Packung mit AstraZeneca-Impfung
Reuters/Joe Giddens
AstraZeneca-Verzögerung

Anschober sieht Impfplan nicht gefährdet

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ist überzeugt, dass trotz der Lieferkürzung bei AstraZeneca die Impfungen in der Startphase nicht gefährdet sind. Anschober verwies dabei darauf, dass im Impfplan mehrere Varianten enthalten seien. „Das große Ziel, das Risiko in Alters- und Pflegeheimen zu reduzieren, wird nach Plan umgesetzt“, so Anschober am Rande einer Pressekonferenz am Samstag in Gramastetten.

Bis Ende Februar sollen demnach alle in diesen Einrichtungen, die das wollen, durchgeimpft sein, so der Gesundheitsminister weiter. Das gehe sich mit den derzeitigen Lieferungen – rund 1,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer und Moderna – aus, versicherte er. Auch wenn er die Lieferreduktion von AstraZeneca „nicht einfach hinnehmen“ und „um jede Dosis kämpfen“ wolle, so seien die Mengen dieses Impfstoffs bisher „noch gar nicht im Detail eingeplant, weil es noch keinen Genehmigungsbescheid gibt“, so Anschober. Daher seien im Impfplan auch mehrere Varianten enthalten.

„Wir sind vorbereitet auf solche Situationen.“ Zu sagen, welche Gruppe nun um wie viel später drankommen könnte, dazu sei es aber „noch viel zu früh“. Vor allem müsse man sehen, wie die Lieferungen im März aussehen. Es gebe am Montag die nächste Gesprächsrunde der EU mit AstraZeneca, da gehe es darum, diese Fragen zu konkretisieren.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Georg Hochmuth
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will um jede Dosis kämpfen

Klar scheine, dass die von AstraZeneca erwarteten Liefermengen im Februar deutlich kleiner zu werden drohen, teilte das Gesundheitsministerium dann noch in einer Aussendung mit: „von geplanten 650.000 auf 340.000 Dosen“. Noch größer drohe die Verringerung im März zu werden, geplant gewesen seien für diesen Monat 1,1 Millionen Dosen. Die Detailsumme sei hier allerdings noch nicht fixiert.

„Es wird nichts verschwendet“

Die Vorschläge von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zur Entspannung der Impfsituation – nämlich mehr Dosen aus einer Ampulle, längere Abstände zwischen den Teilimpfungen und andere Länder anzapfen – lobte er als „sehr konstruktiv“. Teilweise werde das aber ohnehin schon so gehandhabt. Beim Bezug von Impfstoff etwa aus Israel ist er jedoch skeptisch. „Nach meinem Wissensstand haben alle belieferten Länder ein Drittverwertungsverbot, aber wir werden das überprüfen“, sagte Anschober. „Wir kämpfen um jede einzelne Dosis, dass sie rechtzeitig geliefert wird“, vieles sei nach der Ankündigung von AstraZeneca am Freitag aber noch offen.

Rendi-Wagner hatte u. a. auch angeregt, aus einer Ampulle bis zu sieben Impfdosen herauszuziehen. Das sei bereits Realität, so Anschober, „es wird nichts verschwendet“. Bei der ebenfalls von der SPÖ-Chefin in den Raum gestellten Streckung des Impfintervalls blieb er vorsichtig. Laut Vorgaben des Genehmigungsbescheids darf der zweite Stich zwischen dem 19. und dem 42. Tag nach der ersten Teilimmunisierung verabreicht werden, ideal sei demnach Tag 21. „Da sind wir jetzt schon dabei, auch aus logistischen Gründen, Flexibilität zuzulassen“, so Anschober, „aber darüber hinaus nicht, weil da laut Genehmigungsbescheid ein Risiko beginnen würde“. Rendi-Wagners Vorschlag hatte sich aber ohnehin im Rahmen des zugelassenen Intervalls bewegt – sie hatte von fünf bis sechs statt drei Wochen gesprochen.

Lockdown: Werden auf vorsichtiger Seite bleiben

Um eine Prognose, wann der Lockdown zu Ende sein werde, abgeben zu können „brauchte man eine Kristallkugel“, wollte sich der Minister vorerst nicht festlegen. In der kommenden Woche werde es eine neuerliche Evaluierung – auch mit den Landeshauptleuten – geben. „Aber wir werden sicher sehr auf der vorsichtigen Seite bleiben“, alles andere wäre „fahrlässig“, so Anschober. Auch werde man in den kommenden Wochen nähere Daten zur Ausbreitung der britischen Mutation haben, wo nun auch im Raum steht, dass diese nicht nur ansteckender, sondern auch tödlicher sein könnte – auch wenn bisher alle Studien in Hinblick auf die Gefährlichkeit das Gegenteil gesagt hätten, wie Anschober betonte.

