Tigray-Konflikt: Schallenberg sieht „Tsunami an Krisen“

Zu Beginn seiner ersten Reise außerhalb Europas seit fast einem Jahr hat ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg heute vor einer Zuspitzung der humanitären Situation in Äthiopien gewarnt.

Das ostafrikanische Land habe einen „Tsunami an Krisen“ – Covid-19, Dürren, Heuschreckenplagen, Überschwemmungen – erlebt, und vor allem der Konflikt in Tigray könnte einen „verheerenden Dominoeffekt“ in der gesamten Region auslösen, sagte Schallenberg in Addis Abeba.

Die Reise nach Äthiopien, das bereits seit fast 30 Jahren Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) ist, sei deshalb auch „kein Zufall“, sagte er. Bisher galt das rund 110 Millionen Einwohner zählende Land mit seinen über 80 unterschiedlichen Ethnien als Stabilitätsanker am sonst eher instabilen Horn von Afrika.

Erdbeben „über Landesgrenzen hinaus“ möglich

Im November eskalierte jedoch der Konflikt zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront (TPLF) in der nördlich gelegenen Region Tigray mit einem Militäreinsatz der Regierungstruppen und nährte international Sorge vor einem Übergreifen auf andere Regionen Äthiopiens und seine Nachbarländer.

In Äthiopien würden ethnische Bruchlinien quer durch das Land verlaufen. Wie bei tektonischen Platten könne ein Ruck an einer Stelle ein Erdbeben auch anderswo – „auch über die Landesgrenzen hinaus“ – auslösen, sagte Schallenberg.

Der Konflikt in Tigray führte zu einer dramatischen Verschlechterung der humanitären Lage: Laut jüngsten Erhebungen sind rund 4,5 Millionen – fast die gesamte Bevölkerung Tigrays – akut auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, Millionen wurden vertrieben. Österreich werde Äthiopien deshalb mit zusätzlich drei Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) unterstützen.

Langfristig sieht der österreichische Chefdiplomat die Lösung aber nur im Dialog, hier wolle auch die Bundesregierung unterstützen, etwa mit der Zusammenarbeit mit der äthiopischen Versöhnungskommission und der Ausbildung von Mediatoren auf der Friedensburg Schlaining. „Wenn man immer auf die Kränkungen und Wunden der Vergangenheit fokussiert, wird man hier keine Zukunft aufbauen können“, sagte Schallenberg.