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Mutation B.1.1.7

Dutzende Verdachtsfälle bestätigt

Die erstmals in Großbritannien nachgewiesene Mutation des Coronavirus (B.1.1.7) ist endgültig in Österreich angekommen. Das bestätigten am Montag die abgeschlossenen Sequenzierungen mehrerer Verdachtsfälle in Wien, Tirol und Salzburg. In Salzburg ließ sich die Mutation überdies auch im Abwasser nachweisen.

53 Verdachtsfälle wurden laut Aussendung des Gesundheitsministeriums zuletzt sequenziert. Bei 46 davon habe sich der Verdacht auf die neue Virusmutation bestätigt. Das erklärte auch Andreas Bergthaler vom Forschungsinstitut für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Montagabend gegenüber der APA.

Bei den nunmehr durch die Ganzgenomsequenzierung gesicherten Fällen, bei denen die neue Mutation nachgewiesen wurde, handelt es sich großteils um die in der vergangenen Woche publik gewordenen Verdachtsfälle, darunter auch jene aus seinem Wiener Pflegeheim. In dem Heim war es nach den Feiertagen zu einer auffälligen Häufung an Coronavirus-Infektionen gekommen. Von 101 Heimbewohnern und -bewohnerinnen seien seit 5. Jänner 42 erkrankt, hatte der Sprecher des (nicht städtischen) Trägers vergangene Woche erklärt – mehr dazu in wien.ORF.at.

Nachweis in Proben aus Jochberg

Gesichert ist nunmehr auch, dass es sich bei den Verdachtsfällen aus Jochberg in Tirol um die neue Virusvariante B.1.1.7 handelt. In den Abstrichproben von angehenden Skilehrern ließen sich die Erreger in der Sequenzierung der neuen Virusmutation zuweisen. Bei Massentests in der Gemeinde Jochberg und auch im gesamten Bezirk Kitzbühel wurden bis dato jedoch keinen weiteren Verdachtsfälle entdeckt. Lediglich bei einer engen Kontaktperson der 17 großteils britischen Staatsbürger gab es den Verdacht auf die Virusmutation. Über 70 Prozent der Jochberger hatten das kostenlose PCR-Test-Angebot genutzt. Dabei gab es drei positive Ergebnisse, die jedoch keine Auffälligkeiten aufwiesen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Analyse von ZIB-Wissenschaftschef Günther Mayr

Die britische Mutation des Virus wurde nun auch in Österreich an mehreren Orten definitiv nachgewiesen. Ist das Grund zur Sorge? Günther Mayr antwortet.

Bestätigt wurden durch die aktuellen Sequenzierungen auch zwei Fälle aus Salzburg, wie Montagnachmittag bereits das Land Salzburg bekanntgegeben hatte. Insgesamt seien 17 Proben aus Salzburg zur Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) geschickt worden, bei zwei habe sich der Verdacht bestätigt. „Weitere Proben, vor allem aus dem Raum Pongau, werden jetzt verstärkt zur Sequenzierung nach Wien geschickt“, sagte Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Hohe Konzentration in Salzburger Abwasser

Salzburg ist überdies das erste Bundesland, in dem sich die Mutation auch im Abwasser nachweisen ließ. „Einen extrem hohen Anstieg dieser Mutation schon Anfang Jänner“ zeigten Daten „aus zumindest einer Kläranlage in Salzburg“, so Bergthaler. Der Anteil unter den dort gefundenen SARS-CoV-2-Viren stieg hier über rund zehn Tage von null Prozent auf 16 Prozent und schließlich auf 54 Prozent in einer Probe vom 3. Jänner. Dieser Befund zeigte sich in den Analysen der Wissenschaftler „erstaunlich deutlich“. Das sei der überraschendste Befund der ersten umfangreicheren Untersuchungen auf die neue Variante, „der natürlich auch wieder Fragen aufwirft“, sagte Bergthaler.

Bei einer weiteren Kläranlage in Salzburg gebe es auch erste Nachweise, sonst allerdings fanden sich derartige Belege in keiner bisher genauer untersuchten Anlage in Österreich. Proben aus der Hauptkläranlage Wien, bei denen Ende der vergangenen Woche ebenfalls Vortests anschlugen, konnten aus technischen Gründen nicht eindeutig bestimmt werden.

Südafrikanische Variante nicht nachgewiesen

Nicht nachweisen ließ sich der charakteristrische B.1.1.7-Mutationscluster in Abstrichproben aus dem Bezirk Hermagor (Kärnten), in denen der neue Stamm ebenfalls vermutet worden war. Ebenso fand sich unter allen bestätigten Fällen auch die erstmals in Südafrika nachgewiesene Virusvariante nicht.

Insgesamt wiesen die Ergebnisse aber darauf hin, dass die mutationsspezifische Suche mittels PCR-Verfahren relativ gut funktioniere, sagte Bergthaler. Um aus diesen Analysen ein halbwegs belastbares Bild der Verbreitung über Österreich hinweg oder in einzelnen Regionen zu zeichnen, sei die Datenlage aber noch zu dünn, da es sich hier um „vorausgewählte Verdachtsfälle“ handle. Es brauche nun etwa einigermaßen repräsentative Stichproben. So plane man etwa, alle an einem Tag in einer Teststraße positiv getesteten Proben auch auf die Mutationen zu screenen. Mit solchen Zugängen lasse sich voraussichtlich ein tragfähigeres Verteilungsmuster erstellen.

Vortestungen bundesweit geplant

Seitens des Gesundheitsministeriums hieß es, dass die Vortestungen nach der britischen wie auch der südafrikanischen Version nun bundesweit ausgerollt werden sollen. In den vergangenen Tagen wurden 776 positive PCR-Proben von der AGES voruntersucht. Seit Anfang Jänner wird flächendeckend auf die spezifische PCR getestet. Durch diese Methode konnten vergangene Woche bereits fast 150 Verdachtsfälle identifiziert werden, hieß es aus dem Ministerium.

„Die aktuell bestätigten Fälle von B.1.1.7 in Österreich zeigen, dass – wie in ganz Europa – die hoch ansteckende Virus-Variante auch bei uns angekommen ist“, kommentierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die endgültigen Nachweise in einer Aussendung. Umso wichtiger sei es, die Suche nach der Virusmutation weiter massiv auszubauen, und „dass wir uns alle gemeinsam an die neuen Abstandsregeln halten, konsequent und – wann immer möglich – FFP2-Maske tragen und die Hygienemaßnahmen einhalten“.