Der 56-jährige Conte behauptete sich am Dienstagabend mit einer knappen Mehrheit von 156 Ja-Stimmen und 140 Gegenstimmen. 16 Senatoren enthielten sich. Der Koalition fehlte die Mehrheit, nachdem vergangene Woche Juniorpartner Italia Viva (IV) um Ex-Premier Matteo Renzi aus dem Regierungsbündnis mit der sozialdemokratischen PD, der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und einer weiteren kleinen Partei aus dem linken Spektrum ausgetreten war.
Conte musste am Dienstag auf die Stimmen von Überläufern hoffen. Die Senatoren aus den Reihen von Italia Viva enthielten sich der Stimme. Zwei Senatoren der oppositionellen Forza Italia trotzten den Anweisungen ihrer Gruppierung und sprachen der Regierung Conte ihr Vertrauen zu. So kam Conte über die Schwelle der nötigen Stimmen.
Die Parteien der oppositionellen Mitte-rechts-Allianz stimmten hingegen gegen das Kabinett. Unklarheiten bei den Wahlprozeduren führten zu einer erheblichen Verspätung bei der Ergebnisverkündung. Lega und die Rechtspartei Fratelli d’Italia bekundeten nach der Vertrauensabstimmung, dass sie um ein Gespräch mit Präsidenten Sergio Mattarella bitten wollen.
Künftig Suche nach Mehrheiten
Vor der Vertrauensabstimmung hatte Conte noch mit eindringlichen Worten um Unterstützung für seine Regierung geworben. „Wir rufen alle politischen Kräfte und auch die Parlamentarier auf, denen Italiens Schicksal am Herzen liegt, uns bei einem schnellstmöglichen Neustart zu helfen.“ Conte hatte bereits am Montagabend die Vertrauensabstimmung im Unterhaus gewonnen.
Hätte Conte die Abstimmung im Senat verloren, hätte er zurücktreten und die Bildung einer neuen Regierung anstreben können. Auch eine Technokratenregierung war im Gespräch. Nun kann Conte seinen Regierungskurs zumindest fortsetzen. Doch künftig dürfte es immer wieder zu Unsicherheiten der künftigen Mehrheitsfindung im Parlament kommen. Dabei wäre Stabilität in Italien vonnöten. „Gab es zu diesem Zeitpunkt wirklich die Notwendigkeit, eine politische Krise zu beginnen? Ich glaube nicht“, sagte Conte im Senat in Richtung Renzi.
Hürden für Sanierungsplan
Die Pandemie wütete seit Februar des vergangenen Jahres in dem Mittelmeer-Land heftiger als in vielen anderen europäischen Staaten. Mehr als 82.500 Menschen starben seitdem mit oder an SARS-CoV-2. Rund 2,4 Millionen Infektionen haben die Behörden im 60-Millionen-Einwohner-Land bisher registriert.
Mit dem Gesundheitsnotstand rutschte das Land zudem tief in eine Wirtschaftskrise. Contes Regierung will dieser mit einem Sanierungsplan begegnen und in Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung investieren. Dafür braucht sie die rund 210 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Vorher jedoch muss sie ihr Konzept dafür durchs Parlament bringen und in Brüssel vorlegen. Genau dieser Prozess war durch den Streit der politischen Lager gebremst worden – und lieferte nicht zuletzt einen Grund für den Austritt von Italia Viva aus der Koalition.