Ein Mund-Nasenschutz Hinweis in der Auslage eines Geschäftes
APA/Helmut Fohringer
Inzidenz in Österreich

Licht und Schatten auf der Infektionskarte

Die regionalen Unterschiede beim Verlauf der Pandemie sind selbst im kleinen Österreich groß, die Ampelkommission zur Bewertung der Risikolage nimmt derzeit aber keine Rücksicht darauf – zu unsicher sind die Auswirkungen neuer CoV-Mutationen. Größtes Sorgenkind ist seit geraumer Zeit Salzburg, Wien steht aktuell am besten da.

Seit 5. November ist ganz Österreich auf Rot gestellt, in allen Bezirken und Regionen gilt damit seit bald drei Monaten das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus als sehr hoch. Das wird sich vorerst auch nicht ändern: Am 21. Jänner entschied die Ampelkommission, „dass aufgrund der aktuell unübersichtlichen Lage sowie der noch nicht abschließend bewertbaren Implikationen der Virusmutationen auf die Risikobewertung keine differenzierte Risikoeinschätzung auf Länder- und Bezirksebene vorgenommen werden soll“. Die Ampel ist damit de facto außer Betrieb.

Eine Woche später wurde dieser Beschluss bestätigt, nach wie vor gebe es keine belastbare Evidenz zum Ausmaß der Verbreitung der neuen Virusmutanten in Österreich, „insbesondere in Hinblick auf regionale Durchdringung und zeitliche Dynamik“, hieß es seitens der Kommission. Es sei nötig, die verwendeten Schwellenwerte zu adaptieren und darauf zu reagieren, dass die Virusmutanten wohl "zunehmend zur dominierenden Variante werden und eine erhöhte Dynamik im Infektionsgeschehen entfalten“.

Zeichen stehen vielerorts auf Orange

Die gute Nachricht: Unter Berücksichtigung der derzeitigen Kriterien wären 20 Bezirke eigentlich als orange (hohes Risiko) einzustufen. Entscheidende Faktoren dabei sind die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den abgelaufenen sieben Tagen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, die Rückverfolgbarkeit der Übertragungsketten, die Testaktivität und die Ressourcenauslastung der Spitäler. Die 7-Tage-Inzidenz muss dabei unter 100 liegen, Stand 28. Jänner traf das auf knapp 50 Regionen zu, darunter alle Landeshauptstädte außer Salzburg und Bregenz.

Neue Varianten

Bis Donnerstag wurden in Österreich auf Basis von Analysen des Erbguts von SARS-CoV-2-Viren 149 Nachweise der Variante B.1.1.7, die in Großbritannien entdeckt worden war, und drei Bestätigungen der B.1.351, die erstmals in Südafrika verzeichnet worden war, in Proben nachgewiesen.

Die Regierung gibt aktuell einen Wert von unter 50 als Ziel an. Ab da könnte die Ampel unter Berücksichtigung aller Entscheidungsfaktoren auf Gelb (mittleres Risiko) springen. Vergangene Woche war das noch in keinem Bezirk der Fall, derzeit sind es sechs: Steyr, Steyr-Land, Linz (alle Oberösterreich), Krems (Niederösterreich), Leoben (Steiermark) und Landeck (Tirol) – ausgerechnet jener Bezirk mit den Orten Ischgl und St. Anton also, deren fahrlässiger Umgang mit der Pandemie im vergangenen März Österreich in Verruf brachte und wo offenbar auch aktuell wieder gefeiert wird – mehr dazu in tirol.ORF.at. Umgelegt auf absolute Zahlen wurden in Landeck in den vergangenen sieben Tagen nur 15 Neuinfektionen registriert.

Lungau als Schlusslicht

Am anderen Ende der Skala befinden sich durchwegs Bezirke im Süden Österreichs, von Lienz (Tirol) über Hermagor (Kärnten) bis zu Jennersdorf (Burgenland). Beständiges Schlusslicht seit Jahresbeginn ist der Salzburger Bezirk Tamsweg – wobei die 7-Tage-Inzidenz am Donnerstag erstmals seit über zwei Wochen wieder unter 500 sank. Auch schon zuvor wurden im Lungau Rekordwerte erzielt, am 2. Dezember etwa lag die Inzidenz bei beachtlichen 1.205.

Das spiegelt sich auch im Bundesländer-Ranking wider: In Salzburg liegt die 7-Tage-Inzidenz aktuell bei über 180 und damit doppelt so hoch wie in Wien, über 100 beträgt der Wert auch in Kärnten, Vorarlberg, der Steiermark und Tirol.

Wichtigste Kennzahl, wenn auch volatil

Wobei es auch innerhalb der Länder extreme Schwankungen gibt – während Klagenfurt-Stadt eine Inzidenz von 82 aufweist, liegt diese im gesamten Bundesland bei 142. „Es gibt zwischen den Bundesländern sowie innerhalb der Bundesländer sehr unterschiedliche Entwicklungen hinsichtlich der Zunahme der Virusverbreitung“, hieß es dazu auch von der Ampelkommission. „Dies erschwert eine allgemeine Einschätzung der Risikolage.“

Die 7-Tage-Inzidenz gilt als die wichtigste Kennzahl um das Infektionsgeschehen zu dokumentieren, gleichzeitig ist sie volatil: In Bezirken mit wenigen Einwohnern können schon Virusausbrüche in einem Verwandtenkreis eine rasche Veränderung bewirken, in Wien wird ein Cluster mit 30 Personen unbemerkt bleiben. Die immer wieder vorgebrachte Behauptung, damit würde „Statistikmanipulation“ betrieben, entbehrt aber jeglichen Wahrheitsgehalts. Der Inzidenzwert gibt nicht die absoluten Fallzahlen wieder – diese werden separat ausgewiesen –, vielmehr dient sie der Vergleichbarkeit zwischen Regionen.