Amtsenthebung: Republikaner sollen angeblich frei entscheiden

Die republikanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus sollen Insidern zufolge frei über die Vorstöße der Demokraten zur Amtsenthebung von Präsident Donald Trump entscheiden können. Man werde sie bei den anstehenden Abstimmungen nicht unter Druck setzen, sagten zwei Mitarbeiter der Parteiführung in der Kongresskammer gestern der Nachrichtenagentur Reuters.

„Das sind beides Gewissensentscheidungen“, erklärte einer. Die Demokraten wollen Vizepräsident Mike Pence per Resolution auffordern, Trump für amtsunfähig zu erklären. Sollte Pence dem wie erwartet nicht nachkommen, wird mit einem neuen Amtsenthebungsverfahren gerechnet.

Militärführung verurteilt Attacke

Trump wird wegen der Erstürmung des Kapitols vergangene Woche „Anstiftung zum Aufruhr“ vorgeworfen. In einer raren politischen Stellungnahme verurteilte sogar der Generalstab der US-Streitkräfte die Vorgänge scharf. „Die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht geben niemandem das Recht zu Gewalt, Aufruhr und Aufstand“, schrieben US-Generalstabschef Mark Milley und seine Kollegen aus der US-Militärführung in einer gemeinsamen Stellungnahme. Im Inneren des Kapitols hätten sich Szenen abgespielt, die klar gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen hätten.

„Völlig angemessen“

Trump selbst verteidigte seine Rolle dabei. Seine Rede vor Anhängern unmittelbar vor dem Gewaltausbruch am Sitz des US-Parlaments sei völlig angemessen gewesen, sagte Trump. „Wenn Sie meine Rede lesen, und viele Leute haben es getan, und ich habe es sowohl in den Zeitungen als auch in den Medien, im Fernsehen, gesehen, sie wurde analysiert, und die Leute fanden, dass das, was ich gesagt habe, völlig angemessen war“, so Trump.

Trump sah wegen des geplanten Amtsenthebungsverfahrens auch eine große Wut im Land. Der Vorstoß der Demokraten im Repräsentantenhaus sei eine Fortsetzung der Hexenjagd gegen ihn, sagte der Republikaner.

Warnung an Demokraten

Trump nutzte auch einen Auftritt an der Mauer an der US-Südgrenze zu Mexiko für eine düstere Warnung an die Demokraten und den künftigen US-Präsidenten Joe Biden. Maßnahmen, die jetzt gegen ihn ergriffen würden, würden auf sie zurückfallen. „Der 25. Verfassungszusatz stellt null Risiko für mich dar, aber er wird zurückkommen und Joe Biden und die Biden-Regierung heimsuchen.“ Er fügte hinzu: „Seid vorsichtig, was ihr euch wünscht.“

UNO befürchtet neue Gewalt

Nun wächst die Sorge, dass es bei Bidens Angelobung am 20. Jänner wieder zu Ausschreitungen kommt. Die Vereinten Nationen warnten vor Gewalt anlässlich der Amtseinführung. UNO-Sprecher Stephane Dujarric forderte „politische Führer auf, ihre Anhänger nicht zu Gewalt zu ermutigen oder zur Gewalt anzustiften“. Die Botschaft sei „universell“ – und richte sich auch an die USA.

Nach dem Sturm auf das Kapitol rechnen die Justizbehörden in den USA mit Hunderten Strafverfahren. Staatsanwalt Michael Sherwin sagte in der Hauptstadt Washington, einzelne Täter könnten wegen Verbrechen wie „Aufruhr“ und „Verschwörung“ vor Gericht gestellt werden. Ermittelt werde wegen Taten, auf die bis zu 20 Jahren Haft stünden.