Ausblick aus einen Flugzeugfenster
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Angst vor Mutation in Europa

Fleckerlteppich aus Reisebeschränkungen

Die weitere Ausbreitung von Coronavirus-Mutationen verunsichert Europa. Die EU kündigte letzte Woche strenge Reiseregeln an. Vielen Staaten ist das noch zu wenig. Bereits bestehende Einreise-, Test- und Quarantänebestimmungen werden verschärft, und viele Länder Europas setzen auf komplette Landeverbote aus Risikogebieten – nach unterschiedlichen Kriterien.

Prinzipiell gelten seit Beginn der Pandemie drastische Einschränkungen bei der Einreise in die EU aus fast allen Ländern. Momentan gibt es dafür nur Ausnahmen für sechs Länder: Australien, Neuseeland, Ruanda, Singapur, Südkorea und Thailand.

Ausnahmen gelten allerdings unter anderem für EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie für deren Familien. Mit der Ausbreitung der zuerst in Großbritannien nachgewiesenen Mutation B.1.1.7 sowie der in Südafrika entdeckten Variante B.1.351 scheint die Eindämmung des Virus erneut schwieriger geworden zu sein. In Österreich ist schon seit Mitte Dezember eine Quarantäne- und Testpflicht bei der Einreise aus fast allen Staaten der Welt in Kraft.

EU gegen „allzu drastische Maßnahmen“

Generell gelte, so EU-Innenkommissarin Ylva Johansson: Auf nicht notwendige Reisen soll verzichtet werden. Die Kommission plant eine verpflichtende Selbstisolation für Reisen aus Hochrisikogebieten und zusätzliche CoV-Tests bei der Ankunft.

Angesichts der nun zunehmenden nationalen Verschärfungen mahnte Johansson am Donnerstag aber zu Zurückhaltung und warnte vor allzu drastischen Maßnahmen. Reisebeschränkungen dürften nicht „die wirtschaftliche Erholung und die Bedeutung eines gut funktionierenden Gesundheitssystems behindern“, so Johansson. Menschen müssten zudem die Möglichkeit haben, „ihre Angehörigen zu treffen“. Brüssel plädiere für einen „harten Ansatz“, es müsse aber auch ein „ausgewogener Ansatz“ sein.

Deutschland plant Flugverbote

Grund für die Warnung sind die deutschen Pläne, schon ab kommender Woche die Einreise aus besonders von den Mutationen betroffenen Ländern noch einmal stark einzuschränken. Betroffen davon wären vorerst Großbritannien, Irland, Portugal, Südafrika und Brasilien – eine Ausweitung auf andere Länder wird seitens der deutschen Regierung nicht ausgeschlossen. Auch komplette Landeverbote aus Hochrisikogebieten seien in Diskussion und könnten bereits am Freitag beschlossen werden, berichten das Magazin „Der Spiegel“ und die „Bild“-Zeitung.

Dem deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) zufolge würden die Reiseverbote alle Verkehrswege betreffen: Luft-, Bahn-, Straßen- und Seeverkehr. Ob sie etwa zum Verbot aller Flugreisen aus einem Land führten, hänge von den beschlossenen Ausnahmen ab. Deutsche, die sich derzeit in betroffenen Ländern aufhalten, sollen laut Seehofer nach Hause zurückkehren können.

Norwegens Grenzen dicht, Finnland untersagt Flugreisen

In anderen Ländern gelten bereits strikte Einreisebeschränkungen. Portugal stellte am Mittwoch sämtliche Flugverbindungen mit Brasilien ein, wo vor Kurzem ebenfalls eine neue CoV-Mutation – als P1 bezeichnet – entdeckt worden war. Norwegen kündigte an, ab Donnerstagmitternacht seine Grenzen für fast alle Ausländer dicht zu machen. Finnland untersagte alle nicht notwendigen Reisen mit dem Flugzeug.

In Belgien ist seit Mittwoch ein Verbot aller nicht notwendigen Reisen aus und in das Land in Kraft. Bis zum 1. März sind alle Urlaubs- und Freizeitreisen verboten. Ausnahmen gibt es etwa für Besuche bei einem Ehe- oder Lebenspartner sowie für Reisen aus beruflichen oder Studiengründen.

Auch die britische Regierung kündigte Verschärfungen an. Künftig müssten sich britische Reiserückkehrer, die aus Hochrisikogebieten eintreffen, für zehn Tage in eine Hotelquarantäne begeben, sagte Innenministerin Priti Patel im Parlament in London. Wann genau die Regelung in Kraft treten soll, sagte sie nicht.

Kein Dubai-Urlaub mehr für Dänen

Dänemark, das unter anderem auch von Deutschland als Hochrisikogebiet eingestuft wird, lässt seit dem 9. Jänner bis auf wenige Ausnahmen nur noch Menschen ins Land, die einen triftigen Einreisegrund sowie einen negativen und maximal 24 Stunden alten CoV-Test vorweisen können. Erst am Mittwoch verlängerte Dänemark außerdem das komplette Landeverbot für Flugzeuge aus den vereinigten Emiraten. Man zweifle an der Zuverlässigkeit der in Dubai durchgeführten Tests, und die verhältnismäßig lockeren CoV-Maßnahmen würden die Gefahr einer weiteren Einschleppung von CoV-Fällen bergen, so die Begründung.

Mutationen laut WHO bereits in 70 Ländern

Die neuen Varianten des Coronavirus breiteten sich zuletzt in immer mehr Ländern aus. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde B.1.1.7 inzwischen in 70 Ländern nachgewiesen. B.1.351 wurde inzwischen in 31 Ländern festgestellt. Für P1 gab die WHO nun an, dass acht Länder betroffen seien.