Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP)
APA/Herbert Neubauer
Salzburgs Landeshauptmann Haslauer

Bürgermeister „Priorität I“ beim Impfen

Während sich erste Bürgermeister, etwa Feldkirchs Wolfgang Matt (ÖVP), für die Inanspruchnahme einer vorzeitigen CoV-Impfung entschuldigen, erhalten betroffene Ortschefs in Salzburg Rückendeckung von der Politik. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (beide ÖVP) stellten am Donnerstag in einem Schreiben klar, dass eine Impfung von den Priorisierungsempfehlungen des Gesundheitsministeriums in bestimmten Fällen gedeckt sei.

Auch Personen mit einer regelmäßigen Tätigkeit bzw. regelmäßigem Aufenthalt in Seniorenwohnheimen könnten geimpft werden: „Wir vertreten den Standpunkt, dass all jene Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung regelmäßig in Seniorenwohnheimen in Kontakt z. B. mit der Heimleitung, dem Personal oder den Bewohnerinnen und Bewohnern sind, sehr wohl unter die Priorität I fallen“, hieß es in dem an alle Ortschefs im Bundesland ergangenen Schreiben.

Die Entscheidung über eine Impfung solle dabei vom Impfkoordinator eines Heimes oder dem beigezogenen Arzt getroffen werden, auch in Hinblick auf übrig gebliebene Dosen. Vorrang soll es dabei aber für Bewohner und Personal sowie andere verfügbare vulnerable Personen geben. Entscheidend sei, dass die Bürgermeister nicht als Bürgermeister geimpft würden, sondern in ihrer Funktion als Obmänner bzw. Rechtsträger der Seniorenheime, sagte auch ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Mayer.

„Sie haben nichts falsch gemacht“

„Wir verwehren uns dagegen, dass alle Bürgermeister über einen Kamm geschoren werden. Ein Vordrängen oder Vetternwirtschaft kommt natürlich nicht infrage. Aber wenn Bürgermeister als Letztverantwortliche auch rechtlich für die Seniorenheime haften, kann ihnen eine Impfung nicht als moralischer Verstoß ausgelegt werden. Sie haben nichts falsch gemacht.“ In Salzburg sind laut Mayer bereits zwölf oder dreizehn der insgesamt 119 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geimpft worden. „Diese haben sich an alle Regeln gehalten.“

Aus dem Gesundheitsministerium heißt es zur Definition der Priorität I gegenüber ORF.at: „Die in Priorität 1 genannten Personen mit einer regelmäßigen Tätigkeit oder regelmäßigem Aufenthalt in Alten-, Pflege- und Seniorenwohnheimen umfasst natürlich Personen, die auch während der Pandemie einen wesentlichen Beitrag für das physische oder psychische Wohl der Bewohner*innen leisten – etwa Physiotherapeut*innen oder Ehepartner*innen.“

Anschober: Bürgermeister sollen „vorsichtig“ sein

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte im Interview mit der ZIB2, dass Regierung und Landeshauptleute den Vorwürfen nachgehen. „Ich würde alle Bürgermeister ersuchen, da vorsichtig zu sein“, so Anschober – und weiter: „Ich finde es gut, dass sich manche Bürgermeister bereits entschuldigt haben.“

Gesundheitsminister: Keine Garantie für Öffnungsdatum

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zufolge kann niemand garantieren, dass der 8. Februar als Öffnungsdatum hält. Es sei jedoch das erklärte Ziel, ab diesem Tag schrittweise und kontrolliert zu öffnen, wenn die virologische Situation das zulässt. Bezüglich der CoV-Impfungen stehen in den kommenden Wochen etwa um 9.000 Dosen weniger zur Verfügung als angekündigt, diese sollen jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert werden. Bei der Impfstrategie gibt es laut Anschober eine gute Kooperation zwischen Bund und Ländern.

Angesprochen auf einen Bericht des „Standard“, wonach Tirol CoV-Impfdosen an private Krankenanstalten verteilt, obwohl sie zum Teil keine Covid-19-Patientinnen und -Patienten betreuen, sagte Anschober, dass in dieser Gruppe auch Menschen mit direktem Patientenkontakt seien, sie würden also auch in die Phase 1 gehören.

Unterdessen zeigte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker für die Ansicht der Spitzen der Salzburger Landesregierung „null Verständnis“. Wird jetzt „das unmoralische Vordrängeln der Bürgermeister und das freche Ignorieren aller Impfrichtlinien von der ÖVP auch noch erlaubt?“, fragte er in einer Aussendung und erneuerte auch die NEOS-Forderung nach einem „Impfkrisengipfel“. „Es gibt absolut keinen Grund, Bürgermeister vor Schwerbehinderte oder Hochbetagte zu reihen.“

Bad Gasteiner Ortschef: „Nicht vorgedrängt“

Gleichzeitig wurde die Liste der geimpften Lokalpolitiker trotz der aktuellen Debatte um „Impfvordrängler“ länger. Am Donnerstag ließ sich etwa der Bürgermeister von Bad Gastein, Gerhard Steinbauer (ÖVP), impfen. „Ich bin von Anfang an in meiner Funktion auf der Prioritätenliste der Gemeinde gestanden“, sagte der Ortschef. „Keinesfalls habe ich mich für eine Impfung vorgedrängt.“ Steinbauer informierte heute auch die Bürger der Gemeinde in einem Schreiben über seine Impfung.

Auch die Lienzer Bürgermeisterin und ehemalige Tiroler SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik wurde laut Medienberichten bereits gegen das Coronavirus geimpft. Auch sie wies ein Fehlverhalten zurück, zumal sie als Obfrau im Gemeindeverband Bezirksaltenheime Lienz in Osttirol vier Heime führe. Sie sei „permanent vor Ort“ und habe dort auch ihr Büro, argumentierte sie gegenüber dem „Kurier“ und der „Tiroler Tageszeitung“ (Onlineausgaben) am Donnerstag.

Anschober sichert zweite Dosis zu

Trotz aller Kritik kündigte Anschober an, dass auch die Vordränger die zweite Dosis bekommen. Um Vordrängen künftig zu unterbinden, sind laut Anschober Stichprobenkontrollen geplant. Jene Bürgermeister und andere Personen, die schon eine erste Impfung bekommen haben, werden laut Gesundheitsminister aber auch „den zweiten Stich“ bekommen, sonst wäre die erste Dosis eine vergeudete, erklärte er im Hauptausschuss.

Mehrere Bürgermeister entschuldigten sich

Der Feldkircher Bürgermeister Matt nahm am Donnerstagnachmittag ein zweites Mal zu der Kontroverse um seine vorgezogene Impfung Stellung. Am Dienstagabend hatte der Fall bundesweit hohe Aufmerksamkeit erhalten nach einem Interview in der ZIB2. Am Donnerstag nun reichte Matt eine Entschuldigung nach – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Auch sechs oberösterreichische SPÖ-Kommunalpolitiker, die sich bereits impfen haben lassen, entschuldigten sich am Donnerstag schriftlich. Eine Entschuldigung gab es auch aus der Gemeinde St. Georgen im Attergau – dort ließ sich Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) mit einer Restdosis impfen.

Wegen einer schweren Darmerkrankung sei er ein „Hochrisikopatient“, die Schutzimpfung sei ihm aufgrund der schweren Krankengeschichte von ärztlicher Seite „dringend empfohlen“ worden. Als das Angebot vom Seniorenheim kam, habe er es angenommen. Auch er betonte, sich nicht vorgedrängt zu haben. „Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen, die sich durch die mir verabreichte Schutzimpfung in ihrem Gerechtigkeitsempfinden verletzt fühlen. Das tut mir aufrichtig leid“, sagte er in einem Statement.

Zuvor hatte es nicht nur von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) heftige Kritik bis hin zu Rücktrittsempfehlungen gegeben. Auch SPÖ-Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner richtete allen außerhalb der Reihung zum Zug Gekommenen aus, dass das Impfprogramm „kein Selbstbedienungsladen“ sei.