Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der ORF-Sendung Report
ORF
Mutation, Schule, Lockdown

Entscheidungen „in den nächsten Tagen“

Wie es nach dem 24. Jänner weitergeht und ob nächste Woche der Präsenzunterricht wieder aufgenommen wird, das wird unter anderem von der britischen Virusvariante abhängen. Das sagte am Dienstag Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im ORF-„Report“. Die derzeitigen Verdachtsfälle in Österreich müssten erst geprüft werden. Anschober stellte auch das neue Impf-Dashboard vor.

Am Dienstag wurde aus drei Bundesländern der Verdacht gemeldet, die britische CoV-Mutation könnte aufgetaucht sein. Sie gilt als deutlich ansteckender als der bisher verbreitete Stamm. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) identifizierte die Variante, nun muss eine genaue Prüfung durch eine Sequenzierung, also die Untersuchung des Erbmaterials des Erregers, erfolgen. Das dürfte noch mehrere Tage dauern.

In Wien trat der Verdacht in einem Senioren- und Pflegewohnheim auf. Hier wurden nach den Feiertagen 42 Personen positiv getestet – mehr dazu in wien.ORF.at. In der Tiroler Gemeinde Jochberg lag in 17 Fällen der konkrete Verdacht auf die in Großbritannien aufgetretene Variante B.1.1.7. vor – mehr dazu in tirol.ORF.at. Am Abend wurde auch aus dem Burgenland gemeldet, dass es sich bei drei Fällen um die mutierte Variante handeln könnte. Die Erstprüfung der AGES ergab drei mögliche Fälle ohne erkennbare Verbindung – mehr dazu in burgenland.ORF.at

Alle Jochberger sollen getestet werden

Anschober sagte im „Report“, dass nun „seriös geprüft werden“ müsse, ob der Verdacht, es handle sich um die Mutation, real sei. Mit dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) habe er die Testung aller Jochberger in die Wege geleitet. Die ersten einhundert Ergebnisse seien schon da, alle seien negativ. Die Tests erfolgen freiwillig, die Beteiligung sei „sehr, sehr gut“, so Anschober.

Gesundheitsminister Anschober: Tests zu Mutation laufen

Zu Gast im „Report“-Studio ist Gesundheitsminister Anschober: Im Laufe der Woche soll entschieden werden, wie es mit dem Lockdown sowie den Schulen weitergeht.

Antworten „so schnell wie möglich“

Ob die britische Variante in Österreich zu einem großen Risiko wird, davon wird laut Anschober auch das weitere Vorgehen abhängen. Man habe schon den Plan für die Zeit nach dem Lockdown „praktisch fixiert“ gehabt, nun aber ändere sich die Situation in ganz Europa „drastisch“, so Anschober. Als Beispiel nannte er Irland, dessen Infektionszahlen vor wenigen Wochen noch niedrig gewesen seien. Nun habe das Land einen Negativrekord in Europa.

Fragen zur Dauer des aktuellen Lockdowns und zu den Schulöffnungen sowie Gastronomie und Handel könnten erst beantwortet werden, wenn man das Risiko durch B.1.1.7. einschätzen könne. Die Bundesregierung werde gemeinsam mit Wissenschaftern die Lage analysieren. Antworten gebe es „so schnell wie möglich“ in den nächsten Tagen. Es sei „völlig verantwortungslos, angesichts der Tatsache, dass es möglicherweise auch bei uns zu einer Ausbreitung kommt, sehenden Auges bei alten Plänen zu verharren“, so Anschober.

Man befinde sich in der schwersten Pandemie seit einhundert Jahren und womöglich jetzt erst vor der schwersten Phase. „Ich glaube, das ist die schwierigste Phase in dieser Pandemie in den nächsten Wochen bis Ostern“, sagte Anschober.

Virologe Bergthaler zur Virusmutation

Andreas Bergthaler, Molekularbiologe an der Akademie der Wissenschaften, überprüft mit seinem Team die Verdachtsfälle auf die britische Virusmutation.

