Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Herbert Neubauer
Coronavirus

Ausreise aus Tirol nur mit negativem Test

Fahrten aus Tirol sind künftig nur noch mit einem negativen Coronavirus-Test möglich. Das kündigten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag an. Der Test darf nicht älter als 48 Stunden sein. Ausgenommen von der Maßnahme ist Osttirol. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte sich einverstanden mit der Testpflicht.

„Seit fast einem Jahr sind wir mit der Pandemiebekämpfung gefordert. Es ist in den letzten Wochen schwieriger und diffuser geworden“, sagte Kurz eingangs. Die Mutationen, die zuerst in Südafrika (B.1.351) und Großbritannien (B.1.1.7) entdeckt wurden, seien gefährlicher und herausfordernder als das herkömmliche Virus. Insbesondere die Variante B.1.351 bereite ihm große Sorgen, so Kurz.

„Wir müssen alles tun, um die Ausbreitung dieser Variante zu verhindern, wenn das nicht gelingt, muss die Ausbreitung verlangsamt werden“, sagte der Bundeskanzler. Wenn sich die Varianten schnell ausbreiten, dann koste das viele Menschenleben, und der Weg zur Normalität werde sich weiter verzögern. Deshalb wird Tirol vorerst für zehn Tage zum Sperrgebiet erklärt.

Anschober: Müssen handeln

Das Bundesland könne man ab Freitag nur noch mit einem negativen Coronavirus-Test verlassen. Ausgenommen von der Maßnahme ist Osttirol, so Gesundheitsminister Anschober weiter, der nochmals auf die Virusvarianten einging. Für Kinder besteht keine Testpflicht. Bisher galt eine Reisewarnung für das Bundesland. Nicht notwendige Reisen nach Tirol sollen vermieden werden, so Anschober.

Anschober sagte, dass das Infektionsgeschehen in Österreich derzeit stabil sei. Die Zahl der aktiv Erkrankten gehe zurück. In den Spitälern und auf den Intensivstationen nehme die Belastung ab. Auch in Alters- und Pflegeheimen verzeichne man einen Rückgang der Infektionen, so der Gesundheitsminister. „Wir wissen, dass die Mutationen stärker sind“, sagte er bezüglich der beiden Virusmutationen. Sollten sich die Mutationen durchsetzen, erwarte man einen Anstieg der Infektionen. Deswegen müsse man handeln, so Anschober.

Kurz kündigt Beschränkungen für Tirol an

Österreich verhängt im Kampf gegen eine Ausbreitung der Coronavirus-Mutationen nun doch schärfere Maßnahmen in Tirol. Aus dem Bundesland sei – von Osttirol abgesehen – von Freitag an für zehn Tage eine Ausreise nur noch mit negativem Coronavirus-Test möglich, gab Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekannt.

Er habe seit Montag mit Juristen beraten, um die „Ausgangstests“ rechtlich umsetzen zu können. Gestützt werde die Maßnahme auf das Epidemiegesetz, so Anschober. „Das Land Tirol macht das Contact-Tracing außergewöhnlich gut“, sagte Anschober. Vergangene Woche habe es Warnungen bezüglich einer verstärkten Virusmutation in Tirol gegeben. Am Sonntag habe man dann mit Landeshauptmann Platter verhandelt. „Am Montag die Reisewarnung, nun die große Maßnahme: Wir sind schnell unterwegs“, sagte er. Er sei zuversichtlich, dass die Ausbreitung der Mutation eingegrenzt werde.

Polizei kontrolliert Grenzen

Innenminister Nehammer lobte ebenfalls die Zusammenarbeit mit den Tiroler Behörden. Nun werde die Polizei helfen, die Testpflicht beim Verlassen des Bundeslandes umzusetzen. Auch das Bundesheer wird aktiviert, um Bundes- und Landesstraßen sowie den Flughafen Innsbruck und die Bahnstrecken zu kontrollieren. Rund 1.000 Beamte und Beamtinnen sollen im Einsatz sein. Wer ohne Test erwischt wird, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 1.450 Euro rechnen. Derzeit sei die Maßnahme auf zehn Tage beschränkt, sagte Nehammer. Ob sie verlängert wird, hängt von der epidemiologischen Situation ab.

