Von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangte Biden, dass sie sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem Volk bewusst sein müssten, und mahnte einen respektvollen Umgang miteinander an. „Wenn Sie jemals mit mir arbeiten, und ich höre, dass Sie einen anderen Kollegen respektlos behandeln, jemanden heruntermachen: Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie auf der Stelle feuern werde“, sagte Biden. Seinerseits sagte er zu, dass er eigene Fehler eingestehen und offen mit ihnen umgehen werde.
Das Weiße Haus sagte zudem Transparenz und einen ehrlichen Umgang mit Journalistinnen und Journalisten zu. Sprecherin Jen Psaki kündigte an, die täglichen Pressebriefings im Weißen Haus wiederaufleben zu lassen. Traditionell fanden Pressekonferenzen im Weißen Hauses früher in der Regel an Werktagen statt. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump gab es sie nur noch sporadisch – wenn überhaupt. Trumps Sprecher hatten ein angespanntes Verhältnis zum Pressekorps des Weißen Hauses, waren dafür aber umso loyaler zu Trump.
Aufruf zu Einheit und Versöhnung
Schon mit seiner ersten Rede als US-Präsident am Mittwoch trat Biden sein Amt mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung an – was in starkem Kontrast zu seinem Vorgänger stand. „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein“, versprach Biden in seiner Antrittsrede vor dem gesicherten US-Kapitol, das zwei Wochen zuvor von gewalttätigen Anhängern und Anhängerinnen Trumps gestürmt worden war.
Biden sagte, er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn bei der Wahl nicht unterstützt hatten, wie für jene, die das getan hatten. Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. „Die Demokratie hat sich durchgesetzt.“ Vor Biden legte auch seine Stellvertreterin Kamala Harris ihren Amtseid ab. Sie ist die erste Frau und erste „Person of Color“ im Amt der US-Vizepräsidentin.
Rückkehr zum Klimaabkommen
Dass sich auch Biden durchsetzen will, demonstrierte er noch an Tag eins. „Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten.“ Kurz danach unternahm er die ersten Schritte dafür: Er leitete die Rückkehr zum Klimaabkommen von Paris ein. Die USA waren Anfang November offiziell ausgeschieden – ein Jahr nachdem Trumps Regierung den Austritt aus dem historischen Abkommen erklärt hatte. Nun sollen die USA nach Angaben der UNO am 19. Februar wieder Teil des Vertrags werden. Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation im Kampf gegen die Klimakrise machen.
Biden zeichnete im Oval Office noch andere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ab. Er suspendierte Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet im Bundesstaat Alaska und blockierte den Weiterbau der Ölpipeline „Keystone XL“ aus Kanada. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau, der die Pipeline befürwortet, reagierte „enttäuscht“ auf Bidens Schritt.
Kampf gegen Pandemie
Auf internationale Zusammenarbeit setzt Biden auch bei der Bewältigung der Coronavirus-Pandemie. Am Mittwoch stoppte er den von Trump mitten in der globalen Krise eingeleiteten Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Mit dem angesehenen US-Immunologen Anthony Fauci als Delegationsleiter will die neue Regierung schon am Donnerstag wieder an einer WHO-Sitzung teilnehmen.
Inaugurationsrede von Joe Biden
Am Mittwoch ist Joe Biden als US-Präsident angelobt worden. In seiner Inaugurationsrede rief er zu Einheit und Zusammenarbeit auf.
Gegen die Pandemie setzt Biden auch auf striktere Regeln – er ordnete für die nächsten hundert Tage eine Maskenpflicht an. Sie greift allerdings nur an Orten im Zuständigkeitsbereich des Bundes, beispielsweise in Gebäuden von Bundesbehörden, Flugzeugen und Zügen sowie Bussen im Verkehr zwischen Bundesstaaten. Biden erklärte den Kampf gegen CoV zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. Das Virus breitet sich in den USA noch immer unkontrolliert aus. Mehr als 400.000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie in den USA gestorben. In den kommenden Tagen will Biden weitere Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreifen.
Keine Mauer mehr
Biden bewies am Mittwoch auch, dass er vom rigorosen Antieinwanderungskurs Trumps abrücken will. Er hob das von Trump verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern auf, das Trump eine Woche nach seinem Amtsantritt 2017 erlassen hatte. Wenige Stunden nach seiner Vereidigung schickte Biden zudem einen Gesetzesentwurf an den US-Kongress. Nach Angaben der neuen Sprecherin Psaki ist darin unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen sollen – und auf lange Sicht auch die US-Staatsbürgerschaft.
Biden wies das Heimatschutzministerium zudem an, Schritte in die Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum Schutz von rund 700.000 jungen Migrantinnen und Migranten vor einer Abschiebung abzielen. Biden entzog darüber hinaus einem Herzensprojekt Trumps die Finanzierungsgrundlage: dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Mexiko begrüße das entsprechende, von Biden bereits an seinem ersten Amtstag unterzeichnete Dekret, schrieb Außenminister Marcelo Ebrard auf Twitter.
Trumps letzte Botschaft
Die Wege von Biden und Trump kreuzten sich am Mittwoch im Weißen Haus übrigens nicht – Trump war in der Früh vor Bidens Vereidigung in Richtung seines Luxusresorts Mar-a-Lago in Florida abgereist. Er war der erste Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869, der der Zeremonie zur Amtseinführung seines Nachfolgers fernblieb. Mit einer Tradition brach Trump nicht: Er hinterließ Biden vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Notiz im Büro des Präsidenten.
„Der Präsident hat einen sehr wohlwollenden Brief geschrieben“, sagte Biden. Weil es sich bei dem Brief um eine persönliche Angelegenheit handle, wolle er nicht darüber sprechen, solange er nicht mit Trump geredet habe. US-Präsident Ronald Reagan hatte 1989 die Tradition begründet, dem Amtsnachfolger ein Schreiben im Oval Office zu hinterlassen.