Hinsichtlich der Impfung verwies der Minister auf ein neues Dashbord, das auf der Ministeriumswebsite abrufbar ist. Es ging am Montag online, darauf ist der aktuelle Stand der Impfungen aufgelistet. Derzeit seien knapp 53.000 Menschen in Österreich geimpft, es gebe gute Zuwächse. Durch das angewendete Einmeldesystem sei auch ersichtlich, dass gelieferter Impfstoff auch verimpft worden sei. Anschober kündigte zudem ein weiteres Kontrollsystem an, bei dem bald die Bundesländer zusätzlich jeden Morgen ihre Impfzahlen melden sollen. Einmal mehr zeigte sich der Gesundheitsminister – trotz der Kritik am Impfstart – überzeugt davon, „dass wir die Impfungen gut bewältigen werden“. Auch die Priorisierung der zu Impfenden solle eingehalten werden.

Zuversicht bei „Reintesten“

Am Donnerstag plant die Regierung, das „Reintesten“ im Nationalrat zu beschließen. Hier ist die Koalition aus ÖVP und Grünen auf zusätzliche Stimmen von Oppositionsparteien angewiesen. Der Bundesrat könnte das Gesetz ansonsten um zwei Monate verzögern. Unter anderem daran war letztlich auch schon das von der Regierung ursprünglich geplante „Freitesten“ aus dem Lockdown gescheitert.

Laut dem Vorhaben soll ein negatives Testergebnis künftig Voraussetzung für den Besuch von Veranstaltungen, Krankenhäusern und Hotels sein. Auch bestimmte Berufsgruppen mit viel Kundenkontakt und Schüler sollen sich regelmäßig testen lassen. Seit dem Wochenende laufen dazu die Detailgespräche – auch auf Ebene der Sozialpartner, die einen Generalkollektivvertrag zu den Berufsgruppentests anstreben.

„Faktum ist, dass wir das am Donnerstag im Nationalrat beschließen wollen“, so Anschober. Er hoffe auf die Zustimmung von Teilen der Opposition und sei zuversichtlich. Am Wochenende hatten sich Koalition und SPÖ bereits grundsätzlich auf eine neue Teststrategie geeinigt. Ein aktualisierter Gesetzesentwurf fand dann aber erneut keinen Konsens im Gesundheitsausschuss am Montag. Die SPÖ kritisierte, dass eine gesetzliche Verankerung von „Wohnzimmertests“, die ohne Unterstützung durch medizinisches Personal zu Hause durchgeführt werden können, noch ausstehe. Außerdem müsse klar geregelt werden, dass die Berufsgruppentests für die Arbeitnehmer gratis seien. Strittig war zuletzt aber auch noch, ob auch die Gastronomie explizit vom „Reintesten“ ausgenommen werden soll.

Hacker für Schulöffnungen

Zu den Stimmen, die sich für eine Öffnung der Schulen am 18. Jänner aussprechen, gehört auch jene von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Er sprach sich klar für eine Rückkehr in den Präsenzunterricht aus. „Ich bin der Meinung, dass man jedenfalls die Schulen aufsperren kann“, sagte er am Dienstagabend in der ZIB2. „Auch wenn wir jetzt sehr genau aufpassen müssen und hinschauen müssen, wie die Weiterentwicklung mit dem B.1.1.7. stattfindet.“ Trotzdem sei man den Schülern verpflichtet, ihnen wieder „die Schule zu ermöglichen“. „Es kann nicht sein, dass wir uns permanent versuchen in die Erdhöhle zurückziehen“, meinte er.

Gesundheitsstadtrat Hacker zur Wiener Impfstrategie

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) über die Wiener Impfstrategie und die aktuelle Coronavirus-Situation.

Ab 25. Jänner könnten seiner Meinung nach in Wien bereits wieder kleine Geschäfte oder Dienstleister wie Friseure oder Schuster aufsperren. Auch Sportstätten, Museen oder „ähnliche Einrichtungen“ nannte der Stadtrat. Gleichzeitig betonte er, ein Öffnen im größeren Stil könne nur über eine Region hinweg erfolgen – etwa was den gesamten Handel oder die Gastronomie betrifft. In Wien alleine alles aufzumachen sei aufgrund der Nähe zu Niederösterreich und angesichts der vielen Pendler nicht sinnvoll, das müsste für die „ganze Ostregion“ stattfinden. Grundsätzlich plädierte er für eine „Differenzierung“ bei der Betrachtung der Situation, denn man sehe im Osten Österreichs eine andere Entwicklung als im Westen oder in der Mitte des Landes.