Eine schlafende Frau
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Schlank mit Schlaf

Der unterschätzte Diätfaktor

Der kleinste gemeinsame Nenner aller Diäten ist wissenschaftlich unbestritten: Werden weniger Kalorien aufgenommen als verbrannt, greift der Körper auf vorhandene Depots zurück und die Gewichtsabnahme beginnt. In der Praxis ist aber eine Vielzahl weiterer Faktoren für den individuellen Erfolg einer Diät mitverantwortlich. Nicht zuletzt soll auch die richtige Menge regelmäßigen Schlafs eine entscheidende Rolle spielen, wie mehrere US-Studien nahelegen.

Für die gesunde Lebensweise erwachsener Personen wird im Normalfall eine Schlafdauer von sieben bis neun Stunden als Standard angegeben. Wie das Onlinemagazin The Conversation berichtete, wurde in Langzeitstudien bereits mehrfach gezeigt, dass weniger Schlaf zu einer Anfälligkeit für einen höheren Körperfettanteil bis hin zu einem erhöhtem Risiko, an Adipositas (Fettleibigkeit) zu erkranken, führt. Gleichzeitig vermindert eine kurze Nachtruhe den Effekt von Kalorienreduktionsdiäten auf gleich zwei Ebenen: Fett wird langsamer ab- und Muskelmasse langsamer aufgebaut. Auf der Waage muss das daher nicht unbedingt gleich offensichtlich sein, so eine Studie des University of Chicago Sleep Research Laboratory.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Effizienz einer Diät unter zwei verschiedenen Schlafbedingungen: Die erste Gruppe durfte über den Studienzeitraum von zwei Wochen 5,5 Stunden pro Nacht schlafen, die zweite 8,5 Stunden. Beide Gruppen wurden auf dieselbe Reduktionsdiät gesetzt. Die Probandinnen und Probanden, die weniger schliefen, nahmen im Schnitt 55 Prozent weniger Fett ab als jene, die länger ruhen durften. Gleichzeitig verspürten sie deutlich mehr Hungergefühl als ihre Kolleginnen und Kollegen aus der 8,5-Stunden-Schlaf-Gruppe.

Essenswahl verändert sich

Nicht nur der Appetit verändert sich, auch das Belohnungssystem im Gehirn reagiert auf die Schlafmenge. Eine Studie an der Columbia University in New York registrierte einen deutlich gesteigerten Wunsch nach „Belohnung“ in Form von Snacks bei jenen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, die weniger geschlafen hatten. Auch scheinen jene mit weniger Schlaf vermehrt zu süßen (zucker- und damit kohlehydratreichen) Snacks zu greifen.

Nachholen am Wochenende funktioniert nicht

Forscherinnen und Forscher der University of South Carolina kamen in einem Untersuchungszeitraum von acht Wochen zu einem ähnlichen Schluss. Die dortigen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden in zwei Gruppen geteilt, von denen eine ihren natürlichen Schlafrhythmus beibehielt (im Schnitt acht Stunden), während die andere ihren täglichen Schlaf um jeweils eine Stunde reduzierte (im Schnitt sieben Stunden). Am Wochenende durften alle Mitwirkenden ohne Beschränkung schlafen. Auch in dieser Studie schlug die Kalorienreduktion deutlich stärker bei jener Gruppe aus, die länger schlief – zusätzlich wurde gezeigt, dass ein „Vor-“ oder „Nachschlafen“ am Wochenende keinen Einfluss auf die Gewichtsabnahme hat.

Die Begründung für den Effekt hängt mit dem Hormonhaushalt zusammen, der wiederum für das Essverhalten ausschlaggebend ist. Das Gefühl von Hunger und Sättigung wird durch zwei Hormone – Ghrelin und Leptin – vermittelt. Bei reduzierter Schlafgelegenheit steigt das Ghrelinniveau im Blut, das Leptinniveau hingegen sinkt. Dadurch entsteht Hunger und die Tendenz, mehr zu essen als eigentlich nötig.

Zu einem ähnlichen Schluss kam eine Studie der University of Colorado in Boulder 2019. Dort zeigten Probandinnen und Probanden mit reduziertem Schlaf eine niedrigere Insulinempfindlichkeit – was ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes bedeutet. Sie nahmen außerdem mehr Kalorien zu sich, vor allem in Form von Kohlehydraten, und nahmen im Beobachtungszeitraum von zwei Wochen durchschnittlich mehr als ein Kilogramm zu. Der längere Schlaf am Wochenende konnte die negativen Folgen vom täglichen Schlafmangel unter der Woche nicht ausgleichen. Im Gegenteil: Bei Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, die den Schlaf nur an Wochentagen reduzierten, sank die Insulinempfindlichkeit sogar noch stärker – mehr dazu in science.ORF.at.