US-Präsident Donald Trump und sein ehemaliger Berater Stephen Bannon
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US-Amtsübergabe

Trump begnadigt Ex-Strategen Bannon

Weniger als zwölf Stunden vor Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Donald Trump mehr als 70 Menschen begnadigt, darunter seinen früheren Chefstrategen Steve Bannon. Der frühere Kopf hinter Trumps Präsidentschaft ist wegen Betruges angeklagt. Ihm wird in Zusammenhang mit einer Spendenaktion für den Bau der von Trump vorangetriebenen Grenzmauer zu Mexiko vorgeworfen, Geld abgezweigt zu haben.

Bei „We Build the Wall“ sollen 25 Millionen Dollar mit dem Versprechen zusammengetragen worden sein, dass kein Geld an die Organisatoren fließen würde. Bannon soll aber indirekt über eine Million Dollar erhalten haben. Er weist die Vorwürfe zurück. Der Prozess sollte im Mai beginnen. Eine Begnadigung vor dessen Beginn gilt als ungewöhnlich, in der Regel haben Begünstigte bereits Teile ihre Haftstrafe abgesessen. Das Weiße Haus teilte mit, dass Bannon eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten in der konservativen Bewegung und „für seinen politischen Scharfsinn“ bekannt sei.

Bannon war einst einer der engsten Vertrauten von Trump und maßgeblich an dessen Wahlsieg 2016 beteiligt, um anschließend Stratege im Weißen Haus zu werden. Der Globalisierungsgegner gilt als die treibende Kraft hinter umstrittenen Entscheidungen wie dem Einreisestopp für Bürger aus mehreren islamischen Ländern. Trump feuerte Bannon im August 2017, der dann zum rechtskonservativen Nachrichtenportal Breitbart zurückkehrte. Zum offenen Bruch mit Trump kam es nach Kommentaren, die er im Enthüllungsbuch „Fire and Fury“ („Feuer und Zorn“) von Michael Wolff in Zusammenhang mit der Russland-Affäre machte.

Ex-Google-Entwickler, Politiker, Rapper

Neben Bannon profitieren zahlreiche weitere Weggefährten von einer Begnadigung oder Strafmilderung. Unter den Begünstigten befinden sich auch der ehemalige Google-Entwickler Anthony Levandowski, dem der Diebstahl von Technologie für selbstfahrende Autos zugunsten Ubers vorgeworfen wurde. Er war im August nach einem Geständnis zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, die er wegen CoV noch nicht angetreten hatte.

Der ehemalige Google-Entwickler Anthony Levandowski
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Der ehemalige Google-Entwickler Levandowski

Begnadigt wurde auch der einflussreiche republikanische Spendensammler Elliott Broidy. Er war verurteilt worden, weil er die US-Regierung beeinflusst haben soll, Ermittlungen im Korruptionsskandal zum malaysischen Staatsfonds 1MDB einzustellen. Mit Ken Kurson profitierte auch ein Vertrauter von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und seinem Anwalt Rudy Giuliani. Er wurde wegen Cyberstalking verurteilt. Auch der ehemalige demokratische Bürgermeister von Detroit kann aufatmen: Kwame Kilpatrick war 2013 wegen Korruption zu 28 Jahren im Gefängnis verurteilt worden.

Begnadigt wurden auch die Rapper Lil Wayne und Kodak Black, die gegen Waffengesetze verstoßen hatten. Aus der Rapszene kommt auch der begnadigte Michael Harris, Mitgründer des wegweisenden Labels Death Row Records. Er saß seit seinem Urteil 1988 wegen versuchten Mordes und Kidnapping im Gefängnis. Medienberichten zufolge soll sich Snoop Dogg für seine Begnadigung eingesetzt haben.

