„Schreddern“ im „Ibiza“-Ausschuss: Bonelli „nicht involviert“

Im „Ibiza“-Ausschuss wird derzeit der Kabinettschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bernhard Bonelli, befragt. Bonelli kam im Sommer 2017 ins Kabinett des damaligen Außenministers Kurz, seit Anfang 2020 ist er Kabinettschef im Bundeskanzleramt. Unter ÖVP und FPÖ sei er auch für die Koordinierung zuständig gewesen, gab Bonelli eingangs an.

Auskunftsperson Bernhard Bonelli beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Die Abgeordneten interessieren sich für die internen Abläufe im Bundeskanzleramt – insbesondere hinsichtlich der Zeit um Erstellung und Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“.

„Im Urlaub erfahren“

Generell wird heute auch die „Schredder-Affäre“ noch einmal aufgerollt. Dabei geht es um jenen publik gewordenen Vorgang, bei dem Kurz-Mitarbeiter Arno M. nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ fünf Festplatten des Bundeskanzleramts unter falschem Namen und ohne zu bezahlen vernichten ließ. M. wird heute auch noch befragt.

Bonelli gab an, vom „Schreddern“ erst im Juli erfahren zu haben – in den Prozess sei er nicht involviert gewesen, er sei gerade auf Urlaub gewesen. Das sei geschehen, bevor die Sache öffentlich wurde, sagte er auf Fragen von Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli.

„Vom Regelprozess abgewichen“

Den Auftrag zum „Schreddern“ habe ein Gruppenleiter gegeben, wie er im Nachhinein erfahren habe, so Bonelli. Auch gab er zu Protokoll, dass in diesem Fall „vom Regelprozess abgewichen“ worden sei. Wann Kurz über das „Schreddern“ informiert worden sei, konnte Bonelli auf Fragen von NEOS-Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper nicht angeben. Auch welche Festplatten geschreddert wurden („Drucker oder Laptops?“), wisse Bonelli bis heute nicht: „Ich persönlich weiß es nicht.“

Dokumentation des Vorfalls warf Fragen auf

Längere Diskussionen gab es über die Dokumentation des Vorfalls. So wurde Bonelli von Grünen und NEOS gefragt, ob ihm bekannt sei, dass eine parlamentarische Anfragebeantwortung in bestimmten Punkten vom Internen Revisionsbericht abweiche.

Bonelli gab an, den Bericht der Internen Revision nicht im Detail zu kennen. In diesem heißt es, eine externe Vernichtung sei nur auf Weisung erlaubt – in der Anfragebeantwortung lautet der Tenor, dass es grundsätzlich nicht verboten sei. Auch heißt es dort, dass es keinen Auftrag vonseiten des Bundeskanzlers gab. Bonelli gab auf mehrfache Nachfrage an, an der Beantwortung nicht mitgearbeitet zu haben.

Wenig Material zu Bonelli

Später äußerten sich die Grünen verwundert, dass der U-Ausschuss keinerlei Mails dazu erhalten hat und auch sehr wenige Akten. Für die Aktenlieferung sei er nicht zuständig, so Bonelli. Auch zeigte sich, dass es in Bezug auf seine Person gerade einmal 72 Mails im U-Ausschuss-Akt gibt. Im Falle des Ex-Finanzministerium-Kabinettschefs Thomas Schmid gebe es über 2.000 Aktenergebnisse, verglich Tomaselli. Er kommuniziere via Telefon und Nachrichten, so Bonelli auf Nachfrage.

Für „Projekt Ballhausplatz“ in Freizeit gearbeitet

Die SPÖ wollte von Bonelli Informationen zum „Projekt Ballhausplatz“. Dabei handelt es sich um das Vorbereitungskonzept für Kurz’ Kanzlerschaft. In den Unterlagen wurden bereits 2016 Pläne zur Umgestaltung der ÖVP skizziert sowie für die ersten 100 Tage nach dem Einzug ins Kanzleramt. Bonelli gab dazu an, um seine Meinung zu unterschiedlichen Themen bzw. zur inhaltlichen Ausrichtung von Regierungsarbeit gefragt worden zu sein.

Bonelli gab zudem an, in seiner Freizeit für das „Projekt Ballhausplatz“ gearbeitet zu haben, er habe „Inputs“ geliefert. Listen von Spenderinnen und Spendern kenne er nicht, so Bonelli. Krainer legte Bonelli eine Namensliste vor, wer Ämter und Mandate übernehmen könnte. Bonelli konnte dazu nichts sagen – nur so viel: Kandidatenlisten müsse man irgendwann erstellen, er sei aber nicht dabei gewesen. Er sei nur in inhaltliche Fragen eingebunden gewesen. Auch sagte Bonelli auf Nachfragen, nach dem Platzen von ÖVP-FPÖ alle Mails und sonstige Daten gelöscht zu haben.

ÖVP: „Schreddern“ nicht „Ibiza-relevant“

Die Abgeordneten wollen die Causa politisch aufarbeiten, nachdem die Staatsanwaltschaft vor knapp einem Jahr die Ermittlungen eingestellt hat. Doch freilich machten nicht alle Parteien das „Schreddern“ zum Thema: so hielt etwa ÖVP-Mandatar Klaus Fürlinger das „Schreddern“ für nicht „Ibiza-relevant“. Der ÖVP-Mandatar fragte lieber zur Bestellung des FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos Austria. „Deal bekannt?“ – „Nein“. Auch erkundigte er sich bei seinem Parteikollegen, ob man in Österreich Gesetze kaufen könne: „Ich habe keine Wahrnehmung dazu“, so Bonelli.

„Schredderer“ kommt nach Bonelli

Nach dem Mitarbeiter, der das „Schreddern“ organisierte, geladen ist als dritte Auskunftsperson Albert Posch, ehemaliger Kabinettschef von Gernot Blümel (ÖVP). Er leitet mittlerweile den Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Die Fraktionen erwarten sich von den beiden Zeugen ebenfalls Einblicke in die internen Abläufe im Bundeskanzleramt unter der Regierung von ÖVP und FPÖ.