Mann mit Schutzmaske und Koffer
Reuters/Henry Nicholls
Höhere Preise?

Flugbranche vor ungewisser Zukunft

Die Flugbranche muss während der CoV-Pandemie Milliardeneinbußen hinnehmen. Doch wie sieht die Zukunft des Fliegens nun aus? Experten erwarten einen Anstieg bei den Preisen, ausgelöst durch die fehlenden Geschäftsreisenden, wie etwa die „Financial Times“ („FT“) schrieb. Laut dem Weltfluglinienverband IATA beträgt der Verlust der Fluglinien 2020 insgesamt fast 120 Milliarden Dollar, ein Einsacken des Umsatzes um über 60 Prozent, wie die IATA auf ihrer Website schreibt.

Nach IATA-Angaben vom Dezember flogen 2020 weltweit nur noch 1,8 Mrd. Menschen – nach 4,5 Mrd. im Jahr davor. Die Vorausbuchungen für Februar und März 2021 lägen um mehr als 80 Prozent niedriger als vor einem Jahr, so die IATA weiter. „Die Aussichten sind trostlos“, sagte IATA-Chef Alexandre de Juniac erst kürzlich. Wann sich der Markt wieder erholen wird, ist mehr als unklar.

Obwohl viele in der Reisebranche eine Erholung bei Urlaubsflügen voraussagen, wenn erst wieder die Grenzen für das freie Reisen geöffnet werden, sieht es mit Geschäftsflügen schlecht aus. Eine Rückkehr zum großen Geschäft wird es so wohl nicht geben. Durch die Pandemie wurden viele Reisen durch Videokonferenzen via Zoom, Jitsi und Co. einfach ersetzt – eine weitaus konstengünstigere Alternative zu Businessflügen. Doch das könnte sich vor allem preislich auch auf private Flugreisen auswirken.

Personen mit Schutzanzug am Flughafen Manila
Reuters/Eloisa Lopez
Die Flughäfen sind so gut wie leer – wie hier etwa in Manila

Rund ein Drittel der Umsätze mit Businessclass

Denn das Geschäft mit den Geschäftsreisen ist umsatzmäßig nicht zu unterschätzen. Geschäftsreisen können laut dem Beratungsunternehmen PricewaterhouseCooper (PwC) bei einigen internationalen Flügen bis zu 75 Prozent ausmachen, wie die „Financial Times“ schrieb. Ein Sitz in der Business- bzw. 1. Klasse ist rund fünfmal teurer als im Economy-Bereich, berief sich die „FT“ auf Zahlen der IATA. Laut dem globalen Fluglinienverband machen diese Premiumsitze bis zu 30 Prozent des Umsatzes der Airlines aus.

Der Ersatz von Geschäftsflügen durch Videokonferenzen könnte auch langfristige Auswirkung haben. Viele in der Branche hätten bereits akzeptiert, dass ein gewichtiger Brocken bei Geschäftsreisen verlorengegangen ist, so die „FT“ weiter. Unklar ist hingegen, für wie lange bzw. wann und sogar ob es überhaupt wieder zu einer Trendumkehr bei Geschäftsreisen kommt.

Unterschiedliche Einschätzungen

Jeffrey Goh, Chef von Star Alliance, der größten Flugliniengruppe der Welt sieht einen strukturellen Wandel bei Geschäftsflügen und geht von einer Schrumpfung des Marktes von bis zu 30 Prozent aus. Carsten Spohr, Chef der Lufthansa, sieht das dagegen anders. Er geht davon aus, dass das Geschäft mit den Businessreisen rasch wieder zurükkehrt. Die AUA-Mutter ist auch Star-Alliance-Mitglied.

Flugzeug mit Passagieren
APA/Helmut Fohringer
MNS tragen und Abstand halten, so gut es geht, sind auch im Flugzeug angesagt

Es gebe eine Grauzone und noch viele Unbekannte in Sachen Businessreisenden, so Martin Ferguson, Vizepräsident bei American Express Global Business Travel, eines der größten Konzerne für Geschäftsreisen. Derzeit könnte man, selbst wenn man wolle, nicht reisen. Doch was wir nicht wissen, ist wie viele Menschen beschlössen nicht zu reisen, wenn sie wieder könnten, fasste Ferguson in der „FT“ das Dilemma der Branche zusammen.

