Das U.S. Kapitol in Washington
Reuters/Joshua Roberts
Amtsenthebung Trumps

Erste Republikaner signalisieren Zustimmung

US-Präsident Donald Trumps Amtszeit endet in einer Woche. Geht es nach den Demokraten, dann sollen seine letzten Tage im Amt vor allem von einem anlaufenden Impeachment-Verfahren geprägt sein. Doch auch erste republikanische Abgeordnete kündigten nach dem Sturm auf das Kapitol vergangenen Woche bereits an, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihren Parteifreund zu unterstützen.

„Ich werde für ein Impeachment gegen den Präsidenten stimmen“, sagte die Nummer drei der Republikaner im Repräsentantenhaus, Liz Cheney, am Dienstag. Der Angriff auf das Kapitol am Mittwoch letzter Woche habe zu „Verletzung, Tod und Zerstörung am heiligsten Ort unserer Republik geführt“, sagte die Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney. Trump habe den „Mob“ zusammengebracht und „die Flamme dieses Angriffs entzündet“. Später habe er nichts unternommen, um die Gewalt zu beenden. „Noch nie hat es einen größeren Verrat eines US-Präsidenten an seinem Amt und seinem Eid auf die Verfassung gegeben.“

Auch die republikanischen Abgeordneten John Katko, Adam Kinzinger und Fred Upton kündigten an, für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump zu stimmen. „Dem Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Anstiftung zu diesem Angriff zu erlauben, ohne dass es Konsequenzen hat, ist eine direkte Bedrohung für die Zukunft unserer Demokratie“, so Katko.

Pence lehnt Absetzung per Verfassungszusatz ab

Eine Abstimmung über ein Impeachment könnte im Repräsentantenhaus bereits am Mittwoch anstehen. Am Dienstag forderte die erste Kongresskammer Vizepräsident Mike Pence offiziell auf, Trump sofort abzusetzen. Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich dafür, dass Pence den 25. Verfassungszusatz anwenden soll. Pence und das Kabinett könnten den Präsidenten so für amtsuntauglich erklären lassen und ihm damit sofort die Macht entziehen.

Archivbild von U.S. Präsident Donald Trump und Vizepräsident Mike Pence bei einer Wahlveranstaltung
Reuters/Carlos Barria
Pence hält Trump weiterhin die Stange

Die Aufforderung ist allerdings nicht bindend. Pence hatte zuvor bereits erklärt, diesen Weg nicht gehen zu wollen. In einem am Dienstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Schreiben an das Repräsentantenhaus sagte Pence, die sofortige Absetzung Trumps wäre nicht im Interesse des Landes. Es würde nur einen schrecklichen Präzedenzfall schaffen.

Vorwurf der „Anstiftung zum Aufruhr“

Der Vizepräsident forderte die Demokraten überdies auf, ein Amtsenthebungsverfahren nicht weiter voranzutreiben. Den Gefallen wird die Partei des künftigen Präsidenten Joe Biden dem Noch-Vizepräsidenten allerdings nicht tun. Die Demokraten werfen dem abgewählten Präsidenten „Anstiftung zum Aufruhr“ vor.

Nancy Pelosi
APA/AFP/Andrew Caballero-Reynolds
Die Demokraten unter Mehrheitsführerein Nancy Pelosi wollen schnell ein Impeachment gegen Trump auf den Weg bringen

In einem Dienstagabend veröffentlichten Brief an den Justizausschuss im Repräsentantenhaus ist von einem „Terroranschlag“ auf das Kapitol die Rede. „Präsident Trump bleibt eine klare und aktuelle Gefahr für unsere Verfassung und unsere Demokratie.“ Mit der Amtsenthebung Trumps solle sichergestellt werden, „dass kein Präsident jemals wieder versucht, seine Anhänger anzustacheln, rechtswidrig zu handeln und den Willen des Volkes umzustürzen“.

Kaum noch in Trumps Amtszeit

Eine – erwartbare – erfolgreiche Abstimmung über ein Impeachment im Repräsentantenhaus würde ein Amtsenthebungsverfahren im Senat nach sich ziehen. Es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass der Impeachment-Prozess vor dem Ende von Trumps Amtszeit am Mittwoch kommender Woche beginnen kann. Stattfinden kann er wohl aber auch noch nach Trumps Ausscheiden aus dem Amt. Für Trumps formelle Verurteilung durch den Senat ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, die als sehr schwierig zu erreichen gilt.

Mehr als ein Dutzend der republikanische Senatoren müsste sich auf die Seite der Demokraten schlagen. Einzelne Republikaner im Senat haben sich offen gegen Trump gestellt, aber bisher kein Ja zum Impeachment zugesagt. Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, sagte CNN, es könne womöglich ein politisches „Erdbeben“ im Senat geben, das zu einer Mehrheit für Trumps Impeachment führen könnte.

Schiff bezog sich dabei auf einen Bericht der „New York Times“, wonach der führende Republikaner im Senat, Mitch McConnell, intern erkennen lassen habe, dass er den Anklagepunkt gegen Trump für gerechtfertigt halte. Unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen aus McConnells Umfeld schrieb die Zeitung, dieser sei froh, dass die Demokraten ein Impeachment-Verfahren angestoßen hätten, weil das der Republikanischen Partei erleichtern könne, sich von Trump loszusagen.

Verfahren mit Folgen für 2024

Ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren würde Trump auch für künftige Regierungsämter sperren. Damit würde ihm auch eine etwaige Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt – was sowohl im Sinne der Demokraten als auch vieler Republikaner wäre.

Freilich wäre bereits die Einleitung des neuen Amtsenthebungsverfahrens für Trump eine große Schmach. Er wäre der erste Präsident der US-Geschichte, gegen den gleich zwei solcher Verfahren eingeleitet wurden. Das erste Impeachment war wegen der Affäre um seine Bemühungen um Wahlkampfhilfen aus der Ukraine geführt worden. Es war im Februar 2020 in Trumps Freispruch durch den damals von den Republikanern beherrschten Senat gemündet.

Trump verteidigt Rede

Trump wetterte am Dienstag, der „Amtsenthebungsschwindel“ der Demokraten verursache „enorme Wut und Spaltung und Schmerz“, was für die USA besonders gefährlich sei „in dieser sehr empfindlichen Zeit“. Er selbst wollte sich keiner Schuld bewusst sein. Mit Blick auf seine Rede vor Unterstützern unmittelbar vor dem tödlichen Gewaltausbruch am Kapitol sagte Trump: „Sie wurde analysiert, und die Leute fanden, dass das, was ich gesagt habe, völlig angemessen war.“

Pompeo sagt Europareise ab

Anders sehen das offenbar Politikerinnen und Politiker in Europa – und ließen das augenscheinlich auch US-Außenminister Mike Pompeo spüren. Er strich inzwischen seine letzte Europareise im Amt. Sein Ministerium verwies am Dienstag zwar auf die Vorbereitungen zur Amtsübergabe in Washington. Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr dagegen von EU-Diplomaten und anderen mit dem Vorgang vertrauten Personen, der Hintergrund sei, dass die Europäer Pompeo die kalte Schulter gezeigt hätten.

So sei kein ursprünglich geplantes Treffen Pompeos mit seinem luxemburgischen Kollegen Jean Asselborn zustande gekommen. Auch beim anschließend angesetzten Besuch in Brüssel seien keine Gespräche mit EU-Vertretern auf dem Plan gestanden. Einer der Diplomaten sagte Reuters, nach der Stürmung des Kapitols brächte ein Treffen mit Pompeo die US-Verbündeten in Verlegenheit.