Die wissenschaftliche Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums Ursula Wiedermann-Schmidt
APA/Georg Hochmuth
Unwahrheiten vorbeugen

Experten präsentieren Impfkampagne

Mit medizinischen Expertinnen und Experten hat das Rote Kreuz am Montag seine Impfkampagne vorgestellt, die von der Bundesregierung unterstützt wird. Dabei steht Aufklärung an oberster Stelle. Weil derzeit viele Österreicherinnen und Österreicher noch nicht wissen, ob sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen wollen, gelte es insbesondere den Fehlmeldungen und Unwahrheiten entgegenzutreten, so Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende der Impfkommission.

Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, breit und objektiv über die Vorteile der Coronavirus-Schutzimpfung zu informieren. Möglichst alle Menschen in Österreich sollen sich impfen lassen, so das ambitionierte Vorhaben der Expertinnen und Experten. Neben Wiedermann-Schmidt gehören der Initiative „Österreich impft“ Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien, Reingard Glehr, Allgemeinmedizinerin mit Hausarztpraxis, Herwig Kollaritsch, Mitglied im nationalen Impfgremium, und Eva Höltl, Leiterin des wissenschaftlichen Beirats der österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, an.

„Die Risikofaktoren stehen in keinem Verhältnis zur Erkrankung. Wir können uns freuen, dass es eine Impfung gibt“, sagte Wiedermann-Schmidt weiter und räumte mit falschen Behauptungen zur CoV-Impfung auf, etwa, damit, dass die Impfstoffe von Biontech und Pfizer, Moderna und AstraZeneca zu schnell zugelassen und nicht ordentlich geprüft worden seien. „Die Technologie (der Impfung, Anm.) ist nicht neu. Es gibt seit Jahren Impfstoffplattformen, die die Entwicklungsphase verkürzen, man hat bei der Entwicklung der Schutzimpfung nicht bei null begonnen“, so die Medizinerin.

„Es wurde nicht gehudelt“

Beispiellos etwa sei gewesen, dass es bei der Impfstoffentwicklung zu einem enorm hohen Einsatz von personellen und finanziellen Ressourcen gekommen sei. „Fehl- und Leerläufe wurden vermieden“, sagte Wiedermann-Schmidt. „Aber es wurde nicht gehudelt.“ Alle Qualitätsstandards seien eingehalten worden, alle üblichen Verfahren der Impfstoffzulassung hätten stattgefunden – anders als in Großbritannien beispielsweise, das den CoV-Impstoff mittels Notzulassung durch sämtliche Instanzen gebracht hatte. Die Ärztin rät Menschen, die Zweifel haben, „das Gespräch mit dem Hausarzt zu führen“.

Allgemeinmedizinerin Reingard Glehr, Tropenmediziner Herwig Kollaritsch, wissenschaftliche Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums Ursula Wiedermann-Schmidt, MedUni Wien-Rektor Markus Müller und Arbeitsmedizinerin Eva Höltl
APA/Georg Hochmuth
Die Sprecherinnen und Sprecher der Initiative (v. l. n. r): Allgemeinmedizinerin Reingard Glehr, Tropenmediziner Herwig Kollaritsch, die wissenschaftliche Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums, Ursula Wiedermann-Schmidt, MedUni-Wien-Rektor Markus Müller und Arbeitsmedizinerin Eva Höltl

Besorgt zeigte sich Müller, Rektor der MedUni Wien. „Derzeit ist ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung bereit, sich impfen zu lassen“, so der Mediziner. Ein Viertel sei ablehnend bis skeptisch. Die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger sei noch unentschlossen. Dort gelte es anzusetzen. Der Skepsis, so Müller, könne man nämlich nur mit sachlicher und intensiver Information begegnen.

„Impfungen sind Opfer ihres Erfolges“

Tropenmediziner Kollaritsch versuchte sich an einer historisch-soziologischen Erklärung: „Impfungen sind Opfer ihres Erfolges. Es fehlt uns der Bezug zum Leiden.“ Soll heißen: Schwere Krankheiten wie Pocken, Diphterie und Kinderlähmung seien völlig aus dem Alltag und aus dem Bewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher verschwunden – glücklicherweise, da es Impfungen dagegen gibt. Damit erkläre sich die skeptische Haltung der Bevölkerung, die sich aber, so wie auch alle anderen Expertinnen und Experten betonten, ändern könne, so Kollaritsch.

Kampagne „Österreich impft“ startet

Am Montag startetete eine Informationskampagne österreichischer Ärztinnen und Ärzte zum Coronavirus-Impfstoff. Die Medizinerinnen und Mediziner wollen Falschmeldungen und Unwahrheiten über die Impfung entgegentreten.

Als Vergleiche herangezogen wurden Zahlen der normalen Grippeimpfung: Bei dieser muss man laut Experten 2.000 Menschen impfen, um die Erkrankung einer einzigen Person zu verhindern. Bei der Impfung gegen das Coronavirus reicht laut Statistik jedoch bereits die Impfung von fünf Personen.

Weiters lasse sich den Expertinnen und Experten zufolge, die in der Kampagne offiziell als Sprecherinnen und Sprecher fungieren sollen, mit 450 geimpften Personen ein CoV-Toter vermeiden. Das zeige, „wie ungeheuer hoch der Nutzen der Corona-Impfung ausfällt“, sagte Kollaritsch. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir jetzt in der Situation sind, dem Virus die Stirn bieten zu können“, ergänzte Wiedermann-Schmidt.

Experten wollen Sorgen der Bevölkerung abwehren

Einige Österreicherinnen und Österreicher machen sich Sorgen bezüglich möglicher Impfschäden durch den Coronavirus-Impfstoff. Kollaritsch dazu: „Jede Impfung, die in Österreich verimpft wird, ist sicher und wirksam.“ Der reale Nutzen einer zugelassenen und vielfach geprüften Impfung stehe in keinem Verhältnis zu fiktiven oder theoretisch möglichen Komplikationen.

Arbeitsmedizinerin Höltl betonte ebenso, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen sollen. „Für uns alle wird es erst dann vorbei sein, wenn wir viele sind“, bekräftigte sie und betonte überdies die Sicherheit der CoV-Impfung. „Wir wenden uns ganz besonders an die sehr große Gruppe, die die Entscheidung noch nicht getroffen hat“, wiederholte Höltl. Nun gehe es darum, die Menschen umfassend und verständlich zu informieren. „Gut informierte Menschen treffen fundierte Entscheidungen“, sagte Höltl.

Mit einiger Verzögerung war die Coronavirus-Impfung in Österreich angelaufen. Das Gesundheitsministerium vermeldete am Montag, 30.000 Menschen in Österreich seien bisher geimpft worden. Weitere 34.535 Dosen wurden zur Verimpfung ausgeliefert. Die Medienkampagne zum Impfen soll am Dienstag anlaufen.