Menschen auf der Straße
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Bewegungsdaten

Mobilität im Lockdown kaum reduziert

Eigentlich soll der aktuelle Lockdown die Infektionszahlen auf ein „Öffnungsniveau“ drücken. Allerdings zeigt sich immer deutlicher eine Lockdown-Müdigkeit, die sich nicht nur im Stagnieren der Infektionslage, sondern auch in der aktuellen Auswertung der Mobilfunkdaten niederschlägt. „Die Leute sind von Lockdown zu Lockdown mehr unterwegs“, so Komplexitätsforscher Peter Klimek am Montag im Ö1-Morgenjournal.

Während die Mobilität beim ersten Lockdown um etwa 70 Prozent zurückgegangen sei, waren es beim zweiten Lockdown nur noch circa 45 Prozent und beim dritten Lockdown maximal 27 Prozent. Derzeit nähere man sich laut Daten der vergangenen Woche einer Mobilitätsreduktion von 20 bis 25 Prozent an.

Dabei seien die Unterschiede zwischen den Bundesländern deutlich. Das zeige sich auch an den „Daheimbleibern“, also Menschen, die sich im Lockdown maximal einen halben Kilometer von zu Hause fortbewegen. Wien hat laut Klimek den höchsten Anteil der „Daheimbleiber“, gefolgt von der Steiermark. Am höchsten ist die Mobilität in den westlichen Bundesländern, vor allem in Tirol und Salzburg.

Klimek: Geplantes Lockdown-Ende unwahrscheinlich

Die jetzigen Bewegungseinschränkungen würden wohl kaum reichen, um dem Risiko einer raschen Ausbreitung der neuen Coronavirus-Varianten entgegenzutreten. „Bei dem, was wir momentan über diese neue Variante B.1.1.7 wissen, reichen diese Einschränkungen im Moment nicht aus“, so Klimek. Wenig optimistisch zeigte er sich bezüglich eines Lockdown-Endes am 8. Februar: „Was wir ausschließen können, ist, dass wir alles aufmachen können. Wie viel tatsächlich möglich ist, hängt natürlich vom epidemiologischen Geschehen ab.“

Entscheidend seien letztlich die Fallzahlen: Man müsse eine Diskussion darüber führen, mit welchen Kennzahlen man die Schulen wieder aufmachen und Öffnungsschritte im Handel gehen könne. Die Fallzahlen müssten so niedrig sein, dass man sie mit Testen und Kontaktverfolgung kontrollieren kann. „Wenn wir bei 1.000 bis 2.000 Fällen pro Tag aufsperren, werden wir in zwei, drei Wochen wieder in einem Bereich sein, in dem es in den Intensivstationen kritisch wird“, warnte Klimek. Man könne sich nicht an einem Datum orientieren, sondern müsse auf die Fallzahlen schauen.

„Maximum der Wirksamkeit erreicht“

Auch Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Universität Krems sagte im Ö1-Morgenjournal: „Wir müssen uns eingestehen, dass der Lockdown in der derzeitigen Form mit all den Ausnahmen und Schlupflöchern ein Maximum der Wirksamkeit erreicht hat.“ Unter anderem mit Blick auf die geöffneten Skigebiete sagte Gartlehner, es brauche wohl doch strengere Maßnahmen, um auf die angepeilte 7-Tage-Inzidenz von höchstens 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu kommen.

Neben einer „mangelnden Bereitschaft der Bevölkerung, die Maßnahmen mitzutragen“, spielen laut Gartlehner wohl auch schon die neuen, ansteckenderen Varianten eine Rolle im Infektionsgeschehen. Beide Faktoren seien Gründe, warum die Fallzahlen mittlerweile stagnieren würden. Der zusätzliche Nutzen der FFP2-Maskenpflicht und des erhöhten Abstandes werde nicht ausreichen, um die Zahlen auf das erwünschte Maß zu drücken.

Es wäre Gartlehner zufolge besser gewesen, zwei Wochen lang einen wirklich harten Lockdown mit gesperrten Skiliften, verpflichtendem Homeoffice und vielleicht auch mehr Kontrollen durchzuführen. In der aktuellen Situation bestehe die hohe Wahrscheinlichkeit, dass man den Lockdown nur verschleppe. Auch angesichts der Impfung warnte er vor zu großem Optimismus: Er rechne damit, dass die epidemiologischen Maßnahmen Österreich noch bis Herbst beschäftigen werden.

Regierung evaluiert Lage

Die zuletzt verfügbaren Daten zeigen, dass die CoV-Situation weitgehend stagniert. Die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den abgelaufenen sieben Tagen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, liegt laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bei 118 (Stand: Sonntag, 14.00 Uhr). Damit hat sich der Wert über mehrere Tage bei rund 120 eingependelt. Das Gesundheits- und das Innenministerium meldeten am Montag 1.009 neu registrierte Coronavirus-Fälle innerhalb der letzten 24 Stunden.

Die Regierung will unterdessen am Montag die aktuelle CoV-Situation evaluieren und hat dazu Gespräche am Nachmittag und Abend angekündigt. Den Start machen Beratungen mit Fachleuten am Nachmittag, danach werden die Landeshauptleute und die Opposition informiert. Ziel der Regierung ist es, mit den Landeshauptleuten und der Opposition den aktuellen Wissensstand der Wissenschaft zur Infektionslage, den Mutationen und den darauf basierenden Prognosen zu teilen.