Gebetsfeier im Parlament kostete mehr als 10.000 Euro

Die Gebetsfeier, die am 8. Dezember 2020 im Parlament stattfand, hat mehr als 10.000 Euro gekostet. Das geht aus zwei Anfragenbeantwortungen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hervor, die ORF.at vorliegen. Die Anfragen stellte der stellvertretende NEOS-Klubchef, Nikolaus Scherak.

Für die Veranstaltung wurde neben dem Personal der Parlamentsdirektion auch auf externe Dienstleister zurückgegriffen. Die Kosten dafür beliefen sich auf 10.352,84 Euro. Davon entfielen 5.796 Euro auf die Produktion der Zuspieler, Herstellung des Livestreams sowie die Distribution des Streams, 336 Euro auf Fotodienstleistungen und 4.220,84 auf die Sicherheit wie etwa Zutrittskontrollen.

Zusatzkosten wegen Feiertags

Hinzu kommen die Kosten der 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, die in die Vor- und Nachbereitungen sowie bei der Umsetzung der Veranstaltung involviert waren. Da die Gebetsfeier am 8. Dezember stattfand, fielen „zusätzliche Kosten für den Feiertagszuschlag an“. Der Stundenaufwand aller 22 Personen betrug 157 Stunden, wobei alleine für die Vorbereitung 83,5 Stunden anfielen.

NEOS-Mandatar Scherak übt gegenüber ORF.at scharfe Kritik. „Ich bin fassungslos, dass der Präsident des Nationalrates mehr als 10.000 Euro Steuergeld für einen Gebetsabend im Parlament verschwendet. Die Kosten für die Parlamentsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die wegen dieses dermaßen fragwürdigen Events an einem Feiertag arbeiten mussten, sind da noch gar nicht eingerechnet“, sagt er.

Das Parlament sei keine Kirche, und dementsprechend hat das Parlament auch weder Gebetsabende zu veranstalten noch zu finanzieren. Scherak: „In einem säkularen Staat sollte so etwas eigentlich undenkbar sein.“

Kosten wegen Weitergabe an HOME Church TV

Die Gebetsfeier wurde via Livestream des Parlaments öffentlich übertragen. Veranstaltungen des Hohen Hauses seien laut der Anfragebeantwortung „grundsätzlich im Bedarfsfall“ vorgesehen. Coronavirusbedingt habe keine Präsenzveranstaltung stattfinden können. Sobotka wies darauf hin, dass er als Präsident des Nationalrats die Möglichkeit habe, „innerhalb meines Verantwortungsbereiches individuelle Veranstaltungskonzepte umzusetzen“.

Der Stream der Gebetsfeier sei an „interessierte Medien“ übermittelt worden. Darunter war auch der YouTube-Kanal der als konservativ geltenden Loretto-Gemeinschaft. „Bei der Weitergabe des Streams an den YouTube-Kanal von HOME Church TV entstanden Kosten von € 200,00 netto“, heißt es in der Anfragebeantwortung.

Rückkehr zum Gebetsfrühstück

Sobotka kündigte in der Anfragebeantwortung auch an, dass in diesem Jahr angedacht ist, zum bisherigen Format des Parlamentarischen Gebetsfrühstücks zurückzukehren. Das Gebetsfrühstück wurde erstmals 2017 abgehalten. Dass die Gebetsfeier im Parlament stattgefunden hat, sorgte für Kritik. Der Verfassungsexperte Heinz Mayer bezeichnete die Veranstaltung als „deplatziert“.

Sobotka verwies in der Anfragebeantwortung darauf, dass er als Nationalratspräsident „dem Wunsch interessierter MandatarInnen entsprechend“ gemeinsam mit der damaligen Präsidentin des Bundesrates Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) zur Feier eingeladen habe. Teilgenommen hatten Abgeordnete von ÖVP und FPÖ. Vertreter von SPÖ, NEOS und Grünen, die zunächst zugesagt hatten, sprangen im Vorfeld und nach Kritik in Sozialen Netzwerken wieder ab.

Parlament „als Ort des Diskurses“

Auf die Frage, ob es objektive Kriterien für Abhaltung von Veranstaltung gebe, antwortete der Nationalratspräsident, laut „den geltenden Veranstaltungsrichtlinien der Parlamentsdirektion können NR- oder BR-Präsidentinnen sowie die Parlamentsdirektion in den Räumlichkeiten des Parlaments Veranstaltungen abhalten“.

Grundsätzlich stünden Veranstaltungen im inhaltlichen Bezug zu im Parlament verhandelten Themen. Zudem sollten sie das Parlament „als Ort des politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Diskurses“ positionieren.