Lil Wayne
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Lil Wayne galt zuletzt als Trump-Unterstützer

Bekannt ist auch Sholam Weiss, der wegen des größten Versicherungsbetrugs in der amerikanischen Geschichte verurteilt worden war. Weiss war 2000 in Wien festgenommen und an die USA ausgeliefert worden. Der scheidende US-Präsident wandelte nach Angaben des Weißen Hauses zudem die Strafen von 70 weiteren Menschen um.

Kritiker werfen Trump vor, von der Begnadigungsbefugnis insbesondere für ihm nahestehende Personen Gebrauch gemacht zu haben. Kurz vor Weihnachten hatte er bereits mehrere loyale Weggefährten begnadigt, darunter den einstigen Leiter seines Wahlkampfteams, Paul Manafort und Wahlkampfmanager Roger Stone. Nicht enthalten waren Trump selbst, Mitglieder seiner Familie und Giuliani. Medienberichten zufolge hatten Berater dem abgewählten Präsidenten davon abgeraten, seinen engsten Kreis auf die Liste zu setzen.

Trump mit Glückwünschen

Zuvor hatte Trump in einer Abschiedsrede an die Nation der künftigen Regierung Erfolg gewünscht. „In dieser Woche führen wir eine neue Regierung ins Amt ein und beten für ihren Erfolg, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt“, sagte Trump in einer am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Videobotschaft aus dem Weißen Haus. „Wir wünschen ihnen alles Gute und wir wollen auch, dass sie Glück haben.“ Trump lobte seine Arbeit als Präsident und sagte an die Adresse der neuen Regierung: „Die Welt respektiert uns wieder. Bitte verlieren Sie diesen Respekt nicht.“

„Gemeinsam mit Millionen hart arbeitender Patrioten in diesem Land haben wir die größte politische Bewegung in der Geschichte unseres Landes aufgebaut“, sagte Trump. „Es ging um ‚Amerika zuerst‘, weil wir alle Amerika wieder großartig machen wollten.“ Er fügte hinzu: „Nun, da ich mich darauf vorbereite, am Mittwochmittag die Macht an eine neue Regierung zu übergeben, möchte ich, dass Sie wissen, dass die Bewegung, die wir begonnen haben, erst am Anfang steht.“ Zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen in Washington am 6. Jänner sagte Trump: „Politische Gewalt ist ein Angriff auf alles, was wir als Amerikaner wertschätzen. Sie kann niemals toleriert werden.“

Der scheidende Präsident lobte sich auch selbst. „Wir haben getan, wozu wir hierhergekommen sind – und noch viel mehr.“ Seine Regierung habe die Stärke Amerikas zu Hause und im Ausland wiederhergestellt. „Wir haben unsere Allianzen wiederbelebt und die Nationen der Welt zusammengeführt, um China die Stirn zu bieten wie nie zuvor“, so Trump nur wenige Stunden vor der Angelobung Bidens.

Ausnahme-Angelobung von Biden und Harris

Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris werden am Mittwoch in einer der Pandemie angepassten Zeremonie vereidigt. Anders als üblich gibt es kein Massenpublikum. Wegen der Erstürmung des Kapitols durch gewalttätige Trump-Anhänger vor zwei Wochen wurden außerdem die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verschärft. Unter anderem sollen 25.000 Mitglieder der Nationalgarde die Stadt sichern. Zwölf Mitglieder der Nationalgarde wurden nach einer Überprüfung durch die Behörden abgezogen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dass zwei der Nationalgardisten wegen „unangemessener Kommentare oder Kurznachrichten“ entfernt worden seien.

Historiker Snyder von der Yale-Universität zu Trumps Erbe

Was bleibt von der Präsidentschaft Donald Trumps, und wird er die Politik weiter beeinflussen? Gast ist Timothy Snyder, Autor und Historiker (Yale-Universität).

Auch Trump selbst bleibt in Sozialen Netzwerken weiter blockiert. Wie YouTube am Mittwoch mitteilte, wurde das Hochladen von Videos und Livestreams auf seinem YouTube-Kanal angesichts von „Bedenken ob des anhaltenden Gewaltpotenzials“ für mindestens weitere sieben Tage verboten. Auch Kommentare würden deaktiviert, hieß es. Trump war nach den Ausschreitungen am Kapitol bereits auf Facebook und Twitter gesperrt worden.

Streit bis zuletzt

Zwischen der scheidenden und der künftigen US-Regierung herrscht indes keinerlei Eintracht. Auch die Amtsübergabe in den vergangenen Wochen war nicht reibungslos gelaufen. So wurde dem „Transition Team“ Bidens, das die Übergabe vorbereiten sollte, zunächst der Zugang zu Informationen nicht gewährt. Zuletzt hatte Trump in Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie für einen neuen Konflikt gesorgt.

Trump vor Abschied aus dem Weißen Haus

Nach vier Jahren US-Präsidentschaft übergibt Donald Trump sein Amt an Joe Biden. Statt der Vereidigung seines Nachfolgers persönlich beizuwohnen, verabschiedet sich Trump in einer Videobotschaft.

Trump ordnete ein Ende des Einreisestopps für Ausländer aus weiten Teilen Europas an – sehr zum Unmut seines Nachfolgers. In einer am Montagabend (Ortszeit) vom Weißen Haus verbreiteten Anordnung Trumps hieß es, die Beschränkungen für Reisende aus dem Schengen-Raum, aus Großbritannien und Irland sowie aus Brasilien würden zum 26. Jänner aufgehoben. Trump verwies darauf, dass von diesem Datum an bei allen Flügen in die USA vor Abreise der Nachweis eines negativen CoV-Tests vorgeschrieben ist.

400.000 CoV-Tote

Trumps Amtszeit läuft mit Bidens Vereidigung am Mittwoch aus – sechs Tage vor dem verfügten Ende des Einreisestopps. „Auf Anraten unseres medizinischen Teams beabsichtigt die Regierung nicht, diese Beschränkungen am 26.1. aufzuheben“, teilte die künftige Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, auf Twitter mit. „Mit der Verschlimmerung der Pandemie und dem Auftauchen weiterer ansteckender Varianten auf der ganzen Welt ist das nicht der richtige Zeitpunkt, um Einschränkungen für internationale Reisen aufzuheben.“

Nationalgarde vor dem Capitol
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Höchste Sicherheitsvorkehrungen: Einen zweiten Sturm auf das Kapitol will man bei der Angelobung nicht riskieren

Stattdessen plane die Biden-Regierung verschärfte Maßnahmen in Zusammenhang mit internationalen Reisen, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. An Trums letztem Tag im Oval Office wurde in den USA die Schwelle von 400.000 CoV-Toten überschritten, wie die Johns-Hopkins-Universität meldete. Den Angaben zufolge wurden seit Beginn der Pandemie mehr als 24 Millionen Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Die USA haben rund 328 Mio. Einwohner.

Entscheidungen am letzten Amtstag

An ihrem letzten Amtstag machte die Trump-Regierung nach zahlreichen Drohungen auch in Sachen „Nord Stream 2“ Ernst: „Die USA verhängen heute Sanktionen gegen das russische Unternehmen KVT-RUS und erklären das Schiff „Fortuna“ zu blockiertem Eigentum“, teilte das US-Außenministerium noch mit. Damit bestraft die US-Regierung auf Grundlage der Sanktionsgesetze gegen „Nord Stream 2“ zum ersten Mal ein Unternehmen wegen der Beteiligung am Bau der Gaspipeline. Die Pipeline soll das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen, schürt aber Spannungen sowohl innerhalb der EU als auch mit den USA.

Auch warf das US-Außenministerium am Dienstag noch China „Völkermord“ vor. „Ich glaube, dass dieser Genozid andauert, und dass wir Zeugen des systematischen Versuchs des chinesischen Parteienstaates werden, Uiguren zu zerstören“, sagte Außenminister Mike Pompeo am Dienstag. Zudem setzte Trump die Abschiebung von venezolanischen Staatsbürgern aus den USA für 18 Monate aus.