US-Präsident Joe Biden
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Trump-Demontage

Biden schlägt neuen Ton an

US-Präsident Joe Biden hat in seinen ersten Amtsstunden am Mittwoch nicht nur Dutzende Verordnungen unterzeichnet, er hat auch die Wichtigkeit von „Soft Skills“ betont. So ermutigte er seine Angestellten, respektvoll miteinander umzugehen – auch er pflege einen wohlwollenden Umgangston. Kommunikation scheint nicht nur der Schlüssel im Weißen Haus zu sein, Biden will das auch nach außen tragen.

Von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangte Biden, dass sie sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem Volk bewusst sein müssten, und mahnte einen respektvollen Umgang miteinander an. „Wenn Sie jemals mit mir arbeiten, und ich höre, dass Sie einen anderen Kollegen respektlos behandeln, jemanden heruntermachen: Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie auf der Stelle feuern werde“, sagte Biden. Seinerseits sagte er zu, dass er eigene Fehler eingestehen und offen mit ihnen umgehen werde.

Das Weiße Haus sagte zudem Transparenz und einen ehrlichen Umgang mit Journalistinnen und Journalisten zu. Sprecherin Jen Psaki kündigte an, die täglichen Pressebriefings im Weißen Haus wiederaufleben zu lassen. Traditionell fanden Pressekonferenzen im Weißen Hauses früher in der Regel an Werktagen statt. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump gab es sie nur noch sporadisch – wenn überhaupt. Trumps Sprecher hatten ein angespanntes Verhältnis zum Pressekorps des Weißen Hauses, waren dafür aber umso loyaler zu Trump.

US-Präsident Joe Biden
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Ein Stapel voll unterschriebener Exekutivmaßnahmen: Biden schritt sofort zur Tat

Aufruf zu Einheit und Versöhnung

Schon mit seiner ersten Rede als US-Präsident am Mittwoch trat Biden sein Amt mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung an – was in starkem Kontrast zu seinem Vorgänger stand. „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein“, versprach Biden in seiner Antrittsrede vor dem gesicherten US-Kapitol, das zwei Wochen zuvor von gewalttätigen Anhängern und Anhängerinnen Trumps gestürmt worden war.

Biden sagte, er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn bei der Wahl nicht unterstützt hatten, wie für jene, die das getan hatten. Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. „Die Demokratie hat sich durchgesetzt.“ Vor Biden legte auch seine Stellvertreterin Kamala Harris ihren Amtseid ab. Sie ist die erste Frau und erste „Person of Color“ im Amt der US-Vizepräsidentin.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris
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Harris ist die erste Vizepräsidentin der USA

Rückkehr zum Klimaabkommen

Dass sich auch Biden durchsetzen will, demonstrierte er noch an Tag eins. „Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten.“ Kurz danach unternahm er die ersten Schritte dafür: Er leitete die Rückkehr zum Klimaabkommen von Paris ein. Die USA waren Anfang November offiziell ausgeschieden – ein Jahr nachdem Trumps Regierung den Austritt aus dem historischen Abkommen erklärt hatte. Nun sollen die USA nach Angaben der UNO am 19. Februar wieder Teil des Vertrags werden. Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation im Kampf gegen die Klimakrise machen.

Biden zeichnete im Oval Office noch andere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ab. Er suspendierte Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet im Bundesstaat Alaska und blockierte den Weiterbau der Ölpipeline „Keystone XL“ aus Kanada. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau, der die Pipeline befürwortet, reagierte „enttäuscht“ auf Bidens Schritt.

