Neues Strategiepaket gegen Antisemitismus präsentiert

Die Bundesregierung hat gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien heute ihre nationale Strategie gegen Antisemitismus präsentiert. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sprachen dabei von einem umfassenden Paket, das von Bildungsangeboten über die konsequente Strafverfolgung bis zum zivilgesellschaftlichen Engagement reiche.

Beide Regierungsmitglieder betonten die Verantwortung Österreichs im Kampf gegen Antisemitismus, „egal ob er von links kommt oder von rechts kommt, egal ob er importierter Antisemitismus ist oder autochthoner“, wie Edtstadler es formulierte.

Einbindung der Zivilgesellschaft „Schlüssel zum Erfolg“

Auf sechs Säulen baue die Strategie gegen Antisemitismus auf, erläuterte Edtstadler. Dazu gehören Bildungsangebote, verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen, die Sicherstellung einer effektiven Verfolgung, verstärkte Vermittlung im Zuge von Integrationsmaßnahmen, der Aufbau einer Dokumentationsstelle samt europaweitem Austausch von Daten sowie die Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Letzteres sei „der Schlüssel zum Erfolg“.

Antisemitische Tendenzen sieht die Regierung auch in Zusammenhang mit den Demonstrationen von Gegnern der Coronavirus-Maßnahmen. Viele würden dort stillschweigend antisemitische Parolen in Kauf nehmen.

Erfreut über den Vorstoß zeigte sich IKG-Präsident Oskar Deutsch. Er machte klar, dass es sich bei Juden nicht um eine homogene Gruppe handle. „Gerade die Vielfältigkeit zeichnet das Judentum aus.“ Jeder Angriff sei somit ein Angriff auf die vielfältige demokratische Gesellschaft. Der Kampf gegen Antisemitismus sei auch keine primäre Aufgabe der jüdischen Gemeinde, sondern eine gesamtstaatliche.

Auch Katharina von Schnurbein, Antisemitismus-Beauftragte der Europäischen Kommission, schaltete sich per Videoschaltung aus Brüssel in die Präsentation ein und gratulierte zu „dieser wirklich ambitionierten Antisemitismus-Strategie, mit der sich Österreich an die Spitze setzt“.

Maßnahmen im Integrationsbereich

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies in einer Aussendung darauf, dass im Rahmen der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus auch im Integrationsbereich konkrete Maßnahmen vorgesehen seien, „um antisemitisches Gedankengut unter ZuwanderInnen und Flüchtlingen zu bekämpfen“.

Diese sollten in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) und der IKG umgesetzt werden. So soll es im Rahmen der Werte- und Orientierungskurse des ÖIF ein eigenes Modul zu Antisemitismus geben. Zudem soll das Dialogprojekt „Likrat“ der IKG ausgebaut werden: Dabei besuchen jüdische Jugendliche Schulen, vor allem Brennpunktschulen, und klären über das Judentum auf. Auch ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann verwies auf die Unterstützung durch sein Ressort.

SPÖ und NEOS zufrieden

Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, sieht in der Strategie ein „ambitioniertes Projekt“, das rasch umgesetzt werden müsse. Für Stephanie Krisper, Sprecherin für Inneres bei NEOS, ist es auch dringend notwendig, „Hausaufgaben im Sicherheitsapparat“ zu erledigen. So sei ein „funktionierendes“ Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Voraussetzung, die Polizei dürfe nicht „am rechten Auge blind“ sein.