Mediziner hält eine Box mit AstraZeneca-Impfstoff in den Händen
APA/AFP/Ben Stansall
Vor Zulassung

EU veröffentlicht Vertrag mit AstraZeneca

Im Streit mit dem britischen Pharmakonzern AstraZeneca über reduzierte Impfstofflieferungen hat die EU-Kommission den Vertrag veröffentlicht – nur Stunden vor der Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA). AstraZeneca habe einer um vertrauliche Informationen wie finanzielle Details gekürzten Offenlegung zugestimmt, teilte die Brüsseler Behörde mit.

Die Brüsseler Behörde stellte das 41 Seiten lange Dokument am Freitag auf ihrer Webseite bereit. Wichtige Passagen des Dokuments vom August 2020 wurden allerdings unter Hinweis auf Geschäftsgeheimnisse geschwärzt. Darunter sind auch die vereinbarten Preise und die für das erste Quartal vorgesehenen Liefermengen, um die seit Tagen ein heftiger Streit tobt.

Die EU-Kommission begrüßte gleichwohl die Bereitschaft des Unternehmens zu mehr Transparenz. Das sei wichtig, um Vertrauen der Europäer aufzubauen und sicherzustellen, dass sie sich auf Wirksamkeit und Sicherheit der CoV-Impfstoffe in der EU verlassen könnten. Die Kommission hoffe, alle Verträge mit Impfstoffherstellern veröffentlichen zu können.

Faksimilie einer geschwärzten Stelle im Vertrag zwischen der EU und AstraZeneca
Europäische Kommission
Etliche Stellen des 41 Seiten umfassenden Dokuments sind geschwärzt

„Es gibt verbindliche Bestellungen“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen pochte am Freitag auf die vertraglich mit AstraZeneca vereinbarten Impfstofflieferungen. „Es gibt verbindliche Bestellungen, und der Vertrag ist glasklar“, sagte sie am Freitag im Deutschlandfunk. Darin würden ganz klare Liefermengen für das erste, zweite und dritte Quartal genannt und die Produktionsstandorte dafür.

Das Unternehmen habe für die drastische Reduzierung der Liefermenge keinen nachvollziehbaren Grund angegeben und müsse seine Lieferverpflichtungen erfüllen. Bei einem solchen Projekt seien Startschwierigkeiten verständlich, sagte von der Leyen. Sie fordere aber Transparenz und eine plausible Erklärung. Dann könne man auch gemeinsam an der Lösung dieser Probleme arbeiten.

„Alle zumutbaren Anstrengungen“

Der nun zumindest in Teilen veröffentlichte Vertrag zwischen der EU-Kommission und AstraZeneca sieht eine mögliche Impfstoffproduktion für die EU auch in Großbritannien vor. AstraZeneca hatte die angemeldeten Schwierigkeiten bei Lieferungen in die EU mit Produktionsproblemen in Belgien begründet. „AstraZeneca soll alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um den Impfstoff innerhalb der EU zu produzieren“, zitiert Reuters nun aus dem Vertrag. Der Passus wird ergänzt um die Bestimmung, dass sich das auch auf das frühere EU-Mitglied Großbritannien bezieht.

In dem Vertrag mit der EU wird zudem festgelegt, dass AstraZeneca außerhalb der EU produzieren kann, um die Impfstofflieferung in die Gemeinschaft zu beschleunigen. In dem Vertrag steht den Reuters-Angaben zufolge allerdings nicht, ob der Konzern verpflichtet ist, in Großbritannien produzierte Impfdosen in die EU zu liefern. Die EU-Kommission pocht dagegen darauf, ein Recht auf Dosen aus britischer Produktion zu haben.

Angesichts der von AstraZeneca zuletzt angekündigten Lieferkürzungen, aber auch einer im Raum stehenden nur eingeschränkten Zulassung wackeln in vielen EU-Ländern, darunter auch in Österreich, nun aber die bisher verfolgten Impfpläne. Eine Lösung, wie die Lieferengpässe beseitigt werden könnten, ist weiter ausständig. Es sei an dem Unternehmen, Vorschläge dazu zu machen, wie es die Verpflichtungen aus seinem Liefervertrag erfüllen wolle, sagte ein Kommissionssprecher am Donnerstag in Brüssel. Einen Termin für weitere Gespräche mit dem Unternehmen gebe es noch nicht.

Diskussion seit einer Woche

Der Streit über die Lieferung des Impfstoffs hatte am Freitag vergangene Woche mit der Ankündigung AstraZenecas begonnen, nach der für diese Woche erwarteten Zulassung des Impfstoffs weit weniger an die EU zu liefern als zugesagt. Statt 80 Millionen Impfdosen sollen nach EU-Angaben bis Ende März nur 31 Millionen ankommen. Den angegebenen Grund – Probleme in der Lieferkette – will die EU nicht gelten lassen. Sie fordert Vertragstreue.

Die EU hatte schon im August bis zu 400 Millionen Impfdosen von AstraZeneca bestellt und nach eigenen Angaben 336 Millionen Euro für Entwicklung und Fertigung vorgestreckt. Nach Darstellung der EU-Kommission hätte AstraZeneca seit Oktober auf Vorrat produzieren müssen, damit der Impfstoff sofort nach der Zulassung in der EU bereitsteht.