Person sieht sich auf einem Smartphone die Webseite des Kaufhaus Österreich an
ORF.at/Christian Öser
„Kaufhaus Österreich“

Webinare für heimische Händler

Die umstrittene Plattform „Kaufhaus Österreich“ wird weiterbestehen – die kritisierte und belachte Onlinehändler-Suche wird allerdings eingestellt. Statt Konsumentinnen und Konsumenten beim Onlineeinkauf soll das „Kaufhaus“ künftig Firmen – etwa mittels Webinaren – beraten.

Das Projekt war von Anfang an von Spott und Häme seitens der Opposition und in Sozialen Netzwerken begleitet. Kritisiert wurde neben den hohen Kosten auch die schlechte Nutzbarkeit der Website. Wer etwa auf der Seite nach „Schuhen“ suchte, dem wurden ein Tischtennisshop, eine Bergbauernseite und ein Angebot für Kinderbekleidung als erste Präferenzen angezeigt.

Die Suchfunktion kommt nun weg. Nicht Konsumenten, sondern Firmen, die ihre Onlinepräsenz ausbauen wollen, sollen sich hier künftig orientieren. „Primäre Intention des ‚Kaufhaus Österreich‘ war und ist es dabei, österreichische Unternehmen und vor allem die vielen KMU bei ihren E-Commerce-Aktivitäten bzw. beim Einstieg in E-Commerce zu unterstützen“, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am Dienstag. Als konkrete Beispiele nannte Schramböck Tutorials und Webinare mit Infos darüber, wie man einen Onlinehandel aufzieht.

Neue Ausrichtung für „Kaufhaus Österreich“

Die umstrittene Plattform „Kaufhaus Österreich“ wird weiterbestehen – die kritisierte Onlinehändlersuche wird allerdings eingestellt. Statt Konsumentinnen und Konsumenten beim Onlineeinkauf soll das „Kaufhaus“ künftig Firmen – etwa mittels Webinaren – beraten.

Schramböck steht zu Projekt

Auf die Frage, ob sie die Installation der – für private User nun gescheiterten – Plattform bereue, sagte Schramböck: „Nein, das bereue ich nicht. Wenn man nichts tut, kann auch nichts kritisiert werden. Wichtig ist gewesen, die Diskussion über die Notwendigkeit von E-Commerce für unsere Händler in Gang zu setzen.“ Zudem sei jener Teil der Plattform, der nur Unternehmen offen steht, in der öffentlichen Debatte nicht wahrgenommen worden, dieser sei aber besonders bedeutend. Die Plattform sei nie als Konkurrenz zu Amazon geplant gewesen.

Aws statt Wirtschaftskammer

Die Wirtschaftskammer steigt aus dem Projekt aus. Betreiben soll das Ganze nun die staatliche Förderstelle Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws). Die aws verfüge mit Instrumenten wie Garantien, Krediten und Zuschüssen über viel Erfahrung in der Unterstützung von Digitalisierungsvorhaben von Unternehmen aus dem Handel, hieß es in einer Aussendung des Wirtschaftsministeriums. „Im Zuge der Adaptierung der Onlineplattform Kaufhaus Österreich wurde die aws deshalb von ihren Eigentümern beauftragt, diese Plattform zu betreiben.“

15 Millionen für E-Commerce-Projekte

Angekündigt wurde von Schramböck auch eine 15 Mio. Euro schwere direkte Förderung für E-Commerce-Projekte, Einreichungen für Gelder sollen ab Mitte März möglich sein. Zudem seien über die Investitionsprämie bisher 60 Mio. Euro für Digitalprojekte von Handelsunternehmen abgerufen worden.

Erstmals hat das Wirtschaftsministerium nun auch die Kosten für das „Kaufhaus Österreich“ genau aufgezeigt. In Summe kostete das Projekt bisher mehr als 1,5 Million Euro. Bis zum Start seien Technikkosten im Umfang von 603.670,32 Euro angefallen. Für E-Commerce-Aktivitäten wie eine KMU-Umfrage, Webinare, Videoclips, Entwicklung der Markenrechte etc. seien Kosten in Höhe von 243.141,80 Euro entstanden. Die Technikkosten seit dem Launch betragen den Angaben zufolge 192.286,44 Euro, für den laufenden technischen Betrieb fallen monatlich 2.642,50 und für die Wartung der Plattform 2.566,00 Euro an.

Für Informationsmaßnahmen im TV seien 36.870,29 Euro, in Online- und Printmedien 183.853,56 Euro und in Social Media 216,33 Euro aufgewendet worden. Laut Ministerium sind keine weiteren Informationsmaßnahmen geplant. Bei der WKÖ sind dazu in Summe 36.000 Euro an Kosten angelaufen. Schramböck sagte, nach dem nun angekündigten Fokus auf Händler würden von den 600.000 Euro an technischen Kosten 70 Prozent weitergenutzt.

Händlerverzeichnis bleibt offline

Für den Betrieb des Onlinehändlerverzeichnisses sollte ursprünglich die Wirtschaftskammer verantwortlich sein. Ende November präsentierten Schramböck und WKÖ-Präsident Harald Mahrer das „Kaufhaus Österreich“ als Unterstützung österreichischer Onlinehändler im Kampf gegen Amazon, Zalando & Co. Bis Mitte 2021 sollten „einige tausend Händler“ mit an Bord sein, hieß es damals.

Die nun kommunizierte Entscheidung, das „Kaufhaus Österreich“ zu einer reinen Unternehmensplattform im Betrieb der aws umzubauen, obliege dem Wirtschaftsministerium als Betreiber und Auftraggeber von „Kaufhaus Österreich“, so die Kammer am Dienstag. Bereits seit Montagabend kursierten Medienberichte, wonach das „Kaufhaus“ in der jetzigen Form eingestellt werden soll.

Häme und Kritik der Opposition

Die Häme ging aber auch am Dienstag weiter. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter schrieb in einer Aussendung, es sei „unfassbar, wie fahrlässig die Ministerin mit dem Geld der österreichischen Steuerzahler umgeht. Es muss geklärt werden, ob hier nicht ein Rechtsbruch vorliegt. Die SPÖ wird deshalb eine Ministeranklage prüfen.“

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sieht das „Kaufhaus Österreich“ „nun de facto endgültig gescheitert“. Schramböck und Mahrer sollten erklären, „wer für diesen Flop aufkommt, wohin das Geld geflossen ist und wer davon profitiert hat“. Die Unternehmer seien es nicht gewesen. „Frau Minister, übernehmen Sie Verantwortung und treten Sie zurück. Digital liegt Ihnen einfach nicht“, so Schellhorn an Schramböck gerichtet.