Lily Collins in einer Szene der Netflix-Serie „Emily in Paris“
AP/Netflix
„Emily in Paris“

Golden-Globes-Nominierung erhitzt Gemüter

Völlig überraschend ist die Netflix-Produktion „Emily in Paris“ am Mittwoch für zwei Golden Globes nominiert worden. Filmfans konnten das kaum fassen, fällt die Serie doch für viele ins „Trash“-Genre und strotzt nur so vor Klischees. In Sozialen Netzwerken gingen die Wogen deshalb hoch: Nicht nur sei der Inhalt der Serie diskriminierend, sondern auch die Nominierung. Der Kritik schloss sich sogar eine Autorin von „Emily in Paris“ an.

Die Storyline der Serie ist simpel. Eine junge, teilqualifizierte, weiße US-Amerikanerin wird als PR-Profi für Luxusmarken nach Paris versetzt. Sie spricht zwar kein Wort Französisch, hat jedoch Kompetenzen im Social-Media-Bereich und hat ein Händchen für Mode. Doch die Pariser Kolleginnen und Kollegen wollen nichts von ihr wissen, belächeln sie. Protagonistin Emily, gespielt von Lily Collins, muss sich folglich durchkämpfen – mit den für Dramedy-Serien nötigen Hochs und Tiefs. Zudem folgt ein Fettnäpfchen auf das andere.

Während Emily zwar als lieb, aber besserwisserisch dargestellt wird, wird umgekehrt mit Frankreich-Klischees nicht gespart. Französinnen und Franzosen kommen entweder als chauvinistisch oder arrogant rüber. Ganz nach dem Motto: So ist Frankreich eben. Als also bekanntgegeben wurde, dass „Emily in Paris“ 2021 eine Globes-Nominierung als beste Fernsehserie in der Kategorie „Komödien“ erhielt, stieß das allgemein auf wenig Begeisterung. Auch Collins’ Nominierung als beste Schauspielerin wurde eher belächelt.

„Wenn ihr nicht glaubt, dass weiße Vorherrschaft echt ist“

Es folgte ein Shitstorm auf Twitter. Kommentare wie „unverdient“ und „billig“ waren keine Seltenheit für die von Darren Star produzierte Serie. Star war auch schon Produzent der Kinofilme „Sex and the City – Der Film“ und „Sex and the City 2“. Insbesondere weil Michaela Coels „I May Destroy You“ keine Nominierung erhielt, war die Aufregung groß. In der vielgelobten Serie steht eine schwarze Frau, die einen sexuellen Übergriff verarbeitet, im Mittelpunkt. „Wenn ihr nicht glaubt, dass weiße Vorherrschaft echt ist, ‚Emily in Paris‘ wurde für einen Golden Globe nominiert“, twitterte etwa Bestsellerautorin Kimberly Drew.

„Wenn du das nächste Mal vom Imposter-Syndrom (schwere Selbstzweifel, Anm.) befallen wirst, atme tief durch und erinnere dich daran, dass ‚Emily in Paris‘ für einen Golden Globe nominiert wurde“, schrieb Alyssa Vingan, Chefredakteurin des US-amerikanischen Lifestyle- und Modemagazins „Nylon“. Die Kritik weitete sich aus.

Autorin bestürzt

Schließlich reagierte sogar Deborah Copaken, Autorin bei „Emily in Paris“. Sie beklagte öffentlich, dass „I May Destroy You“ bei den Nominierungen leer ausging. Zwar sei sie anfangs aufgeregt gewesen, dass „Emily in Paris“ nominiert ist, jedoch sei ihre anfängliche Freude „nun leider durch meine Wut über Coels Brüskierung“ geschmälert worden. In einem Tweet, der direkt an die „I May Destroy You“-Macherin gerichtet war, schrieb Copaken: „… deine Serie war meine Lieblingsserie seit den Anfängen des Fernsehens, und das ist einfach falsch.“

Copaken ging in einem Kommentar für den „Guardian“ näher auf ihre Bestürzung ein. Sie erzählte über jenen Moment, in dem sie von ihrer eigenen Nominierung erfuhr, und über ihre Überraschung, als sie herausfand, dass „I May Destroy You“ trotz bester Kritiken nicht für einen Award in Erwägung gezogen wurde. „Diese Serie, das sagte ich jedem, der mir zuhört, verdient es, alle Preise zu gewinnen. Als sie das nicht tat, war ich fassungslos“, so Copaken.

Zeichen der Unterhaltungsindustrie?

Außerdem sei das Ignorieren von „I May Destroy You“ ein Zeichen für ein größeres Problem in der Unterhaltungsindustrie und darüber hinaus, schrieb Copaken. Dem schlossen sich wiederum auf Twitter viele Serienfans an: Es lasse sich eben nur mit westlichen Klischees in „Hollywood“ Geld machen.

Einige erinnerten auch daran, dass „Emily in Paris“ nicht die einzige Serie war und ist, in der mit Vorurteilen gespielt wird. Nicht nur dem Golden-Globes-Nominierungskomitee, sondern auch Star, dem Produzenten von „Emily in Paris“ und den „Sex and the City“-Filmen, wurden Verantwortungslosigkeit und Sexismus vorgeworfen sowie Rassismus und Ignorieren der „Black Lives Matter“-Bewegung.

Abgesehen von „Emily in Paris“ wurden zahlreiche weitere Filme, Serien, Schauspielerinnen und Schauspieler für die 78. Golden Globes nominiert. Das Schwarz-Weiß-Drama „Mank“ sowie die Serie „The Crown“ sind die großen Favoriten. Beide kommen auf je sechs Gewinnchancen. Es dominiert der Streaminganbieter Netflix, der es auf insgesamt 42 Nominierungen brachte, darunter auch mit der deutschen Miniserie „Unorthodox“. Vergeben werden die Goldstatuetten am 28. Februar.