Covid-Sonderbeauftragte Clemens Martin Auer
APA/Robert Jaeger
Clemens Auer ist der Sonderbeauftragte des Gesundheitsministeriums

Auer: Haben Liefer-, kein Bestellproblem

Zu der Verzögerung bei der Impfstofflieferung äußerste sich am Samstag auch Clemens Auer, Sonderbeauftragter des Gesundheitsministeriums beim Österreichischen Impftag, der online abgehalten wurde. „Wir haben kein Bestellproblem, wir haben ein Lieferproblem“, so Auer. Er verteidigte das Vorgehen von EU und Österreich. Etwa im März vergangenen Jahres hätte es – so Auer – noch sehr nach einem Wettlauf der einzelnen Länder um die Covid-Impfstoffe ausgesehen. Das habe die EU aber durch eine rasche Entscheidung verhindern können: „Wir haben innerhalb von kurzer Zeit einen Entschluss gehabt, gemeinsam zu beschaffen.“

Die EU-Mitgliedsländer hätten damit das Portfolio an Vakzinen auch gemeinsam verhandelt und die gleichzeitige Belieferung nach den Bevölkerungsanteilen vereinbart. „Das Risiko war enorm groß“, sagte Auer, man habe es eben geteilt. „Wir haben mit sieben Herstellern Vereinbarungen über mehr als zwei Milliarden Dosen (Impfstoff; Anm.).“ Bei rund 450 Millionen Einwohnern sei man bemüht gewesen, auf größtmögliche Sicherheit zu setzen.

Die Pharmaindustrie erhielt im Rahmen der Vorbestellungen von den EU-Staaten gemeinsam vor allem Geld für die Produktion zukünftig zu liefernder SARS-CoV-2-Impfstoffe: „Wir haben insgesamt 2,7 Milliarden Euro an Anzahlungen geleistet. Das Hauptmotiv war, dass die Firmen ausreichend Kapital haben, um in die Produktion zu investieren.“

Firmen wollten „unendlich hohen Preis“

Mit der gemeinsamen Verhandlungsposition seien auch bessere Vertragskonditionen möglich geworden. „Die Firmen wollten am Anfang einen unendlich hohen Preis“, so Auer. Ein Pharmaunternehmen habe 120 Euro pro Dosis verlangen wollen. „Die Firmen wollten Vertragsklauseln, wo alle Haftungsklauseln ausgehebelt worden wären.“ Hier habe die Marktmacht von 450 Millionen Einwohnern für deutlich bessere Konditionen gesorgt.

Auer nannte an Bestellmengen für die EU: 400 Millionen Dosen von AstraZeneca, 300 Millionen Dosen von Sanofi, maximal 600 Millionen Dosen von BioNTech, 160 Millionen Dosen von Moderna und schließlich 225 Millionen Dosen von Curevac. Hinzu würden wohl noch Mengen von Novavax und Valneva kommen. Mit Pfizer habe man derzeit wegen der vorübergehenden Zurücknahme von Liefermengen „keine große Freude“, sagte der Experte. Das werde aber binnen kurzer Zeit wieder ausgeglichen. „AstraZeneca hat ernste Probleme mit der Produktion in einer Anlage in Belgien.“ Zwar wird es, so die Ausführungen Auers, durch die erfolgten „Überbuchungen“ der EU im Lauf der kommenden Monate zur Kompensation ausgefallener Liefermengen kommen, vorerst bleiben aber Probleme im Zeitablauf bestehen.

Anschober-Appell an Bürgermeister

Anschober appellierte angesichts zahlreicher Fälle von frühzeitig geimpften Bürgermeistern am Samstag erneut „eindringlich“, „diesen Schritt nicht zu tun“, es sei einfach „eine schiefe Optik. Da geht es um politische Verantwortung. Wir in der Politik müssen Vorbilder sein.“ Kraft des Amtes gebe es keine Impfung für Politiker, betonte der Minister. Wenn ein Ortschef aber ehrenamtlich in einem Altersheim tätig sei, „dann ist es ein legitimer Zugang“. Aber er würde raten, „sehr zurückhaltend“ zu sein. „Wenn man nicht wirklich Teil der ehrenamtlichen Gesellschaft und des Pflegesystems ist, dann würde ich sagen: Hände weg“, so Anschober.