Impfung soll alles ändern

In Sachen privater Flüge wird, etwa vom Managment der angeschlagenen US-Flugline Delta, erwartet, dass sich die Nachfrage nach Flugreisen zu Beginn des Jahres zunächst nur ungleichmäßig erholt und die Buchungen eher schwach bleiben. Sobald größere Teile der Bevölkerung geimpft sind, die Büros wieder öffnen und die Zuversicht der Verbraucher wächst, rechnet das Management allerdings mit einem anhaltenden Anziehen der Nachfrage. Und mit dieser Einschätzung sind sie nicht allein. Ob diese Erwartungen allerdings erfüllt werden, steht auf einem anderen Blatt.

Die Lage habe sich zum Jahresende hin wieder verschlimmert, erklärte de Juniac weiter. „Der langsame Fortschritt in der Krise ist so frustrierend“, sagte er. Die Branche sei noch immer in einer gefährlichen Situation.

Hinweis für PCR-Tests am Flughafen Wien
ORF.at/Christian Öser
Auf Flughäfen werden PCR-Tests angeboten – wie hier in Wien

Kurz- und Langstrecke schwer betroffen

Fast drei Viertel der innereuropäischen Flugrouten sind nach Schätzung von UBS-Research derzeit mit Reiserestriktionen belegt – ein höherer Anteil als auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020. Barclays schätzt, dass die angebotene Kapazität auf den Europastrecken in diesem Monat 76 Prozent unter der von Jänner 2020 liegt, eine Verschlechterung gegenüber Dezember.

Die Erholung auf der Langstrecke sei zum Erliegen gekommen mit einem Kapazitätsrückgang um 68 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, schrieb Branchenexperte Rishika Savjani von Barclays. „Die Nachfrage bewegt sich wahrscheinlich noch deutlich unter diesem Niveau.“ Sprich: Viele Flugzeugsitze bleiben frei. Angesichts der unsicheren Lage könnten Flugpläne weiter zusammengestrichen werden.

Alles Hoffnungen liegen auf dem Sommer

Im Schnitt werde heuer die Hälfte der Flugkapazität des Vorkrisenjahres 2019 angeboten, so Spohr Ende Dezember, wobei das erste Quartal noch deutlich darunter liegen werde, im Sommer und Herbst werde man dann bei bis zu 70 Prozent sei, hieß es beim AUA-Mutterkonzern. Auch Barclays rechnet bei erfolgreicher Impfkampagne mit einer Erholung auf 70 Prozent im Sommer.

Der größte europäische Tourismuskonzern TUI erwartet trotz der CoV-Krise beim Reiseverkehr einen „weitgehend normalen Sommer“. TUI werde allerdings nur rund 80 Prozent so viele Flugreisen wie in früheren Jahren anbieten, um eine optimale Auslastung zu erreichen, sagte Vorstandschef Fritz Joussen der „Rheinischen Post“ Anfang Jänner.

Gegen Impfpflicht

Und dann stellt sich noch weiter die Frage für die Branche, wie mit möglichen künftigen CoV-Maßnahmen umzugehen sei: Das Forum der internationalen Tourismusbranche etwa ist gegen eine Impfpflicht für Flugreisende. Die Präsidentin des World Travel and Tourism Council (WTTC), Gloria Guevara, betonte erst kürzlich auf dem Digitalgipfel „Reuters Next“, der Königsweg sei die Isolation der mit dem Coronavirus Infizierten.

Es habe sich bei früheren Ausbrüchen von schweren Infektionskrankheiten wie etwa Ebola, SARS und MERS gezeigt, dass Reisen auch ohne Impfstoff weiter möglich gewesen sei, da die Infizierten isoliert werden konnten. In der jetzigen Pandemielage seien zu diesem Zweck Schnelltests geeignet, die beispielsweise vor dem Besteigen des Flugzeugs auch zu relativ niedrigen Kosten gemacht werden könnten, so Guevara.