„Ibiza“-Ausschuss: Kurz-Kabinettschef Bonelli wird befragt

Im „Ibiza“-Ausschuss wird derzeit der Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bernhard Bonelli, befragt. Bonelli kam im Sommer 2017 ins Kabinett des damaligen Außenministers Kurz, seit Anfang 2020 ist er Kabinettschef im Bundeskanzleramt. Unter ÖVP und FPÖ sei er auch für die Koordinierung zuständig gewesen, gab Bonelli eingangs an.

Die Abgeordneten interessieren sich für die internen Abläufe im Bundeskanzleramt – insbesondere hinsichtlich der Zeit um Erstellung und Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“.

Bonelli: Vom „Schreddern“ im Urlaub erfahren

Generell wird heute auch die „Schredder-Affäre“ noch einmal aufgerollt. Dabei geht es um jenen publik gewordenen Vorgang, bei dem Kurz-Mitarbeiter Arno M. nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ fünf Festplatten des Bundeskanzleramts unter falschem Namen und ohne zu bezahlen vernichten ließ. M. wird heute auch noch befragt.

Bonelli gab an, vom „Schreddern“ erst im Juli erfahren zu haben – in den Prozess sei er nicht involviert gewesen, er sei gerade auf Urlaub gewesen. Das sei geschehen, bevor die Sache öffentlich wurde, sagte er auf Fragen von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Er wisse nicht, um welches Material es sich dabei gehandelt habe.

„Vom Regelprozess abgewichen“

Den Auftrag zum Schreddern habe ein Gruppenleiter gegeben, wie er im Nachhinein erfahren habe, so Bonelli. Auch gab er zu Protokoll, dass in diesem Fall „vom Regelprozess abgewichen“ worden sei. Die Abgeordneten wollen die Causa politisch aufarbeiten, nachdem die Staatsanwaltschaft vor knapp einem Jahr die Ermittlungen eingestellt hat.

Nach dem Mitarbeiter, der das Schreddern organisierte, geladen ist als dritte Auskunftsperson Albert Posch, ehemaliger Kabinettschef von Gernot Blümel (ÖVP). Er leitet mittlerweile den Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Die Fraktionen erwarten sich von den beiden Zeugen ebenfalls Einblicke in die internen Abläufe im Bundeskanzleramt unter der Regierung von ÖVP und FPÖ.

Abgeordnete wollen Infos zu Festplatten

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer will vor allem wissen, was auf den geschredderten Festplatten war. Klar sei bereits, dass das Schreddern gegen „alle Regeln des Bundeskanzleramts“ verstoßen habe. Krainer stellte auch die weitere Funktion des Leiters der „SoKo Ibiza“, Andreas Holzer, infrage.

Scharfe Kritik an SoKo-Leiter

Wie schon Krainer sprach auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker das heute veröffentlichte Interview mit dem Drahtzieher des „Ibiza-Videos“ an und hinterfragte, warum Bundespräsident Alexander Van der Bellen nicht auf das Offert von Julian H. reagierte. Er stellte in den Raum, dass auch der Bundespräsident in den U-Ausschuss geladen wird. Der ehemalige Berater Van der Bellens, Lothar Lockl, sei auf jeden Fall ein „Fixstarter“.

Die Vorgangsweise bei der Vernichtung der Festplatten sei „total unüblich“ gewesen, so NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, und sei aus dem engsten Umfeld von Kurz umgesetzt worden. Wie ihre Vorredner kritisierte Krisper Holzer scharf, die Beweisaufnahme in der Parteizentrale sei völlig ineffizient vorgenommen worden, es gebe kein effizientes Ermittlungsvorgehen.