Passanten auf der Mariahilfer Straße in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Lockdown-Entscheidung

Keine großen Öffnungsschritte zu erwarten

Am Montag will die Regierung nach Beratungen mit Fachleuten, Landeshauptleuten und Opposition über mögliche Lockerungen des CoV-Lockdowns ab dem 8. Februar beraten. In Diskussion steht die Öffnung der Schulen für Präsenzunterricht, des Handels und für Dienstleister wie Friseure. Eine große Öffnung wird es angesichts der Infektionslage und der CoV-Mutationen aber wohl nicht geben.

Die aktuellen Zahlen sprechen gegen eine Öffnung. Was die täglichen Neuinfektionen betrifft, hatte die Regierung eigentlich einen Wert von 700 angepeilt – momentan kommen pro Tag doppelt so viele hinzu. Die Zahlen alleine werden aber nicht die einzige Entscheidungsgrundlage sein. Immer mehr Fachleute warnen davor, dass besonders jüngere Schülerinnen und Schüler zunehmend psychischen Schaden durch den Lockdown nehmen.

Demgegenüber stehen nicht nur die aktuell hohen Fallzahlen, sondern auch die Gefahr durch ansteckendere CoV-Mutationen, die hierzulande bereits kursieren. In Großbritannien und Irland führte die Kombination aus großen Öffnungsschritten und der Virusmutation B.1.1.7 Anfang des Jahres zu rasch steigenden Fallzahlen und brachte die Gesundheitssysteme an die Grenze der Belastbarkeit.

Kurz: „Mutationen bremsen Lockerung“

„Die Mutationen bremsen eine vollkommene Lockerung“, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). „Wir werden am Montag unter Berücksichtigung der Infektionslage sowie der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation mit den Landeshauptleuten über den Plan für die Zeit nach dem 8. Februar entscheiden. Einmal mehr wird dabei wieder die Verantwortung jedes Einzelnen im Land eine wichtige Rolle spielen“, so Kurz.

Lockdown-Entscheidung am Montag

Am 8. Februar wollte Österreich wieder aufsperren, doch durch die Ausbreitung der CoV-Mutationen ist das fraglich. Am Montag will die Bundesregierung eine Entscheidung treffen.

„Große Schritte werden jetzt im Augenblick, fürchte ich, noch nicht möglich sein“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) der ZIB, „aber wir werden uns bemühen, eine erste Perspektive zu verwirklichen. Denn ich glaube, danach sehnen sich mittlerweile sehr, sehr viele Menschen in Österreich.“

Strenge Begleitmaßnahmen

Erwartet wurde im Vorfeld, dass die Schulen im Schichtbetrieb wieder den Präsenzunterricht aufnehmen könnten und der Handel unter strengen Auflagen zumindest zum Teil wieder aufsperren könnte. Aufgrund der Auswirkungen der neuen Virusmutationen, die sich in Ländern wie Großbritannien gezeigt habe, seien Öffnungsschritte „nur unter strengen Begleitmaßnahmen möglich“, betonte man in der Regierung. „Regelmäßiges Testen, der Mindestabstand und das Tragen von FFP2-Masken wird dabei jedenfalls eine wichtige Komponente sein“, hieß es.

Im Raum stehen auch weitere Verschärfungen. So werden stärkere Einreiseregeln und Grenzkontrollen in Erwägung gezogen, um die Verbreitung der Mutationen aus dem Ausland noch stärker einzubremsen. Mit den Bundesländern soll darüber hinaus diskutiert werden, wie der neu zugelassene Impfstoff von AstraZeneca eingesetzt werden soll.

Schulen für Opposition im Fokus

Im Vorfeld der Regierungsberatungen forderten SPÖ und NEOS vor allem eine Öffnung der Schulen. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach sich am Samstag für die Beibehaltung des Lockdowns aus mit Ausnahme der Schulen. Die sollten ab 8. Februar zum Präsenzunterricht zurückkehren.

Lungenspezialist Lamprecht zu möglichen Lockerungen

Am Montag entscheidet die Bundesregierung, ob der dritte Lockdown weiter verlängert wird. Eine Öffnung sei nur sinnvoll, wenn strenge Maßnahmen eingehalten werden, um das Infektionsgeschehen in Österreich in den Griff zu bekommen, so Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Klinikum in Linz.

Auch für NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger ist eine Öffnung der Schulen ein Muss. Sie fordert aber auch beim Handel, bei Friseuren und bei Museen eine klare Öffnungsperspektive ab dem 8. Februar. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl geht davon aus, dass der Lockdown verlängert wird.

Stelzer warnt vor „bundesweitem Lagerkoller“

Aus den Ländern kam der Wunsch nach gewissen Öffnungsschritten. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) plädierte für eine Lockerung vor dem Hintergrund, dass die Stimmung in der Bevölkerung „kippt“. „Wir brauchen Schritte der Öffnung und der Hoffnung, gerade in der Schule. Ansonsten steuern wir geradewegs auf einen bundesweiten Lagerkoller zu“, warnte auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP).

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach sich am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ für eine teilweise Öffnung der Schulen und des Handels aus. „Die Schule ist meines Erachtens der Bereich, wo man am meisten hinsehen muss“, so Ludwig.

Kogler: Tests als Schlüssel im Vereinssport

Sportminister Werner Kogler (Grüne) stellte indes in Aussicht, dass vor allem Kinder und Jugendliche wieder sporteln dürfen. „Gamechanger“ könnten analog zu den Schulen vermehrte Eintrittstests sein, hoffte Kogler. Sobald die Kontaktbeschränkungen gelockert sind, solle Training im Freien mit entsprechendem Abstand und kontrollierten Bedingungen, aber ohne Eintrittstests ermöglicht werden. Im nächsten Schritt folge dank Eintrittstests Outdoor-Training mit Körperkontakt.

Mit Hilfe von Schnelltests, die nicht älter als 48 Stunden sein dürfen, könnte der Vereinssport zunächst vor allem für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre wieder hochgefahren werden. Wann genau dieses System kommen soll, steht noch nicht fest. Der Schulbeginn nach den Semesterferien kommt aus Koglers Sicht noch zu früh: Es brauche Millionen Tests, die Ausrollung der Logistik werde im Falle einer zentralen Beschaffung Wochen dauern, so der Minister. Abseits davon sollen die wöchentlichen Schultests, aber auch in Teststraßen absolvierte Tests gültig sein.

Beim Sport in Innenräumen wird man zunächst wohl nur mittels Zutrittstests wieder aktiv werden können. Er sehe aber etwa bei Tennis dank der großen Luftmengen in den Hallen gute Chancen, früher loslegen zu können, so Kogler. „Tests sind der Schlüssel, können die Sache sehr beschleunigen“, ist der 59-jährige Steirer überzeugt. Hinsichtlich Zuschauern sitzt der Sport im Boot mit der Kultur, damit erscheinen Änderungen etwa dank Eintrittstests wohl frühestens im März möglich.

Popper dämpft Erwartungen

Simulationsexperte Niki Popper dämpfte die Erwartungen im Vorfeld des Lockdown-Gipfels. Die Zahlen ließen „keine Aufhebung“ zu. Auch sei es „illusorisch“, dass man die Ausbreitung der Mutationen aufhalten könnte. Zumindest Schulen sollten aber geöffnet werden, sagte er in der „Kleinen Zeitung“. Die entscheidende Frage sei, wie man die Ausbreitung verlangsamen könne. „Das geht nur, wenn man das Testen, das Isolieren, die Screeningprogramme ausweitet. Das Impfen löst das Problem derzeit leider noch nicht“, so Popper.