Anschober: Müssen schnell handeln

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Dienstag die Beschränkungen in Tirol als notwendig bezeichnet. Wegen der Coronavirus-Mutationen müsse man schnell handeln.

Auch grenzüberschreitend gebe es eine „gute Kooperation“, sagte Kurz ergänzend und sprach damit insbesondere die Grenze zu Deutschland an. Der Kanzler begründete die Maßnahme damit, dass vor allem der Impfstoff von AstraZeneca bei der B.1.351-Variante eine deutlich geringere Wirksamkeit zeige. Die Maßnahmen seien mit der Tiroler Landesregierung abgesprochen, so Kurz. Festzuhalten sei: „Es ist niemand schuld daran, dass es Mutationen gibt.“ Eine Erkenntnis aus dem ersten Lockdown sei, dass man auf Tests setzen muss.

Auf die Frage, warum die Maßnahme erst ab Freitag gilt, sagte der Kanzler sinngemäß, dass Hektik und Chaos in dieser Situation nicht sinnvoll seien. Jede Form der Mobilität sei in einer Pandemie eine Herausforderung. Einen Vergleich mit Ischgl, das als Hotspot der Virusausbreitung des Frühjahrs gilt, lehnte Kurz ab. „Wir haben jetzt eine Situation, in der Hotels geschlossen sind. Die Bevölkerung ist sensibilisiert. Es braucht aber eine gewisse Vorbereitungszeit von mindestens 48 Stunden, damit alles ordentlich funktionieren kann.“

Platter zeigt sich einverstanden

Tirols Landeshauptmann Platter zeigte sich einverstanden mit der Testpflicht. „Wir haben Einvernehmen über diese Maßnahme hergestellt“, sagte er am Dienstagnachmittag. Die Umsetzung werde in „enger Zusammenarbeit von Tiroler Behörden und Bundesbehörden erfolgen“, versprach er. Er betonte, dass „die südafrikanische Virusmutation absolut ernst zu nehmen“ sei.

Er appellierte an die Menschen in Tirol – insbesondere an jene im Bezirk Schwaz – sich testen zu lassen. Am Mittwoch soll in Schwaz ein „engmaschiges und erweitertes Testangebot für PCR-Testungen zur Verfügung“ stehen, kündigte Platter an. Die dort wohnhaften Bürger sollen „regelmäßige Tests als persönliche Verpflichtung sehen“, sagte der Landeshauptmann.

Scharfe Kritik von SPÖ-Chefin Rendi-Wagner

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner übte scharfe Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung. „Vor über einer Woche wurde die Regierung vor dem unkontrollierten Ausbruch der südafrikanischen Virusvariante in Tirol gewarnt. Es hätte bereits vor einer Woche gehandelt werden müssen“, so die Parteichefin. Die Regierung habe mit ihrem „Zaudern und Zögern wertvolle Zeit verstreichen lassen“. Nun stelle sich die Frage, ob Maßnahmen noch reichen, um die Mutation auszubremsen und eine Verbreitung über Tirol hinaus zu verhindern.

Ihrer Meinung nach wäre es effektiver, jene Bezirke, in denen die neue Virusvariante am stärksten grassiert, unter Quarantäne zu stellen – „auch, um eine weitere Ausbreitung innerhalb Tirols zu verhindern. Das wäre der Weg der Sicherheit für Tirol und ganz Österreich“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme von Rendi-Wagner.

Hofer sieht „Placebomaßnahme“

Für FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer waren die Entscheidungen der Regierung nicht wirklich nachvollziehbar. „Erst werden Wochen vergeudet, um der in Tirol angekommenen Virusmutation entgegenzuwirken, dann wird mit der zehntägigen Ausreissperre ohne Corona-Test eine Placebomaßnahme gesetzt, um im offen ausgetragenen Streit mit Tiroler Verantwortlichen einen vermeintlichen Sieg zu erringen“, so Hofer. Auch die Zahlen und Daten sprächen gegen die Verschärfung der Maßnahmen, erinnerte Hofer an die in Tirol niedrigere 7-Tage-Inzidenz als in den meisten anderen Bundesländern.