Mann in Israel wird geimpft
AP/Ariel Schalit
Israel

Impfkampagne zeigt erste Erfolge

Einen Monat nach Beginn der breiten Coronavirus-Impfkampagne in Israel zeigen erste Studienergebnisse, dass das Vakzin die Zahl von Neuinfektionen deutlich senkt. Bereits zwei Wochen nach der ersten Dosis des Biontech-Pfizer-Impfstoffs war die Zahl der positiven CoV-Tests bei über 60-Jährigen signifikant niedriger, zeigt eine Untersuchung.

Die Krankenkasse Klalit habe eine Gruppe von rund 200.000 Geimpften über 60 mit einer gleich großen und gleichaltrigen Gruppe Nichtgeimpfter verglichen, sagte der Chief Medical Officer der Regierung, Ran Balicer. „Das ist die interessanteste Altersgruppe, was die Wirksamkeit des Impfstoffs angeht.“ Man habe keine speziellen Tests initiiert, sondern die Gruppen nur „im echten Leben beobachtet“, sagte Balicer der Nachrichtenagentur dpa.

Die Ergebnisse betreffen Personen beider Gruppen, die aus verschiedenen Gründen Coronavirus-Tests machen mussten – etwa weil sie Symptome aufwiesen oder mit Erkrankten Kontakt hatten. „Der Anteil der positiv Getesteten – ob symptomatisch oder asymptomatisch – war in der geimpften Gruppe um 33 Prozent niedriger als in der nicht geimpften Gruppe“, sagte Balicer.

„Ermutigendes Ergebnis“

Der Epidemiologe sprach von einem „ermutigenden Ergebnis, das zeigt, dass der Impfstoff auch bei älteren Menschen wirksam ist“. Er rechne daher damit, dass die Zahl der schwerkranken Patientinnen und Patienten in Kürze sinken werde.

Patientinnen in einem Imfzentum in Tel Aviv
AP/Oded Balilty
Die Impfkampagne in Israel zeigt laut Studien erste Erfolge

Israel mit seinen rund neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gilt mit seiner raschen Impfkampagne als Vorreiter. Mehr als zwei Millionen Menschen haben bereits die erste und rund eine Viertelmillion die zweite Impfdosis erhalten. Bereits 75 Prozent der über 60-Jährigen wurden nach Angaben Balicers geimpft.

„Wir verstehen, wie wichtig es ist, der Welt schnelle und verlässliche Informationen über die Impfkampagne in Israel zu übermitteln“, sagte Balicer, Vorsitzender eines CoV-Fachleuteteams, das die Regierung berät. „Wir verfolgen die Wirksamkeit des Impfstoffs unter realen Bedingungen.“

Erste Dosis scheint Schutz zu bieten

Andere Untersuchungen brachten sogar noch bessere Ergebnisse: Die Krankenkasse Makkabi berichtete von 60 Prozent weniger Infektionen zwei Wochen nach der ersten Dosis, eine ranghohe Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums sprach von 50 Prozent weniger positiven Testergebnissen nach diesem Zeitraum. Außerdem berichten die Krankenkassen in Israel von überwiegend milden Nebenwirkungen.

Netanjahu: Bis Ende März Impfung für alle Erwachsenen

Als erster Israeli war Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 19. Dezember geimpft worden. Zu Jahresbeginn sagte Netanjahu, der sich im März der Wiederwahl stellt, es würden in den kommenden Wochen genügend Dosen geliefert, um allen Willigen ab 16 Jahren bis Ende März eine Impfung anzubieten.

Einer der Hauptgründe für das rasche Voranschreiten der Impfkampagne ist die hohe Digitalisierung des israelischen Gesundheitssystems. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat einen elektronischen Gesundheitsakt bei einer der vier israelischen Krankenkassen. Mehrere hundert Impfstationen wurden im ganzen Land eingerichtet. Die Armee hilft bei der Abwicklung. Den Impfstoff hat sich die Regierung einiges kosten lassen. Berichten zufolge zahlt das Land für das Vakzin mehr als andere Staaten.

Israel als „Modellland“

Mit der großen Impfkampagne geht die Beobachtung der Wirksamkeit des noch jungen Präparates unter Realbedingungen einher. Pfizer hat einen Deal mit der israelischen Regierung abgeschlossen, was den Austausch von Gesundheitsdaten betrifft.

In der Zusammenarbeit mit Pfizer diene Israel als „Modellland“, sagte der israelische Epidemiologe Nadav Davidovitsch vergangene Woche. Er betonte jedoch, die Impfkampagne mit dem Biontech-Pfizer-Impfstoff sei „kein Experiment“. Israel unternehme gegenwärtig eine „Post Marketing Surveillance“ (Überwachungsstudie nach Zulassung) „wie jedes andere Land auch“. Es sei moralisch angemessen, die Impfinformationen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Pfizer zu teilen.

Nach Angaben des Unternehmens ermöglichen es die Daten, den Verlauf der Pandemie bei unterschiedlichen Impfraten längerfristig zu beobachten. So lasse sich auch erkunden, ob eine mögliche Abnahme der Fall- und Totenzahlen allein einem Impfschutz oder beidem – direktem Schutz und Herdenimmunität – zugeschrieben werden kann. Pfizer betont, die Erkenntnisse seien weltweit anwendbar und könnten Regierungen dabei helfen, die Pandemie endgültig zu besiegen.

Land mitten in dritter Welle

Ungeachtet der ersten Erfolge mit der Impfung bleibt die Zahl der Neuinfektionen in Israel hoch. Das Land befindet sich mitten in der dritten Welle. Vergangene Woche wurden vier Tage in Folge täglich über 9.000 neue Infektionen gemeldet. Die Zahl der CoV-Toten überschritt am Montag die Marke von 4.000.

Seit eineinhalb Wochen gilt ein zweiwöchiger harter Lockdown mit Maßnahmen wie der Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Man darf das eigene Haus oder die eigene Wohnung nur in einem Umkreis von 1.000 Metern verlassen. Israels CoV-Beauftragter Nachman Asch stellte bereits eine Lockdown-Verlängerung in Aussicht.