass der Wettbewerb zwischen den Bundesländern, wer schneller alle durchimpft, dazu führt, dass wirklich mehr Tempo an den Tag gelegt wird“, so Loacker.