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Donald Trump
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Donald Trump ist nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten
Donald Trump und Melania Trump
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Er verließ am Mittwoch Washington DC – noch vor der Angelobung Joe Bidens, …
US-Flaggenmeer in Washington
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… die unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfand
US-Flaggen vor dem Kapitol
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Wegen der Coronavirus-Pandemie waren nur wenige Zuschauer und Zuschauerinnen zu Angelobung erschienen
Polizeibeamte des Kapitols in Washington.
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Für gewöhnlich ist vor dem Kapitol mehr los
Polizist vor der geschmückten Westseite des Kapitols in Washington
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Vor der Inauguration wurde alles gesichert und aufgestellt
Ankunft von Joe Biden und Kamala Harris mit Ehepartnern
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Joe Biden mit seiner Ehefrau und Kamala Harris mit ihrem Ehemann
US Vizepräsidentin Kamala Harris und ihr Mann Doug Emhoff.
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Harris’ Ehemann Doug Emhoff ist der erste „Second Gentleman“ im Weißen Haus
Der ehemalige US Präsident Bill Clinton und seine Frau Hillary Clinton.
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Der ehemalige US Präsident Bill Clinton und die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton
Der ehemalige US Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle Obama.
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Auch die Obamas, Barack und Michelle, waren Gäste bei der Inauguration Bidens
Der ehemalige US Präsident George W. Bush und seine Frau Laura Bush.
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Der ehemalige US Präsident George W. Bush und Laura Bush
US Vizepräsident President Mike Pence und seine Frau Karen Pence.
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Trump war zwar nicht anwesend, aber dessen Vize Mike Pence
Donald und Melania Trump am Flughafen von Palm Beach (Florida)
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Donald und Melania Trump flogen nach Palm Beach
US Präsident Joe Biden und seine Frau Jill.
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Jill und Joe Biden auf der Plattform des Kapitols, wo Biden angelobt wurde
Lady Gaga
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Zuerst sang aber Lady Gaga die US-Hymne – Mike Pence lauscht ihr
Kamala Harris wird als Vizepräsidentin angelobt.
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Kamala Harris wurde als erste Frau und erste „Person of Color“ angelobt – auf Twitter schrieb sie: „Ich bin bereit, zu dienen.“
Angelobung von US-Präsident Joe Biden
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Nach vier Jahren Trump wurde Joe Biden als US-Präsident angelobt
US Päsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris.
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Das Team soll die USA die kommenden vier Jahre führen
US Präsident Joe Biden hält eine Rede bei seiner Angelobung.
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In seiner Rede rief er zu Einheit und Kooperation auf
US Präsident Joe Biden hält eine Rede bei seiner Angelobung.
APA/AFP/Getty Images/Tasos Katopodis
Von den vergleichsweise wenigen Gästen gab es Standing Ovations
Jennifer Lopez singt bei Bidens Angelobung.
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Zwischen den Angelobungen sang auch noch Jennifer Lopez
Die Poetin Amanda Gorman.
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Den Schlusspunkt setzte die 22-jährige Poetin Amanda Gorman: „Es gibt immer Licht, wenn wir mutig genug sind, es zu sehen. Wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein.“
Soldaten in historischer Kleidung ziehen an US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris und deren Ehepartnern vorbei
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Die Parade dauerte den ganzen Tag
Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris bei der Kranzniederlegung am Friedhof in Arlington.
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Auf dem Nationalfriedhof in Arlington hielten Biden und Harris an dem bereits vor ihrer Ankunft platzierten Kranz einen Moment Stille
Das US Militär reiht sich vor dem weißen Haus auf um den neuen Präsidenten zu emfangen.
AP/David J. Phillip
Danach ging es Richtung Weißes Haus
Die Eskorte des Präsidenten zum weißen Haus.
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Mit gepanzerten Wagen fuhr die Biden-Familie in ihr künftiges Heim
Präsident Joe Biden zusammen mit seiner Frau bei der Ankunft im weißen Haus.
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… und betraten es schließlich

Kampf gegen Pandemie

Auf internationale Zusammenarbeit setzt Biden auch bei der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie. Am Mittwoch stoppte er den von Trump mitten in der globalen Krise eingeleiteten Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Mit dem angesehenen US-Immunologen Anthony Fauci als Delegationsleiter will die neue Regierung schon am Donnerstag wieder an einer WHO-Sitzung teilnehmen.

Inaugurationsrede von Joe Biden

Am Mittwoch ist Joe Biden als US-Präsident angelobt worden. In seiner Inaugurationsrede rief er zu Einheit und Zusammenarbeit auf.

Gegen die Pandemie setzt Biden auch auf striktere Regeln – er ordnete für die nächsten hundert Tage eine Maskenpflicht an. Sie greift allerdings nur an Orten im Zuständigkeitsbereich des Bundes, beispielsweise in Gebäuden von Bundesbehörden, Flugzeugen und Zügen sowie Bussen im Verkehr zwischen Bundesstaaten. Biden erklärte den Kampf gegen CoV zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. Das Virus breitet sich in den USA noch immer unkontrolliert aus. Mehr als 400.000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie in den USA gestorben. In den kommenden Tagen will Biden weitere Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreifen.

Keine Mauer mehr

Biden bewies am Mittwoch auch, dass er vom rigorosen Antieinwanderungskurs Trumps abrücken will. Er hob das von Trump verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern auf, das Trump eine Woche nach seinem Amtsantritt 2017 erlassen hatte. Wenige Stunden nach seiner Vereidigung schickte Biden zudem einen Gesetzesentwurf an den US-Kongress. Nach Angaben der neuen Sprecherin Psaki ist darin unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen sollen – und auf lange Sicht auch die US-Staatsbürgerschaft.

Biden wies das Heimatschutzministerium zudem an, Schritte in die Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum Schutz von rund 700.000 jungen Migrantinnen und Migranten vor einer Abschiebung abzielen. Biden entzog darüber hinaus einem Herzensprojekt Trumps die Finanzierungsgrundlage: dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Mexiko begrüße das entsprechende, von Biden bereits an seinem ersten Amtstag unterzeichnete Dekret, schrieb Außenminister Marcelo Ebrard auf Twitter.

Trumps letzte Botschaft

Die Wege von Biden und Trump kreuzten sich am Mittwoch im Weißen Haus übrigens nicht – Trump war in der Früh vor Bidens Vereidigung in Richtung seines Luxusresorts Mar-a-Lago in Florida abgereist. Er war der erste Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869, der der Zeremonie zur Amtseinführung seines Nachfolgers fernblieb. Mit einer Tradition brach Trump nicht: Er hinterließ Biden vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Notiz im Büro des Präsidenten.

„Der Präsident hat einen sehr wohlwollenden Brief geschrieben“, sagte Biden. Weil es sich bei dem Brief um eine persönliche Angelegenheit handle, wolle er nicht darüber sprechen, solange er nicht mit Trump geredet habe. US-Präsident Ronald Reagan hatte 1989 die Tradition begründet, dem Amtsnachfolger ein Schreiben im Oval Office zu hinterlassen.