Das Schriftstück zum Klimaabkommen werde nun bei den Vereinten Nationen hinterlegt, teilte Biden mit. Damit wären die USA 30 Tage später wieder offizieller Teil des Vertrags. Die USA waren Anfang November unter Trump offiziell aus dem historischen Abkommen zur Bekämpfung der Klimakrise ausgeschieden. Biden hatte zuletzt mehrfach bekräftigt, er wolle in den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft einen Klimagipfel der wichtigen Wirtschaftsmächte einberufen.
Insgesamt unterzeichnete Biden in wenigen Minuten 15 Dekrete. Im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie ordnete er für die nächsten 100 Tage eine Maskenpflicht an allen Orten im Zuständigkeitsbereich des Bundes an. Das sind Gebäude von Bundesbehörden, Flugzeuge und Züge sowie Busse im Verkehr zwischen Bundesstaaten.
Biden stoppte auch den von seinem Vorgänger eingeleiteten Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – der Austritt wäre Anfang Juli wirksam geworden. Zudem wird dem Bau der Mauer zu Mexiko die juridische Grundlage entzogen. Die Exekutivmaßnahmen benötigen nicht die Zustimmung des Kongresses.
Biden im Weißen Haus
Biden wurde am Mittwoch als 46. Präsident der Vereinigten Staaten angelobt. Mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung trat er sein Amt als Präsident an. Biden sagte in seiner Antrittsrede, ohne Einheit könne es keinen Frieden und keinen Fortschritt geben, sondern nur Verbitterung und Ärger. Er werde sich mit ganzem Herzen für Einheit und Versöhnung einsetzen. Vor Biden wurde Kamala Harris als erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt.
Der Demokrat versprach auch internationale Kooperation. „Mit Einheit können wir große Dinge tun, wichtige Dinge“, sagte Biden. „Dies ist unser Moment in der Geschichte. Und Einheit ist der Weg vorwärts.“ Biden beschwor die Amerikaner und Amerikanerinnen, das Land habe auch Herausforderungen in der Vergangenheit mit Einheit überwunden. „Lasst uns neu anfangen“, sagte er und rief dazu auf, einander zuzuhören.
Bidens Vorgänger nahm an der Angelobung nicht teil. Er war bereits am Vormittag aus dem Weißen Haus abgereist. Sein Vorgänger habe ihm vor seinem Ausscheiden aus dem Amt einen „sehr wohlwollenden Brief" hinterlassen, sagte Biden laut CNN dazu. Details über den Inhalt des Schreibens gab er nicht bekannt. „Weil es privat war, werde ich nicht darüber sprechen, bis ich mit ihm gesprochen habe.“
„Präsident für alle Amerikaner“
Als eine seiner ersten Amtshandlungen legte Biden einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten auf dem Nationalfriedhof in Arlington nieder. Auch Harris sowie die früheren Präsidenten George W. Bush, Bill Clinton und Barack Obama nahmen an der Zeremonie teil. Biden, der als Präsident auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, begab sich direkt nach seiner Vereidigung am Kapitol zu dem Friedhof. Zuvor hatten Biden und Harris traditionell die Einsatzbereitschaft von Soldaten inspiziert.
„Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein“, versprach Biden. Er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn nicht unterstützt hätten, wie für jene, die das getan hätten. „Dies ist der Tag der Demokratie.“ Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. „Die Demokratie hat sich durchgesetzt.“ Biden will in seiner Amtszeit auch das Verhältnis mit den Verbündeten der USA „reparieren“.
Unter seiner Führung werde sich Amerika wieder dafür einsetzen, gemeinsam mit den Partnern den globalen Herausforderungen zu begegnen, sagte er. Amerika werde nicht nur durch Stärke führen, sondern aufgrund der Stärke als Vorbild, sagte Biden. „Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten – nicht um den Herausforderungen von gestern zu begegnen, sondern jenen von heute und morgen.“ Die USA hätten durch die jüngste Vergangenheit eine schwere Prüfung erlitten. „Und wir sind gestärkt daraus hervorgegangen“, sagte Biden.
Inaugurationsrede von Joe Biden
Am Mittwoch ist Joe Biden als US-Präsident angelobt worden. In seiner Inaugurationsrede rief er zu Einheit und Kooperation auf.
Sicherheitsvorkehrungen enorm
Biden zeigte sich auch zuversichtlich, dass die USA die Coronavirus-Pandemie hinter sich lassen können. „Wir können das todbringende Virus besiegen.“ Die USA müssten der Pandemie als geschlossene Nation begegnen, appellierte er. Biden will die Amerikaner unter anderem aufrufen, zunächst 100 Tage lang Masken in der Öffentlichkeit zu tragen. Die diesjährige Amtseinführung stand unter dem Eindruck der Pandemie: Anders als üblich gab es für Biden kein Massenpublikum.
Bidens Amtseinführung am US-Kapitol fand unter nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor zwei Wochen hatten gewalttätige Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump das Parlamentsgebäude gestürmt. Die Angst vor weiterer Gewalt rund um die Vereidigung war daher groß. Das Zentrum Washingtons wurde weiträumig abgeriegelt. Neben zahlreichen Polizisten waren Tausende Mitglieder der Nationalgarde im Einsatz, um vor allem den Kongresssitz zu schützen.
Wegen der Coronavirus-Pandemie fand die Amtsübergabe auch ohne das sonst übliche Massenpublikum statt. Anstelle der Hunderttausenden Menschen wurde ein Meer aus Flaggen auf der Freifläche zwischen dem Kapitol und dem Lincoln Memorial platziert.
Viele Gratulanten weltweit
Nach der Angelobung gratulierten Staats- und Regierungschefs weltweit Biden und Harris zur Angelobung. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) reihten sich ebenso in die Reihe der Gratulanten wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Man hoffe auf eine Partnerschaft für die Zukunft, hieß es unisono. Auch vonseiten der EU-Kommission und etlichen Staaten waren ähnliche Glückwünsche zu hören.
Politiologe Werz: Biden vor großen Herausforderungen
Aus Washington erläutert Michael Werz, Politologe am Center for American Progress und an der Georgetown-University, die schwierige Situation für den neuen Präsidenten der USA, Joe Biden.
Biden hatte die Präsidentschaftswahl im November mit deutlichem Abstand gewonnen. Er kann bei seinen geplanten Vorhaben auf die Unterstützung des Kongresses bauen, wo sich seine Demokraten bei den Wahlen die Kontrolle beider Kammern sicherten. Trump hatte ohne Belege behauptet, er sei durch massiven Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. Über Wochen versuchte er mit äußerst fragwürdigen Methoden, Bidens Wahlsieg nachträglich zu kippen.
Trumps Widerstand gegen seine Niederlage gipfelte in der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger. Kurz zuvor hatte Trump seine Unterstützer bei einer Kundgebung aufgestachelt. Die Demokraten machten Trump daher persönlich für den Gewaltausbruch mitverantwortlich und leiteten im Repräsentantenhaus, unterstützt von mehreren Republikanern, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein.