AstraZeneca
Reuters/PA Wire/Gareth Fuller
Kleinere Menge für EU

Lieferverzögerung bei AstraZeneca-Impfstoff

Der in der EU unmittelbar vor der Zulassung stehende Impfstoff von AstraZeneca wird zu Beginn nur in geringeren Mengen als ursprünglich geplant zur Verfügung stehen. Das gab das Unternehmen am Freitagnachmittag bekannt. Grund seien, so der britische Pharmakonzern, geringere Erträge an einem Produktionsstandort. Das wird wohl auch Auswirkungen auf die Impfplanung in Österreich haben.

AstraZeneca wird „anfänglich“ weniger Impfstoff ausliefern als ursprünglich geplant, hieß es auf Anfrage von ORF.at Zwar gebe es „keine geplante Verzögerung für den Lieferbeginn“ des Impfstoffs, die „anfänglichen Volumina“ werden aber „geringer ausfallen als ursprünglich erwartet“, so ein Sprecher des Unternehmens.

Grund dafür sind laut AstraZeneca „reduzierte Erträge der Impfsubstanz an einem Produktionsstandort“, hieß es. Später wurde bekannt, dass es sich offenbar um Probleme beim belgischen Zulieferer Novasep handle. Dieser hatte im November einen Liefervertrag mit dem Konzern geschlossen. Insgesamt werde man im Februar und März „mehrere zehn Millionen Dosen“ in die EU liefern.

Wie die „Financial Times“ schrieb, gab der Konzern die Neuigkeiten bei einem Treffen mit den Impfkoordinatorinnen und -koordinatoren der Mitgliedsstaaten sowie der EU am Freitag bekannt. Das Blatt berief sich auf Quellen, wonach das Defizit als „signifikant“ bezeichnet wurde, eine andere mit der Sache vertraute Person sagte, es sehe „kurzfristig nicht gut aus“.

Österreich plante über zwei Millionen Dosen ein

Unklar ist noch, wie sich die Verzögerungen genau auf Österreich auswirken werden. In einigen Medien, darunter „Standard“ und „Oe24“, wurde berichtet, dass Österreich jetzt nur 509.000 Impfdosen im ersten Quartal erhalten soll, davon 97.000 in der ersten Tranche im Februar – der „Standard“ bezog sich dabei auf „Informationen aus dem Impfkoordinatoren-Treffen“.

AstraZeneca spielte ursprünglich jedenfalls eine prominente Rolle im Impfplan hierzulande. Noch am Donnerstag sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass AstraZeneca im ersten Quartal zwei Millionen Impfdosen für Österreich bereitstellen könne.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) meinte Freitagvormittag bei einer Pressekonferenz noch, Lieferengpässe sind „durchaus verkraftbar“. Der Impfplan Österreichs sieht vor, bis Ende März alle über 65-Jährigen zu impfen, die das möchten. Das sind 1,7 Millionen Menschen. Bestellt sind 937.950 Dosen von Pfizer, 200.000 Dosen von Moderna und 2,16 Millionen von AstraZeneca.

Ministerium: „Völlig inakzeptabel“

Vonseiten des Gesundheitsministerium hieß es vorerst, dass die zu diesem Zeitpunkt kolportierten Verringerungen der Lieferungsmengen für das erste Quartal „völlig inakzeptabel“ seien. „Zugesagte Liefermengen müssen eingehalten werden“, zitierte die APA das Ministerium, das gleichzeitig auf die zusätzlich erworbenen Mengen des Impfstoffs von Pfizer und Biontech verwies.

Die EU-Kommission reagierte am Freitagabend auf die Verzögerungen. Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides schrieb auf Twitter, dass AstraZeneca „Verzögerungen“ angekündigt habe, die Mitgliedsstaaten seien deshalb „sehr unzufrieden“. „Wir bestehen auf einem genauen Zeitplan für die Abgabe, auf dessen Grundlage die Mitgliedsstaaten ihre Impfprogramme planen sollen, vorbehaltlich der Erteilung einer vorläufigen Marktzulassung.“ Man werde sich weiter für eine Verbesserung der Stabilität und Vorhersehbarkeit der Lieferungen einsetzen, so Kyriakides.

EU muss anfangs mit weniger AstraZeneca-Impfstoff rechnen

ORF-Brüssel-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter kommentiert die Auswirkungen des Lieferengpasses für die EU.

Impfstoff steht offenbar unmittelbar vor Zulassung

Der Impfstoff wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford hergestellt und war der erste, den die EU vorbestellt hatte. Insgesamt waren bis zu 400 Millionen Impfdosen vorgesehen – mit jeweils zwei benötigten Impfungen könnte man damit rund die Hälfte der Bevölkerung der EU versorgen. Zuletzt forderte Österreich neben anderen EU-Staaten eine baldige Verteilung des Impfstoffs in der Union, am Freitag schlossen sich auch die Staaten des Baltikums, Estland, Lettland und Litauen, dieser Forderung an.

Noch ist der Impfstoff aber nicht zugelassen: Eine Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) über die Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffs wird für den 29. Jänner erwartet. Unklar ist aber, ob die EMA den Impfstoff nur mit Einschränkungen zulässt. Im Raum steht etwa, dass der Impfstoff nur für Personen unter 55 zugelassen werden könnte – für diesen Fall gebe es aber ebenfalls einen Plan, die Pläne für beide Varianten seien „de facto fertig“, so Anschober.